Flüssiggas-Terminal

Kein Gasmangel: Habeck-Ministerium rechnete für LNG-Gesetz wohl mit falschen Zahlen

Der Bau des ersten LNG-Terminals in Deutschland ging schnell. Grund war auch ein neues Gesetz – doch dieses beruhte offenbar auf der Annahme falscher Zahlen.

Berlin – Deutschland braucht neue Gas-Quellen. Das war seit Beginn des Ukraine-Krieges mehr als klar. Schließlich zeigte sich im März 2022, dass Russland kein zuverlässiger Gas-Lieferant mehr ist und eine so große Abhängigkeit von einem anderen Staat sehr gefährlich sein kann. Also wurde der Bau von Flüssiggas (LNG)-Terminals schnell vorangetrieben und der erste Terminal in Wilhelmshaven ist sogar schon in Betrieb.

LNG-Terminal-Planung: Habeck-Ministerium rechnete mit weniger Nachbar-Kapazitäten

Doch war dieser übereilte Ausbau der LNG-Kapazitäten überhaupt notwendig? Der Berlin.Table-Redakteur Malte Kreutzfeldt hat das überprüft. Sein Fazit: Bei den Planungen für die LNG-Terminals hat das Wirtschaftsministerium um Minister Robert Habeck (Grüne) mit falschen Zahlen gerechnet. In einem FAQ-Papier zur Eröffnung des ersten deutschen LNG-Terminals heißt es nämlich, dass die Nachbarländer Polen, Belgien, Frankreich und die Niederlande lediglich 40 Milliarden Kubikmeter LNG-Kapazität hätten.

Kreutzfeldt hat diese Zahl mit der realen und maximalen Einspeisung auf der Website der europäischen Gasnetzbetreiber verglichen. Auf Twitter erläutert er, dass die tatsächliche eingespeiste Menge 2022 bei rund 70 Milliarden Kubikmetern lag. Außerdem: „Wenn man die täglichen Maximalwerte hochrechnet, können bei voller Auslastung fast 100 bcm (Anm. d. Red:: Milliarden Kubikmeter) eingespeist werden.“ Zum Vergleich: Die Nord-Stream-Pipeline lieferte 2021 rund 59,2 Milliarden Kubikmeter Erdgas.

Gas-Terminals: Falsche Zahlen dienten als Grundlage für LNG-Gesetz

Auf den ersten Blick klingt diese fehlerhafte Annahme des Wirtschaftsministeriums nicht so schlimm. Schließlich kann Deutschland derzeit wohl jeden Kubikmeter Gas gut gebrauchen und es sind gute Nachrichten, wenn die fehlenden Lieferungen aus Russland auch durch die Einspeisungen aus Nachbarländern ersetzt werden können. Problematisch ist jedoch, dass die falsche Annahme des Ministeriums als Begründung für das LNG-Beschleunigungsgesetz diente, wie Keutzfeldt klarmacht.

In dem im Mai 2022 beschlossenen Gesetz heißt es wörtlich:

„Um die Möglichkeit für zusätzliche LNG-Importe zu schaffen, muss schnellstmöglich die Möglichkeit geschaffen werden, LNG auch in Deutschland zu regasifizieren und damit auf Ebene der Infrastruktur die Voraussetzung für den Bezug größerer LNG-Mengen zu ermöglichen. Die Kapazität der bisher vorhandenen für Deutschland nur teilweise nutzbaren europäischen LNG-Terminals kann – selbst bei einhundert prozentiger Auslastung – den Ausfall der russischen Lieferungen für Europa nur zu einem geringen Teil decken.“

Doch das stimmt nicht, wie auch die aktuelle Situation zeigt. In keinem europäischen Land ist es bisher zu einem Gasmangel gekommen und die Speicher sind noch gut gefüllt. Das Wirtschaftsministerium hat gegenüber Kreutzfeldt erklärt, dass es sich bei den genannten 40 Milliarden Kubikmetern nicht um die Regasifizierungsmenge aus den Nachbarländern handelt, sondern um die maximale Menge, die nach Deutschland transportiert werden kann. Wirklich überzeugend ist das jedoch nicht, da es im LNG-Gesetz und in den FAQ anders dargestellt wurde. (ph)

Rubriklistenbild: © Kay Nietfeld/dpa

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