Geheime Geschäfte

Trotz Sanktionen: So kommt Russland an Ersatzteile für deutsche Autos

Autoschlüssel mit BMW-Anhänger: Russlands Automarkt erhält weiter Original-Ersatzteile aus Deutschland
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Autoschlüssel mit BMW-Anhänger: Russlands Automarkt erhält weiter Original-Ersatzteile aus Deutschland.

Es gibt perfide Wege, wie die Sanktionen des Westens gegen Russland ausgehebelt werden. Eine davon: der Transport von Original-Ersatzteilen deutscher Luxusfahrzeuge.

Moskau/München - Seit über einem Jahr sind aufgrund des Krieges in der Ukraine Sanktionen gegen Russland in Kraft. Zahlreiche Unternehmen auch aus Deutschland haben im Zuge dessen ihre Wirtschaftsaktivitäten im größten Land der Erde eingestellt. Dazu gehören die hiesigen Autohersteller BMW, Porsche und Mercedes, deren Fahrzeuge in Russland wie im Rest der Welt nicht nur als fahrbarer Untersatz, sondern auch als populäres Statussymbol dienen. 

Sanktionen des Westens: Original-Bauteile für BMW und Porsche landen in Russland

Was tun, wenn die Premium- und Luxusmodelle im Land von Kreml-Chef Wladimir Putin Ersatzteile benötigen? Wie Business Insider schildert, finden Original-Bauteile deutscher Fabrikate trotz Sanktionen den Weg nach Russland. Ein Investigativbericht des Portals beschreibt, wie Russlands obere Schicht dennoch an Auto-Ersatzteile kommt. 

Nachgefragte Güter - dazu zählen auch Bauteile von Automodellen - scheinen über Drittstaaten importiert zu werden. In einem konkreten Fall laufe dies über Länder wie Georgien, Kasachstan oder Armenien ab, von wo aus die Produkte nach Russland weiterverfrachtet werden. 

Dabei handele es sich auch um Porsche-Ersatzteile, die von den Sanktionen betroffen sind. Das Portal konfrontierte die VW-Tochter mit einem bestimmten, verborgenen Handelsnetzwerk, worauf der Sportwagenhersteller offenbar eine Task-Force ins Leben rief, um eine Aufklärung des Sachverhalts zu bewirken. 

Porsche, BMW und Co.: Original-Ersatzteile geraten über Berlin nach Russland

In dem Bericht heißt es, der „beste Kunde des Porsche-Zentrums Düsseldorf” stehe im Mittelpunkt: Ein deutsch-russischer Unternehmer würde dort seit Jahren Ersatzteile kaufen und diese in großem Umfang für einen Millionenbetrag weiterverkaufen. Obwohl diese Praxis untersagt sei, hätte das Porsche-Autohaus im Unwissen darüber geliefert. „Er hat uns laufend Fotos von Unfallfahrzeugen und Listen mit benötigten Teilen geschickt“, wird eine Quelle zitiert.

Ein wichtiger Ort bei der Umgehung der Sanktionen sei eine Lagerhalle bei Berlin. Hier werden laut Business Insider Ersatzteile in Kartons angeliefert, die weiter nach Russland transportiert werden. Dabei handele es sich um Fahrzeuge des BMW- und Ferrari-Händlers Riller & Schnauck, der dem Vernehmen nach als offizieller Handelspartner der Hersteller fungiert. 

Wie der Bericht ausführt, seien es die guten Verbindungen des Deutsch-Russen Nick H. zu Autohäusern, welche die „Schattengeschäfte” in Richtung Russland ermöglichen. Zudem geht es um ein Dreiecksgeschäft, was sogar mit Rechnungen belegt wird: Über das Unternehmen ACF Export Import aus Estland würden Ersatzteile für Porsche, BMW oder auch Mercedes (womöglich über Litauen oder Lettland) schließlich in Russland landen. 

