300 Besucher

Trainerlegende gibt seine Fußballweisheiten im Bergischen weiter

Otto Rehhagel ließ in Wuppertal seine erfolgreiche Karriere Revue passieren.
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Otto Rehhagel ließ in Wuppertal seine erfolgreiche Karriere Revue passieren.
  • Gunnar Freudenberg
    VonGunnar Freudenberg
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Wuppertal. „König Otto“ Rehhagel war zu Gast an der Bergischen Uni.

Es dauert keine zwei Minuten, da hat Otto Rehhagel den „jungen Leuten“ im Hörsaal 32 die erste seiner vielen Weisheiten mit auf den Weg gegeben. „Wir sind nur 80 Jahre zu Besuch auf dieser Erde. Sehen Sie zu, dass Sie mit den anderen Menschen zurechtkommen – vor allem mit der eigenen Frau!“

Dass der ehemalige Fußballspieler und -trainer die von ihm selbst gesteckte Zeit auf Erden bereits um vier Jahre überschritten hat, merkt man ihm zu keiner Zeit seines Besuchs an der Bergischen Uni an. Mit immer noch dunkelbraunen statt grauen Haaren blickt das „Kind der Bundesliga“, das nach diversen Titeln mit Werder Bremen und dem 1. FC Kaiserslautern zu „König Otto“ wurde, launig auf seine bewegte Karriere zurück, die mit dem Europameistertitel als Trainer Griechenlands seinen Höhepunkt fand. 300 Besucher, darunter längst nicht nur Studierende, hängen der Fußballlegende an den Lippen.

„Die Kultur des Fußballs“ ist die besondere Vorlesung überschrieben, in der Matías Martínez, Professor für Neuere deutsche Literaturgeschichte, leichtes Spiel mit seinem Stargast hat. Stichworte reichen – und Rehhagel kontert: „Ich kann ja mal eine kleine Geschichte dazu erzählen.“

Otto Rehhagel und die Currywurst: Trainerlegende hat gute Storys zu bieten

Zum Beispiel über seine besondere Gabe, schwierige Typen in eine Mannschaft einzubauen. Und dann erzählt er, wie er einst Mario Basler von Hertha BSC zu Werder Bremen lotsen wollte. Um 20 Uhr habe ihm Frau Basler am Telefon erklärt, ihr Mann hole sich gerade eine Currywurst. „Als sie mir dann zwei Stunden später sagte, ihr Mann sei immer noch nicht wieder zurück, dachte ich mir schon: Das kann ja heiter werden mit ihm.“

Aber auch mit Mario Basler funktionierte es. „Alle Menschen brauchen Liebe. Ich habe sie meinen Spielern geschenkt – und sie haben es mir auf dem Platz zurückgezahlt“, sagt Rehhagel – und spuckt die nächste Weisheit heraus: „Wut und Hass sind schlechte Ratgeber.“ Ihm sei immer wichtig gewesen, dass seine Jungs miteinander klarkommen. „Wie die Bergleute früher unter Tage“, sagt der gebürtige Essener, der heute wieder in seiner Heimatstadt wohnt. „Mein größter Erfolg ist, dass alle meine Spieler nach der Karriere meine Freunde geworden sind.“

Otto Rehhagels Arbeitsweise war antiquiert, seine Lebensweisheiten dafür topaktuell

Zu seiner aktiven Zeit als Trainer wurde Rehhagels Arbeitsweise immer wieder kritisiert. Als methodisch zu antiquiert. Einfach aus der Zeit gefallen. Doch Rehhagel blieb über Jahrzehnte seiner Linie treu. „Modern spielt, wer gewinnt“, sagt er noch heute. Druck habe er in seiner Karriere deshalb nie empfunden. „Ich hatte ja Erfolg.“ Außer bei seiner kurzen Station als Trainer von Bayern München, über die er nur wenig Worte verliert. „Die wollten da ihre Titel lieber alleine holen. Na ja, dann bin ich eben zu Kaiserslautern in die Zweite Liga gegangen und als Aufsteiger im nächsten Jahr Meister geworden.“

Seine bevorzugte Taktik war stets die kontrollierte Offensive. „Damit sind Sie auch im Leben erfolgreich“, wendet sich Rehhagel wieder mit einer Weisheit an die jungen Leute im Hörsaal: „Kontrollierte Offensive – beim Streit mit dem Partner, beim Autofahren und an der Theke.“ Auch bei der abschließenden Fragerunde zieht sich der 84-Jährige nicht in die Defensive zurück. Dass der Wuppertaler SV irgendwann noch einmal in die Bundesliga zurückkehre, glaube er nicht. „Es sei denn, der Scheich von Dubai steht vor der Tür.“

Als sich ein griechischer Student bei ihm für den sensationellen Europameistertitel im Jahr 2004 bedankt, gerät „Rehakles“, so ein weiterer Spitzname der Fußballlegende, ins Schwärmen. Er sei der einzige Ausländer, der jemals „Grieche des Jahres“ geworden ist. Zu seinen Jungs habe er immer noch Kontakt. „Ich glaube, die müssen diesen EM-Titel bis heute verarbeiten.“

Würde jemand wie Rehhagel heute die Generation der weichgespülten und auf Instagram posierenden Fußballprofis erreichen? Hypothetisch. In Wuppertal beweist das ehemalige Abwehr-Raubein jedenfalls, dass er das Dribbling durch die Welt der Fußballweisheiten auch im hohen Alter perfekt beherrscht und seine Zuhörer noch immer erreicht. Fähigkeiten, die auch künftig für Fußballtrainer wichtig sein werden, wollen sie später einmal auf eine solch erfolgreiche Karriere zurückblicken wie Otto Rehhagel.

Zur Person

Otto Rehhagel wurde 1938 in Essen geboren. Als Verteidiger spielte er für seinen Jugendklub TuS Helene Altenessen und Rot-Weiss Essen, bevor er 1963 zu Hertha BSC Berlin und 1966 zum 1. FC Kaiserslautern wechselte. Als Bundesligatrainer erlebte er erfolgreiche Jahre bei Werder Bremen und gewann später mit dem 1. FC Kaiserslautern nach dem Aufstieg aus der Zweiten Liga die Deutsche Meisterschaft. Sein Meisterstück vollbrachte er 2004, als er den absoluten Außenseiter Griechenland bei der Europameisterschaft in Portugal sensationell zum Titel führte.

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