„Sie philosophiert schamlos“

Merkel spricht über Putin: „Man sollte seine Worte ernst nehmen“ – Melnyk schäumt

Aussagen von Angela Merkel zum Ukraine-Krieg sorgen für Aufsehen. Man solle Putins Worte „ernst nehmen“, fordert die Altkanzlerin.

Berlin - Ob Wladimir Putin seine stets unterschwelligen Atom-Drohungen gegen den Westen im Ukraine-Krieg wohl wahrmachen könnte? Diese Frage wird aktuell jedem gestellt, dem man eine im weitesten Sinne qualifzierte Antwort zutraut. Altkanzlerin Angela Merkel erlebte den Kremlchef in 16 Jahren Amtszeit, sie könnte in der Sache also sogar größeren Einblick haben. Seit Beginn des russischen Angriffskrieges äußerte sich die frühere CDU-Regierungschefin aber kaum.

Merkel über Putin: „Worte ernst zu nehmen ist Zeichen politischer Klugheit“

Bei einem ihrer seltenen öffentlichen Auftritte, am Dienstag in Berlin, machte Merkel von sich aus Putin zum Thema. „Man sollte seine Worte ernst nehmen“, habe sie vor einiger Zeit auf eine Interview-Frage geantwortet, sagte sie in einer Rede.

Angela Merkel bei der Eröffnungsveranstaltung der Bundeskanzler-Helmut-Kohl-Stiftung

Merkel fuhr fort, sie wolle angesichts der jüngsten Entwicklung ergänzen: „Worte ernst zu nehmen, sie nicht von vornherein damit abzutun, sie seien nur ein Bluff, sondern sich ernsthaft mit ihnen auseinanderzusetzen, das ist beileibe kein Zeichen von Schwäche oder Beschwichtigung, sondern ein Ausweis politischer Klugheit - einer Klugheit, die dazu beiträgt, Handlungsspielräume zu erhalten oder, mindestens so wichtig, sogar neue zu erarbeiten.“

Die CDU-Politikerin bezog sich damit auf Putins Ansage im Zuge seiner Teilmobilmachung, dass bei russischen Bedrohungs-Gefühlen der Einsatz „aller zur Verfügung stehen Mittel“ (also auch Atomwaffen) keineswegs „ein Bluff“ sei.

Militärexpertin bei „Maischberger“: „Die Angst vor der Bombe ist eine Waffe“

Der ARD-Talk „Sandra Maischberger“ griff Merkels Aussage am Mittwoch (28. September) direkt auf. Die eingeladene Militärexpertin Florence Gaub sah Putins Drohungen allerdings gelassener: „Nicht die Bombe ist eine Waffe, die Angst vor der Bombe ist eine Waffe“, sagte sie.

Anlass für Merkels Auftritt war übrigens keine Talkrunde zum Ukraine-Krieg, sondern eine Gedenkveranstaltung für den verstorbenen Ex-Kanzler Helmut Kohl. Die „Bundeskanzler-Helmut-Kohl-Stiftung“ hatte am 27. September ihre Arbeit in Berlin aufgenommen.

Melnyk attackiert Merkel für Kohl-Aussage: „Schamloses Philosophieren“

Dort würdigte Merkel den Ex-CDU-Kanzler auch mit den Worten, dass er - wenn er denn noch lebte und Kanzler wäre - angesichts der russischen Invasion in die Ukraine „parallel immer auch das im Moment so Undenkbare“ mitdenken würde, nämlich, „wie so etwas wie Beziehungen zu und mit Russland wieder entwickelt werden könnten.“

Eine Annahme, die Andrij Melnyk überhaupt nicht gefiel. Auf Twitter warf der der scheidende ukrainische Botschafter in Berlin Merkel daraufhin einen „jahrelangen putinfreundlichen Kuschelkurs vor“, der die Militärinvasion in die Ukraine erst möglich gemacht habe, und bezeichnete ihre Einlassung als „schamloses Philosophieren“:

Zu Gast an diesem Dienstagabend war in Berlin auch CDU-Chef Friedrich Merz. Er hatte, mit deutlichem Abstand zu Merkel in der Rednerliste, zuvor ein „Grußwort“ ausgesprochen, an Kohls prägende Rolle bei der deutschen und europäischen Einigung erinnert und ihn als „großen Staatsmann“ gewürdigt. (frs mit Material der dpa)

Rubriklistenbild: © Christoph Soeder/dpa

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