Derweil spielen offenbar auch Kryptowährungen bei der Umgehung von Sanktionen gegen Russland eine Rolle.

Russische Händler erhalten angeblich Original-Bauteile deutscher Fabrikate

Diese Firma wiederum habe einen Vertrag mit einer im Großraum Moskau ansässigen Firma geschlossen, was den Handel von westlichen Produkten beinhalte. Konkretisiert wird ein Deal aus dem Juni 2022, wo es um die Lieferung von neuen Autoteilen und Tausenden Litern Motoröl ging. Die Waren hätten dabei die Route Berlin – Odintsovo + Voronezh (beide Russland) eingeschlagen. Abgewickelt sei der Deal über eine kasachische Bank worden.

Der russische Importeur, die Firma Una Life LCC, hätte die Produktionsgüter schließlich innerhalb Russland weitervertrieben - so zum Beispiel einen bekannten Porsche-Händler sowie einen Händler von Auto-Ersatzteilen. So konnte sich zum Beispiel der Fahrer eines Panamera über einen neuen Spoiler freuen.

Kultautos in der DDR: Es gab nicht nur den Trabi

IFA Trabant.
Trabant: Die Liste der Spitznamen für den Trabi ist wohl fast so lange wie die Wartezeit von knapp 15 Jahren. Dabei war der Kleinwagen relativ simpel. Die Karosserie bestand aus Duroplast. Für den Vortrieb der „Rennpappe“ sorgte ein Zweitaktmotor. Kurz vor der Wende bekam der Trabant 1.1 sogar noch einen Viertaktmotor von VW. Die Nachfrage hielt sich aber in Grenzen, da inzwischen auch Westautos verfügbar waren. Das Kultauto wurde von 1958 bis 1991 gebaut.  © Schöning/Imago
Trabant Universal
Trabant Universal: Wem der normale Trabi zu klein war, für den war die Kombi-Version eine Alternative. So war der Kleinwagen auch für das in der DDR bliebte Camping gerüstet. Wie bei der normalen Version war der Zweitaktmotor mit 17-19 kW (23-25 PS) verbaut. © Schöning/Imago
Wartburg 311
Wartburg 311/312: Neben Trabant war Wartburg der zweite große Autobauer in der DDR. 1976 fuhren knapp 19 Prozent der Bürger einen Wartburg. Der 311 war dabei das erste Modell der Marke, basierte allerdings auf einem Vorkriegsfahrwerk. Da dies in den 1960er-Jahren nicht mehr zeitgemäß war, wurde er 1965 nach neun Jahren Bauzeit durch den 312 ersetzt. © Metodi Popow/Imago
Wartburg 311 Camping.
Wartburg 311 Camping: Wie beim Trabant gab es auch vom Wartburg 311 eine Kombiversion sowie eine Baureihe, die extra fürs Campen ausgelegt war.  © Patrick Pleul/dpa
Ein Wartburg Cabrio.
Wartburg 313: Wer es lieber offen mochte, der griff zum Wartburg 313. Der Roadster basierte ebenfalls auf dem 311 und wurde von 1957 bis 1960 knapp 500 Mal gebaut. Der 50-PS-Motor ermöglichte eine Höchstgeschwindigkeit von 140 km/h.  © Gueffroy/Imago
Wartburg 353
Wartburg 353: 1966 folgte der Wartburg 353 auf den 312. Das Grundkonzept mit dem Zweitaktmotor blieb jedoch bestehen. Auch ein Kombi war wieder im Programm. Viele Änderungen wurden jedoch erst umgesetzt, als der 353 schon in der Produktion war. Neben dem 353 "W„ (für Weiterentwicklung) gab es 1985 noch ein Facelift. 1988 wurde das Modell nach 22 Jahren und 1,2 Millionen gebauten Fahrzeugen eingestellt.  © agefotostock/Imago
IFA F8
IFA 8: Hinter Trabant und Wartburg stand der Industrieverband Fahrzeugbau, der eine Zeit lang auch unter dem Kürzel IFA Autos baute. Zum Beispiel den IFA F8. Das Modell wurde von 1949 bis 1955 gebaut und von einem Zweittaktmotor mit 20 PS angetrieben. Bis zur Produktioneinstellung lief der IFA F8 rund 25.000 Mal vom Band. © Volker Hohlfeld/Imago
IFA F9
IFA F9: Nicht ganz solange hielt der IFA F9 durch. Grade einmal drei Jahre nach der Markteinführung war im Sommer 1953 schon wieder Schluss. Zumindest unter dem Namen IFA F9. Bis 1956 wurde das Modell als EMW 309 weitergebaut, ehe dieser dann vom Wartburg 311 abgelöst wurde. © eventfoto54/Imago
Hoch/Sachsenring P 240
Sachsenring P 240: Bei dem Namen Sachsenring denken viel wohl zunächst einmal an die Rennstrecke zwischen Zwickau und Chemnitz. Diese entstand jedoch erst 1996 und somit fast 40 Jahre nachdem der letzte P 240 vom Band lief. Ursprünglich lautete der Name Horch P 240 „Sachsenring“. Mit dem Namenswechsel von Horch zu Sachsenring im Jahr 1957 änderte sich auch der Name des P 240. Angetrieben wurde das Modell von einem 80 PS starken Sechszylinder Viertaktmotor. © Jan Woitas/dpa
Melkus RS1000 GT
Melkus RS 1000: Auch wenn es so manches Luxusgut in der DDR nicht gab, einen Sportwagen hatten sie. Und zwar den Melkus RS1000, der optisch sehr stark an den legendären Ford GT erinnert. Inspiriert wurde Heinz Melkus jedoch vom Lotus Elan. In der Straßenversion leistete der Dreizylinder-Zweitakt-Ottomotor 70 PS. In der Rennversion waren es 90 PS. Zwischen 1969 und 1979 wurden 101 Exemplare des RS 1000 gebaut. Der Neupreis lag bei 28.000 Mark. Einfach erwerben konnte man den Sportwagen jedoch nicht: Es brauchte einen „Nachweis einer rennsportartigen Tätigkeit“, den die Kommission Automobilrennsport des Motorsportverbandes ADMV jedoch nur selten ausstellte. © Sebastian Geisler/Imago

