Kunst- und Museumsverein

Das Von der Heydt ist ein „cooles Museum“

Abschlussgespräch mit Joachim Schmidt-Hermesdorf in seinem Büro am Wall
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Abschlussgespräch mit Joachim Schmidt-Hermesdorf in seinem Büro am Wall

Joachim Schmidt-Hermesdorf blickt auf seine Zeit als Vorsitzender des Kunst- und Museumsvereins Wuppertal zurück.

Von Monika Werner-Staude

Herr Schmidt-Hermesdorf, was bedeutet Ihnen die Kunst?

Joachim Schmidt-Hermesdorf: Kunst hat für mich zwei Aspekte: Persönliche Freude, weil sie mir erlaubt, die Welt verstehen zu lernen ohne Buchstaben zu lesen. Und sie ist wichtig in meinem Beruf, in dem ich immer wieder mit der Besetzung von Unternehmensleitungen zu tun habe. Dabei geht es mir nicht nur um Fachwissen, sondern vor allem um die Charakterbildung, die ich bei Fragen nach Religion, Militärdienst, Sport, Musik und Kunst zu erfahren suche.

Warum sind Sie in den Kunst- und Museumsverein eingetreten?

Schmidt-Hermesdorf: Mein Nachbar war langjähriger Schatzmeister und hat mich geworben. Ich bin 1990/91 eingetreten. Und weil ich gerne ins Theater gehe, meine große Liebe die italienische Oper ist, bin ich auch in die Konzertgesellschaft eingetreten. Und in den Theaterverein, durch einen anderen Nachbarn.

Können Sie sich an Ihren ersten Besuch des Von der Heydt-Museums erinnern?

Schmidt-Hermesdorf: Ich muss 33 Jahre alt gewesen sein, unsere Tochter war gerade ein Jahr alt geworden. Welche Ausstellung ich damals gesehen habe, da bin ich mir nicht mehr sicher. Aber ich erinnere mich an die erste Ausstellung, die mich dort beeindruckt hat. Es war die über Loynel Feininger, da habe ich gedacht, ‚das ist ein ziemlich cooles Museum‘.

Was bedeutet Ihnen der Begriff Museum?

Schmidt-Hermesdorf: Ein Museum ist eine Erholungspause für mich. Ich gehe gerne mittags nach dem Essen für eine halbe Stunde dorthin.

Und was sollte ein Museum leisten?

Schmidt-Hermesdorf: In erster Linie sollte es Kunst vermitteln, zumal es wie das Von der Heydt-Museum einen solch wunderbaren Bestand hat, der sich ständig erweitert. Und wenn es sich eine Stadt leisten kann, kann sie das Museum auch als Ausstellungshalle nutzen.

Was waren die Hauptthemen in Ihrer Zeit als Vorsitzender?

Schmidt-Hermesdorf: Die gemeinnützige GmbH war das zentrale Thema. Ich habe sie mir ausgedacht, als die Monet-Ausstellung (Oktober 2009 bis Februar 2010, Red.) anstand und die Stadt zögerte, weil sie so teuer war. Damals ist der Kunst- und Museumsverein zusammen mit der Brennscheidt-Stiftung eingesprungen und wir haben den Ausstellungsetat treuhänderisch für die Stadt organisiert. Das war sehr riskant. Deshalb wurde die gGmbH 2012 gegründet mit den Gesellschaftern, die eh schon das Museum förderten: der Brennscheidt- und der Jackstädt-Stiftung sowie dem Kunst- und Museumsverein. Ich wollte die privaten Geldgeber unter einen Hut und in Zusammenarbeit mit der Stadt bringen. Also wurde ein Kooperationsvertrag geschlossen, der die Stadt verpflichtet, 22 Stellen zu finanzieren und die Gebäude in Schuss zu halten, während die gGmbH die Ausstellungen finanziert. Die Idee war, einmal im Jahr eine große Ausstellung wie die zu Monet zu machen, die einen Überschuss von 1 Million Euro erwirtschaftete, und davon zu leben. Aber das ging nicht auf und irgendwann hatten wir Schulden. Heute wissen wir: Ohne Fördergelder geht es nicht.

Welches waren für Sie die wichtigsten Ausstellungen im Von der Heydt-Museum?

Schmidt-Hermesdorf: Spontan gesagt, die über die Brücke und den Blauen Reiter, die Roland Mönig Ende 2021/Anfang 2022 gezeigt hat. Die Kunst interessiert mich persönlich. Und ich wollte sehen, ob das neue Konzept aufgeht. Dafür, dass die Ausstellung in der Pandemie gezeigt wurde, war die Besucherzahl absolut super. Und sie hat auch gut digital funktioniert. Die Digitalisierung ist mir enorm wichtig. Was Roland Mönig da geleistet hat, ist schon toll. Und er kümmert sich um die Provenienzforschung.

