Ärger im Garten

Rechtsstreit: Stadt Wuppertal fällt Kirschbaum von Ehepaar

Michael Prinz steht vor seiner gefällten Kirsche und dem kaputten Zaun und fragt sich, ob die Stadt Wuppertal sich eigentlich an ihre eigene Baumschutzsatzung hält.
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Michael Prinz steht vor seiner gefällten Kirsche und dem kaputten Zaun und fragt sich, ob die Stadt Wuppertal sich eigentlich an ihre eigene Baumschutzsatzung hält.

Bei Arbeiten wurde der 60 Jahre alte Baum beseitigt, der auf dem Privatgrundstück stand. Wie ist so etwas wieder gut zu machen? Da gehen die Vorstellungen auseinander.

Von Alina Komorek


Wuppertal. Die „Akte Zierkirsche“ liegt vor Michael Prinz auf dem Tisch. Er sitzt vor Kopf, seine Frau Ulla links von ihm – beide schauen durch das große Fenster in den Garten. Dort vermissen sie die Zierkirsche, die bis vor Kurzem noch dort stand.

Bis einige Arbeiter der Stadt kamen, um am Hang hinter dem Grundstück von Ehepaar Prinz kranke Eschen zu fällen. Sie sägten und fällten im Juli vergangenen Jahres wohl länger als eine Woche, um die Bäume am Hang des Falkenbergs zu beseitigen.

Doch bei den kranken Bäumen blieb es nicht: Während die beiden 68-Jährigen am 7. Juli 2022 kurz für einen Einkauf außer Haus waren und nach etwa 45 Minuten zurückkehrten, war plötzlich die Sicht auf die Häuser gegenüber frei. Die Mitarbeiter der Stadt waren wohl über den Zaun gestiegen, der das Grundstück des Ehepaars von der städtischen Fläche am Hang trennte, und hatten die Kirsche gefällt. Die lag noch neben dem Zaun, der durch die Fällarbeiten in Mitleidenschaft gezogen wurde.

Michael Prinz ging noch am selben Tag runter zu den Arbeitern, ja, sie hätten die Kirsche gefällt, der Veranlasser der Fällung wurde genannt, Ehepaar Prinz greift sofort zum Hörer und fragt beim Forstbezirk nach, warum der Baum gefällt worden sei. Man habe gedacht, der Baum befinde sich auf städtischem Grund – wobei nicht ersichtlich wird, warum anstelle von kranken Eschen eine gesunde Kirsche gefällt wird.

Stadt Wuppertal fällt Baum auf dem Grundstück von Privatleuten

Später folgte das Argument, es handele sich um einen Grenzbaum. Also schaut das Paar nach – auf den Luftbild- und Flurkarten der Stadt sei deutlich zu erkennen, dass der Baum sich auf dem Grundstück von Ulla und Michael Prinz befand und damit auch ihr Privatbesitz war. Etwa zwei Wochen später habe das Paar dann einen Vermessungswagen in der Straße stehen sehen – das Ergebnis: Die Kirsche stand wirklich auf dem Grundstück des Ehepaars.

Was Ulla und Michael Prinz wundert, ist, dass die Stadt ja immer behaupte, möglichst viele Bäume stehenlassen zu wollen. Außerdem habe der Baum trotz der Hanglage aufgrund seiner Größe von etwa 22 Metern einen guten Sichtschutz zu den gegenüberliegenden Häusern geboten, jedes Frühjahr habe sich das Paar gefreut, wenn der Baum gegen März in Blüte stand.

Seit 1985 wohnen Ulla und Michael Prinz in dem Haus am Falkenberg. „Und ich liege im Sommer auch gern mal leicht bekleidet auf der Terrasse“, sagt Ulla Prinz. Das sei nun kaum mehr möglich. Viel schlimmer noch aber sei, dass die Stadt zwar den Fehler zugegeben, sich aber nicht um gleichwertigen Ersatz bemüht habe.

