Wasserball

Wasserballer müssen zurückziehen - für immer?

Darauf erst einmal einen tiefen Schluck: Peter Backes schmeckt die Entwicklung seines Sports überhaupt nicht.
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Darauf erst einmal einen tiefen Schluck: Peter Backes schmeckt die Entwicklung seines Sports überhaupt nicht.
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Analyse: Die SG RSV/LTV steht vor dem Aus, kämpft aber weiter.

Von Fabian Herzog

Anfang Dezember 2022 hatten sie noch ein Pokalspiel absolviert, im Januar und Februar dieses Jahres dann auch noch drei Meisterschaftsspiele. Doch mittlerweile sind die Wasserballer der SG RSV/LTV von der Bildfläche der Rhein-Wupper-Liga verschwunden. Zumindest für diese Saison. Oder gar für immer?

Seit Jahren kämpft Trainer Peter Backes gegen den Trend und für ein Fortbestehen der Sportart. Was sich von Saison zu Saison mehr zu einer Herkulesaufgabe entpuppt hat. Entmutigen ließ sich der 69-Jährige lange dennoch nicht, schließlich hat der Wasserball dem Remscheider so viel in seinem Leben gegeben. Aber nun scheint die Situation schwieriger denn je.

Wie war die Ausgangslage vor dieser Spielzeit?

Anfang der Saison sah eigentlich alles noch gut aus. Oder zumindest nicht besorgniserregend. 15 Mann gehörten dem Team an. „Diese Kadergröße ist grundsätzlich für einen Spielbetrieb einer Mannschaft mehr als ausreichend“, verdeutlicht Peter Backes.

Wobei dem Trainer schon damals bewusst war, dass die Altersstruktur unverändert hoch war und dies Probleme – wie die zurückliegenden Jahre bewiesen haben – mit sich bringen könnte. „Aufgrund des recht hohen Altersschnitts der SG-Spieler waren berufs- und gesundheitsbedingte Ausfälle in der jüngeren Vergangenheit immer schon überdurchschnittlich hoch“, sagt Backes aus Erfahrung.

Was hat nun dazu geführt, dass die Mannschaft vom aktuellen Spielbetrieb schließlich zurückgezogen werden musste?

Kurz nach dem Saisonstart lichteten sich die Reihen bei der Spielgemeinschaft aus Remscheider SV und Lüttringhauser TV auf dramatische Art und Weise, was den Trainer vor ein unlösbares Problem stellte: „Die Entwicklung bis Mitte Februar war desaströs und nicht zu erwarten.“

Von dem 15er-Kader fielen plötzlich sechs Spieler durch längere Krankheiten (Rainer Conrad, Sönke Görke, Jörg Wöhler) oder aus beruflichen Gründen (Marc Stiebing, Patrick Hungerbach, Sebastian Rehbold) länger aus. Voraussichtlich sogar bis zum Saisonende im Juni. Zu allem Überfluss machte sich im Februar auch noch ein Erkältungsvirus breit. So blieb den Verantwortlichen keine andere Wahl, als die Mannschaft aus dem aktuellen Spielbetrieb abzumelden.

Ein solches Szenario hatte sich in den vergangenen Jahren fast angedeutet. Wo liegt das grundsätzliche Problem?

Die Wasserballer teilen das Schicksal vieler anderer Sportarten: Es fehlt schlichtweg am Nachwuchs. Ohne den kann kein Verein, kann keine Mannschaft auf Dauer überleben. Erst recht nicht die exotischeren Sparten.

Haben die Nachbarstädte ähnliche Probleme?

Dort wird Wasserball zumindest weiterhin sowohl leistungsorientiert als auch zum Spaß gespielt. Die Startgemeinschaft von Wasserfreunden Wuppertal und SC Solingen ist mit vier Mannschaften von 2. Liga bis Bezirksebene vertreten. In Wuppertal gibt es zwischen SV Neuenhof und Freie Schwimmer ein zusätzliches Kooperationsmodell, das sich ebenfalls auf unterklassigem Niveau bewegt. „In den 1990er-Jahren spielten in Wuppertal noch sieben Vereine“, erinnert sich Peter Backes und zählt auf: „SSF Delphin, Wasserfreunde, Hellas, Freie Schwimmer, Neuenhof, Ronsdorf und PSV.“ Erstgenannte waren sogar mehrfach Deutscher Meister.

Das zeigt, dass der Sport früher, als es noch keine Spielkonsolen oder Ähnliches gab, einen anderen Stellenwert hatte.

Das gilt regional wie bundesweit. Deutschland gehörte in den 1980ern zur Weltspitze, wurde zweimal Europameister (1981, 1989). Vergangenes Jahr im kroatischen Split landete man bei der EM auf Platz 13. Auch im Bergischen gab es ganz andere Zeiten. Mit RSV, LTV, WaSpo und LSV spielten vier Vereine Wasserball, teils mit mehreren Mannschaften.

Ich bin stolz, in dieser legendären Mannschaft mitgespielt zu haben.

Peter Backes über seine Zeit in 1. und 2. Liga

Der LTV Ende der 1960er in der 2. Liga, der RSV in den 1980ern in der Oberliga (damals 3. Liga), später lange Zeit in der NRW-Verbandsliga. In Solingen war der SC von 1970 bis 1983 in der 1. und 2. Liga. Mit Peter Backes als jahrelangem Stammspieler: „Ich bin stolz darauf, in dieser legendären Mannschaft mitgespielt zu haben.“

Wie fällt der Blick in die Zukunft aus?

Komplett aufzugeben, ist für Peter Backes und seine Mitstreiter (noch) keine Option. Mit den verbliebenen Spielern wird weiterhin dienstags und freitags von 19.30 bis 21.30 Uhr im Stadtparkbad trainiert. „Nach den Sommerferien muss die Situation dann neu bewertet werden“, sagt der kämpfende Trainer.

Unabhängig vom Personal, das dann wieder zur Verfügung steht, gibt es aus Sicht des Remscheiders eine weitere Grundvoraussetzung: eine sich an der Spielstärke orientierende Zusammenstellung der Rhein-Wupper-Liga, die in die Gruppe A und B aufgeteilt ist. Zuletzt war die SG RSV/LTV auf zahlreiche Hochkaräter getroffen, gegen die sie chancenlos war. In der anderen Gruppe hätte man sich deutlich wohler gefühlt. Backes: „Der Verband hat aber schon angedeutet, dass ihm da ein Fehler unterlaufen ist.“

Wie sieht das Worst-Case-Szenario aus?

Damit beschäftigen mag sich Backes nur ungern. Allerdings ist er auch Realist genug, um die Entwicklung zu deuten und sich mit dem schlimmstmöglichen Fall auseinanderzusetzen. „Sollte dann im Herbst die Entscheidung getroffen werden, dass keine Mannschaft mehr gemeldet werden kann,“, sagt er, „werden wohl nach mehr als 70 Jahren Wasserball in Remscheid die Lichter ausgehen.“

Rubrik

Immer dienstags greifen wir spezielle Themen auf und haken nach. Gibt es Fragen, die bisher unbeantwortet geblieben sind? Dinge, die entsprechend einsortiert werden müssen? Dem gehen wir in einer Analyse nach. Diesmal befassen wir uns mit den Wasserballern der SG RSV/LTV, die sich vom aktuellen Spielbetrieb zurückziehen mussten.

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