Sanktionen gegen Russland: Unzählige Versuche, Konsumgüter einzuführen

In dem Bericht wird sogar über ein persönliches Treffen eines Reporters mit dem genannten Nick H. berichtet, der sein Geld den Angaben zufolge auch auf dem Gebrauchtwagenmarkt in Litauen verdient. Zwar bestätigte er dabei die Verbindungen zu ACF, jedoch nicht den Weiterverkauf nach Russland. Entsprechende Unterlagen wollte er demnach als Beweis dem Portal zukommen lassen, „jedoch reagierte H. dann auf keine Kontaktversuche mehr“.

Bei Porsche Düsseldorf gibt es mittlerweile interne Untersuchungen, um den Fall aufzuklären. Jedoch hat dieser auch politische Dimensionen erreicht: Mittlerweile sind Ermittlungen in Gang gekommen, in die offenbar auch die Republik Estland involviert ist. Das Land untersuche „gemeinsam mit anderen EU-Mitgliedern und internationalen Partnern die Einzelheiten dieses Falles“. 

Dabei dürfte es sich allerdings um ein weitreichenderes Ausmaß handeln: Denn der estnische Zoll hat seit der Eskalation des Ukraine-Konflikts im Frühjahr 2022 bereits Tausende Versuche festgestellt, Sanktionen gegen Russland zu umgehen. Dabei geht es um alle Arten von teuren Konsumgütern, zu denen auch Uhren, technische Geräte, oder Champagner gehören.

Derweil profitiert China in der Autoindustrie von den westlichen Sanktionen gegen Russland. (PF)

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