Als Ersatz bietet die Stadt ein 1,50 Meter hohes Bäumchen

Denn nachdem geklärt worden war, wem die 70 Jahre alte Zierkirsche gehört, habe die städtische Abteilung für Forsten/Waldbewirtschaftung erklärt, es werde für Ersatz gesorgt. Doch eine gesunde, große, 70 Jahre alte Zierkirsche sei durch ein Bäumchen mit einer Höhe von 1,5 Meter wohl kaum zu ersetzen. Die Bitten um Schadensregulierungen an die Stadt seien ignoriert worden.

Staatsanwaltschaft stellt Verfahren ein

Das Ehepaar Prinz stellte eine Strafanzeige, die von der Staatsanwaltschaft eingestellt wurde, da der Beschuldigte die Tat bestreitet und keine Tatzeugen vorhanden seien. „Aber mein Mann hat doch noch mit denen gesprochen“, erklärt Ulla Prinz zum Tag, als die Kirsche gefällt wurde. Schließlich habe Frank Meyer, Beigeordneter des Geschäftsbereichs Stadtgrün, Mobilität, Umwelt und Geodaten, das Ehepaar an das Rechtsamt verwiesen. Dort erhielten Ulla und Michael Prinz nun ein Schuldeingeständnis – doch die Schadenshöhe sei offen geblieben.

Weil keine Reaktion kam, schaltete das Paar einen Rechtsanwalt ein – denn auch zwei Bäume mit einer Höhe von 1,5 Metern seien kein hinreichender Ersatz für die hohe Kirsche. Das Rechtsamt wiederum schaltete einen Baumgutachter ein, berichten Ulla und Michael Prinz.

An dem Gutachten stört die Beiden vor allem, dass der Baum nur als Sichtschutz vor Brachland gedient habe, dass Wert (1650 Euro), Größe und Umfang des Baumes völlig falsch geschätzt wurden. Auch dass auch die Kosten für zwei Pflanzarbeiten nicht erwähnt wurden, die nach Informationen des Paares bei 8500 Euro liegen müssten. Und vor allem, dass die Ersatzpflanzungen mehr als 20 Jahre wachsen müssten, um die gleiche Höhe und damit den gleichen Sichtschutz zu erreichen, für den die Zierkirsche vor ihrer Fällung gesorgt hatte. „Und wir sind jetzt knapp 70 Jahre alt – wir legen uns doch mit 90 nicht mehr oben ohne auf die Terrasse.“


Insgesamt wolle die Stadt Schadenersatz in Höhe von 3400 Euro zahlen – darin sei auch die Reparatur des Zauns enthalten, der bei den Fällarbeiten kaputt gegangen war. „Bei Leonhards haben wir nachgefragt und die sagen, dass die größten verpflanzten Bäume mit zehn Metern Höhe 30.000 Euro kosten.“ Aktuell bereitet das Ehepaar mit seinem Anwalt eine Klage vor. Denn mit der Zahlung von 3400 Euro sind die ehemalige Lehrerin und der Mathematiker nicht einverstanden. Die Frage sei außerdem, wie das Paar nun mit dem Kirschholz verfahren darf.

Besonders schlimm: „Als die angefangen haben, den Baum zu fällen, waren wir sogar noch zu Hause. Durch eine einfach Frage hätte das alles vermieden werden können“, sagen Michael und Ulla Prinz, während sie raus in den Garten schauen.

Das sagt die Stadt Wuppertal

Auf Nachfrage hieß es von der Stadt: „Ja, wir haben im Bereich Falkenberg/In der Beek im vorigen Jahr Bäume fällen müssen. Diese waren schadhaft und deshalb nicht mehr standsicher. Dabei haben unsere Mitarbeiter auch irrtümlich einen Baum gefällt, der im privaten Besitz war – die Mitarbeiter vor Ort hatten ihn für einen städtischen Baum gehalten. Das bedauern wir ausdrücklich!“ Den Schaden wolle die Stadt ersetzen und sei mit dem Eigner im Gespräch, allerdings gebe es unterschiedliche Vorstellungen dazu, welchen Wert der Baum hatte.

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