Sie haben mit zwei Museumsdirektoren zusammengearbeitet. Wie würden Sie sie beschreiben?

Schmidt-Hermesdorf: Gerhard Finckh hat erstklassige Ausstellungen gemacht, aber das Museum französisch geführt, sich weniger um Kosten und Personal gekümmert. Roland Mönig gehört einer anderen Generation an. Er steht für ein Museum als Ort der Kunstvermittlung. Und er macht auch international beachtete Ausstellungen. Ich sage das ganz wertfrei.

Sind Ausstellungen heute anders?

Schmidt-Hermesdorf: In Finckhs Zeit fielen die Blockbuster, was bei Claude Monet ein Erfolg war, ließ sich leider nicht wiederholen und ging bei Édouard Manet am Ende schief. Da wuchsen uns die Kosten über den Kopf. Mit Roland Mönig erleben wir, dass gute Kunst auch mit der Hälfte des Geldes auskommen kann. Zum Beispiel durch Kooperationen.

Apropos Finanzen.

Schmidt-Hermesdorf: Der Betrieb, so wie er jetzt läuft, wäre ohne private Unterstützung nicht möglich. Das Museum braucht 30 Stellen, die Stadt stellt 22. Acht finanziert die gGmbH. Das bedeutet, dass wir jedes Jahr 300.000 bis 350.000 Euro an Personalkosten aufbringen müssen.

Was war für Sie der absolute Tiefpunkt?

Schmidt-Hermesdorf: Als wir 2018 mit einem Riesenverlust dastanden und die für den Herbst geplante große Ausstellung abgesagt werden musste, war das für mich unangenehm, aber schmerzfrei. Den Verlust hat damals die Brennscheidt-Stiftung aufgefangen. Heute stehen wir wieder gut da, haben gut 500 000 Euro Kapital, so dass wir Ausstellungen riskieren können. Der absolute Tiefpunkt für mich war, wie die Stadt die Suche nach der neuen Museumsleitung angegangen ist (es brauchte damals zwei Anläufe, Red.). Seitdem Roland Mönig da ist, geht es steil bergauf.

Welche Zukunftsaufgaben erwarten den Kunst- und Museumsverein?

Schmidt-Hermesdorf: Ich habe meinem Nachfolger nichts vorzuschreiben. Gunther Wölfges ist Finanzexperte, braucht keine Ratschläge. Aber es gibt natürlich immer etwas zu tun. Das Thema Kunsthalle Barmen braucht Geld und diplomatisches Gespür, um gelöst zu werden. Und die „Zeitreisen“, die schon vor der Pandemie unterbrochen werden mussten, müssen fortgeführt werden.

Was haben Sie nun vor?

Schmidt-Hermresdorf: Ich bin ehrenamtlich weiter in der Brennscheidt- und in der Robke-Stiftung tätig. Ich bin Beirat in der gGmbH. Mein Lebenselixier aber ist mein Beruf als Beirat/Aufsichtsrat in mittelständischen Unternehmen. Außerdem werde ich am Meer spazieren gehen, kochen, Sport machen, ohne Ende lesen, gern in französischer und englischer Sprache, Jagen gehen. Und am liebsten bin ich mit meiner Frau und meiner Familie zusammen.

WUPPERTAL Er hat alles vorbereitet, hat sein Amt Anfang des Jahres an seinen Nachfolger „übergeben“. Rechtzeitig bevor er sein 70. Lebensjahr vollendet, was Ende 2023 sein wird. Von 2009 bis Ende 2022 stand Joachim Schmidt-Hermesdorf dem Kunst- und Museumsverein vor. Prägte ihn, erlebte in dieser Zeit zwei Direktoren im Von der Heydt-Museum, Ausstellungserfolge und finanzielle Tiefschläge, und er schuf die gemeinnützige Von der Heydt-GmbH, den Kooperationsvertrag mit der Stadt. Ein Kunst- und Kulturfreund, der in Dortmund geboren wurde und über seinen Beruf als Fachanwalt für Steuerrecht nach Wuppertal kam. Hier zusammen mit seiner Frau sein Glück fand, wie er selbst sagt.

Zur Person

Joachim Schmidt-Hermesdorf wurde am 6. Dezember 1953 in Dortmund geboren. Der promovierte Jurist arbeitete seit 1988 für die WTG (Wirtschaftstreuhand KG). Er ist passionierter Sportler und liebt italienische Opern. Eine Lieblingsoper ist Verdis „Ballo di Maschera“, „weil die Musik unter die Haut geht, in eine andere Welt versetzt“. Schmidt-Hermesdorf kann Klavier spielen. Er spielt heute noch – „Klassik mittelschwer gesetzt“. Auf der Mitgliederversammlung des Kunst- und Museumsvereins (KMV) im September 2022 wurde die Amtsübergabe an Sparkassenvorstand Gunther Wölfges zum Jahresende angekündigt.

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