Handball

Jetzt hat sie ein neues Herzensprojekt

Julia Huppertz beim Kaffeetrinken mit dem RGA-Sport: Aufgeräumter Stimmung und mit dem unverstellten Blick voraus. Sie hat sie viel für die Zukunft vorgenommen.
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Julia Huppertz beim Kaffeetrinken mit dem RGA-Sport: Aufgeräumter Stimmung und mit dem unverstellten Blick voraus. Sie hat sie viel für die Zukunft vorgenommen.
  • Andreas Dach
    VonAndreas Dach
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Was macht eigentlich . . . Julia Huppertz, die frühere Handball-Torhüterin der HG Remscheid?

Von 2005 bis 2008 hat sie im Tor der HG Remscheid gestanden und die besten Zeiten der Handballerinnen, welche bis in die 2. Liga führten, maßgeblich mitgeprägt. Damals war Julia Huppertz gerade mal Anfang 20, jetzt hat sie kürzlich ihren 39. Geburtstag gefeiert. Ja, die Zeit vergeht. Und es stellt sich die Frage: Was macht die einstige Klassetorsteherin, die später in der Bundesliga und auch international spielte, heute?

Ihre Antwort überrascht: „Dieser Lebensabschnitt ist für mich komplett vorbei. Handball ist und bleibt ein schöner Sport, aber es zieht mich nichts mehr hin.“ Peng. Knall. Bumm. Sätze, die es in sich haben. Huppertz hatte es bis in die Bundesliga geschafft, bei der HSG Blomberg-Lippe sogar im EHF Challenge Cup gespielt. Später stieg sie mit Borussia Dortmund in die oberste deutsche Spielklasse auf. Ihre Karriere endete im Jahr 2017. Was noch gar nicht so lange her ist. Und trotzdem hat sie kein Verlangen mehr nach diesem großartigen Sport.

Julia Huppertz im Tor des Handball-Bundesligisten Blomberg-Lippe gegen den HC Leipzig in der Saison 2008/2009.

Möglicherweise hat es auch etwas mit einer sehr unappetitlichen Geschichte zu tun, welche in den vergangenen Wochen und Monaten für viel Wirbel in der Handballszene gesorgt hat. Das Nachrichtenmagazin Spiegel hat Ende vergangenen Jahres in einem mehrseitigen Artikel über psychische Misshandlungen durch Handballtrainer André Fuhr an diversen Spielerinnen berichtet. Das machte auch Huppertz Mut, sich an die unabhängige Anlaufstelle bei Gewalt und Missbrauch im Spitzensport zu wenden. In einem späteren Artikel des Spiegel (Januar 2023) bekräftigte sie ihre Aussage. Sie sagt: „Durch den ersten Artikel ist auch in mir so viel von damals hochgekommen, wovon ich weiß.“ Fuhr war seinerzeit ihr Trainer in Blomberg gewesen. Dort seien Sätze wie „Halt die Fresse!“ an der Tagesordnung gewesen. Huppertz: „Ich habe gestandene Spielerinnen zusammenbrechen sehen.“ Sie selbst habe bei ihm keinen Vornamen gehabt: „Er hat mich immer nur Torwart gerufen.“

Heute sei sie sehr dankbar, dass die Vorfälle durch den Mut einiger Spielerinnen öffentlich gemacht worden seien: „Endlich ist es raus.“ Außer ihr hätten noch 40 bis 50 weitere Spielerinnen Kontakt zur Anlaufstelle bei Gewalt und Missbrauch im Spitzensport aufgenommen. Wohltuend für die in Mönchengladbach geborene sensible Frau, die ihre handballerische Zeit aber keinesfalls alleine auf die negativen Erfahrungen reduziert wissen möchte. Dafür gab es viel zu viele wunderbare sportliche Erlebnisse. Wozu unter die anderem die drei Regionalliga-Jahre bei der HGR gehörten („Das erste war das schönste“).

Inzwischen setzt sie andere Prioritäten. Im Beruf, aber auch im Ehrenamt. Seit 2012 ist sie Justizvollzugsbeamtin im Bergischen Land. Huppertz ist schon vor vielen Jahren nach Remscheid gezogen, wo sie ursprünglich als Physiotherapeutin arbeitete und zu der Zeit auch bei den Bergischen Panthern in der Verbandsliga beschäftigt war.

Mittlerweile engagiert sich Julia Huppertz ehrenamtlich für ein „Herzensprojekt“, wie sie es nennt. Hinter „found it =“ verbirgt sich ein Projekt, das Menschen mit Behinderung auf dem Weg in die Selbstständigkeit oder auf den ersten Arbeitsmarkt begleitet und unterstützt. „found it =“ hat seinen Sitz in Wuppertal und ist vornehmlich für das bergische Städtedreieck zuständig. Allerdings ist in Zukunft geplant, dass dies auf ganz NRW ausgeweitet werden soll. Die einstige Handballerin gehört dem Vorstand des Vereins an und sagt: „Es ist wichtig, dass Menschen mit Behinderung und mit ihren Besonderheiten eine Chance auf Inklusion und Integration erhalten, weil sie das Recht dazu haben.“ Und weiter: „Wir stehen für Chancengleichheit und Diversität. Bei den Behinderungen kann es sich sowohl um körperliche als auch um psychische Behinderungen handeln. Wir bieten innovative Konzepte und Beratungen an.“

Das waren Zeiten: Die Frauen der HG Remscheid mit Julia Huppertz (vordere Reihe., 2. v.r.).

Huppertz berichtet, wie sie auf „found it =“ aufmerksam geworden ist: Ich habe die Gründerin und 1. Vorsitzende kennengelernt, und daraus hat sich eine Freundschaft entwickelt.“ Als sie gefragt wurde, ob sie bei dem Projekt mitarbeiten möchte, musste sie nicht lange überlegen und gibt auch dort mit Leidenschaft alles. Wie früher schon beim Handball.

Zur Person

Julia Huppertz´ berufliche Laufbahn begann mit einer Ausbildungen zur Masseurin und medizinischen Bademeisterin sowie zur Physiotherapeutin. Von 2007 bis 2009 war sie Stipendiatin der Begabtenförderung des Bundesministeriums für Bildung und Forschung. In den Jahren 2005 bis 2008 spielte Julia Huppertz als Torhüterin in der Regionalliga bei der HG Remscheid, bevor ihre Karriere als Profihandballerin bei der HSG Blomberg-Lippe (damals noch ProVital Blomberg-Lippe) begann. Mit dem Team aus Ostwestfalen nahm sie 2008/2009 am EHF Challenge Cup teil.

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