American Football

Dorndorf: Vom Amboss-Coach zum Fan

Marcel Dorndorf bei der offiziellen Vorstellung des Trainerteams.
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Marcel Dorndorf bei der offiziellen Vorstellung des Trainerteams.

Interview der Woche mit dem Football-Trainer, der in Lüdenscheid eine neue Herausforderung gefunden hat.

Von Fabian Herzog

Eigentlich kaum vorstellbar, aber wahr: Nach 17 Jahren beim AFC Remscheid Amboss haben Sie sich dazu entschlossen, Ihr footballerisches „Wohnzimmer“ in Reinshagen zu verlassen und sich als Trainer der Offensive Line dem Landesliga-Aufsteiger Lüdenscheid Lightnings anzuschließen. Wie ist es dazu gekommen?

Marcel Dorndorf: Auch in Verbindung mit der Corona-Pandemie, die für ganz Football-NRW schwierig, weil nur schwer planbar war, habe ich die Sommerpause letztes Jahr dazu genutzt, um in mich zu gehen und zu entscheiden, wie es für mich weitergehen soll. Fest stand für mich schnell, dass ich beim Amboss aufhören möchte, weil die dünne Kadertiefe und sportliche Orientierung der nächsten Jahre nicht mit meinen Vorstellungen zusammengepasst haben. Zu diesem Zeitpunkt wollte ich die Saison vernünftig zu Ende bringen und danach ein Sabbat-Jahr machen, um wieder neue Kraft zu tanken.

Dann kam es aber anders.

Dorndorf: Mein Abgang hat sich relativ schnell herumgesprochen, so dass ich von einigen Vereinen angeschrieben wurde, ob ich mir vorstellen könnte, weiter zu coachen. So auch vom neuen Headcoach der Lüdenscheid Lightnings, Guido Zink. Mit ihm habe ich eine sportliche Vergangenheit, weil er 2006 in meiner ersten Saison mein Headcoach in Remscheid war. Über die Jahre hatten wir immer wieder Kontakt. Wir haben uns nach dem Ende der Saison unverbindlich getroffen, und er hat mir sehr viel über das Programm der Lightnings, das langfristige Konzept, Philosophie und den Vereinsstrukturen erzählt. Wenig später hatte ich noch ein Gespräch mit dem Präsidenten der Lightnings, Christoph Tremmel. Dort konnten dann die letzten Fragen beantwortet werden.

Dennoch dürfte einem Amboss-Urgestein wie Ihnen die Entscheidung nicht leichtgefallen sein.

Dorndorf: Natürlich trifft man eine solche Entscheidung, vor der ich großen Respekt hatte, nicht einfach so. Ich habe intensiv drüber nachgedacht, denn der Amboss ist Teil meines Lebens. Und auch wenn der Entschluss zu wechseln wehgetan hat, war er dringend notwendig. Es brauchte jetzt diesen Tapetenwechsel.

Können Sie genauer sagen, was gegen den Amboss sprach?

Dorndorf: Ganz konkret gesagt: die Trainingsbeteiligung. Als Coach der O-Line brauche ich immer mindestens fünf Spieler, um vernünftig arbeiten zu können. In letzter Zeit in Remscheid waren es meist aber nur zwei. Das hatte sicherlich auch viel mit Verletzungsproblemen zu tun, war aber dennoch frustrierend. Und ich habe einfach eine neue Herausforderung gesucht, wo ich bei Null anfangen konnte. Beim Amboss habe ich mit einige Spielern ja noch selbst auf dem Feld gestanden. Das ist dann schon kompliziert.

Als Amboss-Coach schaute Marcel Dorndorf seit 2018 ganz genau hin.

Wie sind Ihre ersten Eindrücke im neuen Umfeld?

Dorndorf: Ich bin sehr positiv überrascht. Nachdem man sich anfangs erstmal abgetastet hat, sind wir in der kurzen Zeit seit Anfang November zu einer sehr homogenen Einheit zusammengewachsen. Im Trainerteam haben wir schnell gemerkt, dass wir eine Sprache sprechen. Und der Kader ist mit rund 60 Spielern sehr breit aufgestellt. Ich habe alleine zwölf Mann unter meinen Fittichen. Das gibt einen gesunden Konkurrenzkampf, überfordert mich in der Trainingsgestaltung aber auch völlig (lacht).

Sie sind für den Mannschaftsteil zuständig, der dem Quarterback genug Zeit verschaffen soll, um seine Pässe anzubringen und Spielzüge zu initiieren. Erklären Sie doch mal, wo die Schwerpunkte der Trainingsarbeit liegen und Sie speziell ansetzen.

Dorndorf: Man fängt mit den Basics an und gibt den Spielern Werkzeuge an die Hand. Zum Beispiel trainieren wir, wie man sich am besten aufstellt, machen Blockübungen und erlernen verschiedene Techniken. Dadurch, dass wir in Lüdenscheid keine besonders schwere, sondern eine agile O-Line haben, gilt es, die fehlende Masse durch Geschwindigkeit und Technik zu kompensieren.

Welche kurz- und langfristigen Ziele verfolgen Sie mit den Lightnings, die vergangene Saison in der NRW-Liga souverän mit neun Siegen und einer Niederlage den Titel gewonnen haben?

Dorndorf: Man merkt, dass die Stadt Lüdenscheid hinter dem Football steht. Und der Verein, den es erst seit wenigen Jahren gibt, ist sehr gut aufgestellt. Mittelfristig ist die Regionalliga das Ziel, grundsätzlich geht es aber darum, stetig zu wachsen. Kurzfristig peilen wir schon den Durchmarsch in die Verbandsliga an, auch wenn wir wissen, dass das kein Selbstläufer ist. Wir müssen uns in jeder Trainingseinheit den Hintern aufreißen.

Als Spieler stand Dorndorf – vor seiner Magen-Bypass-Operation – in der O-Line seinen Mann.

Zurück noch einmal zum Amboss: Mit welchem Gefühl haben Sie Ihren Herzensverein verlassen?

Dorndorf: Dem Amboss bin ich für die vergangenen fast 17 Jahre extrem dankbar und werde ihn auch weiterhin unterstützen, ab jetzt dann aber nur noch verbal von der Tribüne.

Und wenn es irgendwann dann mal zum direkten Duell in Reinshagen kommen sollte?

Dorndorf: Puh, also der Gedanke, dann auf der anderen Seite des Feldes zu stehen, gefällt mir ehrlich gesagt nicht.

Zur Person

Marcel Dorndorf wurde am 22. Juli 1985 in Wermelskirchen geboren. Zunächst spielte er Fußball (TS Struck) und Basketball (Remscheider SV), was ihn jedoch nicht restlos begeisterte. Das änderte sich 2006, als Dorndorf zum Amboss kam und die Football-Leidenschaft entdeckte. In Reinshagen machte er als Spieler manche Höhen und Tiefen mit, übernahm 2015 schon parallel eine Jugendmannschaft und wechselte nach dem Ende der aktiven Karriere und einer kurzen Pause 2019 in den Trainerstab der Senioren. Zwei Jahre zuvor hatte er sein Leben gravierend verändert: Durch eine Magen-Bypass-Operation und großen Ehrgeiz nahm er über 120 Kilogramm ab. Als neues Hobby hat er die Megamärsche für sich entdeckt.

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