Ziele "bewusst ausgewählt"
IS droht mit weiteren Anschlägen
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Paris - Die Dschihadistenmiliz Islamischer Staat (IS) hat die Verantwortung für die Anschlagsserie von Paris übernommen und mit weiteren Anschlägen gedroht.
Nach den verheerenden Anschlägen in Paris mit mindestens 128 Toten und hunderten Verletzten verdichten sich die Hinweise auf einen islamistischen Hintergrund der Bluttat. Die Dschihadistenmiliz Islamischer Staat (IS) übernahm am Samstag die Verantwortung für die Attentate, auch Präsident François Hollande machte den IS verantwortlich. Bei einem der Attentäter wurde ein syrischer Pass gefunden, ein weiterer wurde als geheimdienstbekannter Franzose identifiziert. Hollande rief den Ausnahmezustand aus.
"Acht Brüder mit Sprengstoffgürteln und Sturmgewehren" hätten den "gesegneten Angriff" in Paris verübt, erklärte der IS im Internet. Die Ziele der Angriffe seien "sorgfältig ausgewählt" worden. Die koordinierten Anschläge waren am Freitagabend von acht Tätern an sechs verschiedenen Orten in Paris verübt worden. Mindestens 128 Menschen starben, rund 300 weitere wurden verletzt, Dutzende von ihnen schwebten am Samstag noch in Lebensgefahr.
„Dieser Überfall ist nur der erste Tropfen Regen und eine Warnung“, hieß es in einer am Samstag im Internet kursierenden Botschaft im Namen des IS. „Frankreich und jene, die seinem Pfad folgen, wissen, dass sie ganz oben auf der Liste der Ziele des Islamischen Staates stehen und dass der Geruch des Todes ihre Nasen nicht verlassen wird, solange sie ihren Kreuzzug fortführen, es wagen, unseren Propheten zu beleidigen [...], stolz darauf sind, gegen den Islam Krieg zu führen und die Muslime im Land des Kalifats mit ihren Flugzeugen anzugreifen“, heißt es darin.
Eine „treue Gruppe der Armee des Kalifats“ habe die „Hauptstadt der Unzucht und Laster“ angegriffen. Dabei seien Sprengstoffgürtel und Maschinenpistolen eingesetzt worden. Bei der Serie von Attentaten waren am späten Freitagabend in Paris mindestens 128 Menschen getötet und zahlreiche verletzt worden.
Es war der schwerste Angriff in der Geschichte Frankreichs und das erste Mal, dass die Taten von Selbstmordattentätern begangen wurden. Hollande kündigte einen "unerbittlichen" Kampf gegen Dschihadisten in Frankreich und im Ausland an.
Der folgenschwerste Angriff des Abends wurde auf die Konzerthalle Bataclan in der Innenstadt verübt, in der mehr als tausend Menschen ein Konzert der US-Band Eagles of Death Metal besuchten. Vier schwerbewaffnete Attentäter schossen dort wahllos in die Menge. "Alle versuchten zu fliehen, die Menschen trampelten aufeinander herum, es war die Hölle", berichtete ein Augenzeuge. "Sie haben gar nicht mehr aufgehört zu schießen." Allein im Bataclan starben mindestens 82 Menschen.
Kurz nach Mitternacht stürmten Einsatzkräfte der Polizei den Saal. Dabei starben alle vier Attentäter. Nach Polizeiangaben sprengten sich drei von ihnen in die Luft. Ein Augenzeuge berichtete, die Angreifer hätten "Allah Akbar" (Gott ist groß) gerufen. Einer der mutmaßlichen Attentäter aus dem Bataclan wurde nach Angaben aus Ermittlerkreise als ein Franzose identifiziert, der dem Geheimdienst bekannt war.
Bei einem der Attentäter wurde Polizeikreisen zufolge außerdem ein syrischer Pass gefunden. Die Ermittler gingen daher einer möglichen Verbindung nach Syrien nach. Festnahmen gab es zunächst nicht, es wurde auch nach niemandem öffentlich gefahndet.
Angegriffen wurden am Freitag auch mehrere Cafés und Restaurants sowie die Umgebung des Stade de France, wo gerade das Freundschaftsspiel Frankreich gegen Deutschland lief. Während des Spiels waren laute Explosionen außerhalb des Stadions im Pariser Vorort St. Denis zu hören. Nach dem Abpfiff liefen hunderte verängstigte Zuschauer auf das Spielfeld, später wurden die Besucher aus dem Stadion geleitet. Das DFB-Team verbrachte die Nacht im Stadion und wurde am Samstagmorgen direkt zum Flughafen gebracht.
Für alle sechs Angriffe übernahm der IS die Verantwortung. Ein Augenzeuge aus dem Bataclan berichtete, die Attentäter hätten die Beteiligung Frankreichs an der US-geführten Militärkoalition gegen den IS in Syrien und im Irak für ihr Handeln verantwortlich gemacht. Die Männer hätten gesagt: "Euer Präsident ist Schuld, er hat nicht in Syrien einzugreifen."
Frankreichs Präsident Hollande wandte sich an sein Volk und sprach von einem "Kriegsakt, der von einer terroristischen Armee, dem IS, verübt wurde". Hollande rief die Franzosen zur Einheit auf und verhängte den Ausnahmezustand über das ganze Land. Zudem kündigte er eine dreitägige Staatstrauer an. Der Elysée-Palast gab den Einsatz von 1500 zusätzlichen Soldaten sowie verschärfte Grenzkontrollen bekannt. Außenminister Laurent Fabius stellte klar, dass Frankreich ungeachtet der Anschläge an seinem internationalen Engagement festhalte.
Kundgebungen im Großraum Paris wurden bis zum Donnerstag untersagt. Auch der Eiffelturm bleibt bis auf Weiteres geschlossen. Das Pariser Wahrzeichen zählt für gewöhnlich zwischen 15.000 und 20.000 Besucher am Tag. Am Samstag blieben außerdem Schulen, Universitäten und viele Museen geschlossen. Sämtliche für das Wochenende geplanten Sportveranstaltungen wurden abgesagt.
Mit den Angriffen kehrt gut zehn Monate nach den Anschlägen auf die Satirezeitung "Charlie Hebdo" und einen koscheren Supermarkt der Terror in die französische Hauptstadt zurück. In zwei Wochen empfängt Paris zahlreiche Staats- und Regierungschefs aus aller Welt zur Weltklimakonferenz. Viele von ihnen äußerten nun ihr Entsetzen über die Geschehnisse. In Europas Hauptstädten kamen die Regierungen zu Krisensitzungen zusammen, in Washington berief Präsident Barack Obama den Nationalen Sicherheitsrat ein. In aller Welt wurden Sicherheitsvorkehrungen verschärft.
Terror in Paris: News-Ticker und die wichtigsten Fakten
Das Wichtigste im Überblick: Wir haben bereits einen Artikel mit den wichtigsten Fakten zum Terror in Paris. Die aktuellen Enwicklungen finden Sie im News-Ticker zum Terror in Paris.
AFP/dpa