Im Gespräch

Leiter der Unteren Landschaftsbehörde: „Stets wachsam bleiben“

Bernhard Fleischer ist Leiter der Unteren Landschaftsbehörde im Rheinisch-Bergischen Kreis.
+
Bernhard Fleischer ist Leiter der Unteren Landschaftsbehörde im Rheinisch-Bergischen Kreis.

Bernhard Fleischer, Leiter der Unteren Landschaftsbehörde im Kreis.

Von Wolfgang Weitzdörfer

Herr Fleischer, können Sie kurz die Geschichte der Dhünn-Talsperre erzählen?

Bernhard Fleischer: Erste Pläne zum Bau einer großen Trinkwassertalsperre im Tag der Dhünn gehen auf das Jahr 1941 zurück. Mit der Dhünn-Talsperre, heute: Vorsperre Große Dhünn, wurde 1962 ein erster Baustein umgesetzt. Zwischen 1975 und 1985 baute der Wupperverband dann die heutige Große Dhünn-Talsperre. Sie ging – inklusive aller dazugehörigen Leitungen und Aufbereitungsanlagen – 1988 in Betrieb.

Welche Bedeutung hat die Dhünn-Talsperre für die Region?

Fleischer: Die Große Dhünn-Talsperre ist die größte Trinkwassertalsperre im Wuppergebiet und gehört zu den größten in Deutschland. Sie ist ein wichtiges Standbein in der Wasserversorgung der Region. Sie leistet außerdem Hochwasserschutz und dient der Wasserabgabe an den Unterlauf der Dhünn in Trockenzeiten. Und nicht zuletzt ist sie zu einem Naturparadies für viele zum Teil seltene Tier- und Pflanzenarten geworden. Die Menschen können auf dem umfangreichen Wanderwegenetz die herrliche Landschaft genießen. Die Talsperre ist von einem Wasserschutzgebiet umgeben. Die besonders sensible „Schutzzone 1“ rund um die Talsperre darf nicht betreten werden, damit der kostbare Wasserschutz und auch die sensible Flora und Fauna geschützt sind.

Gilt das für alle Talsperren im Umland?

Fleischer: Eine solche Wasserschutzzone gibt es nur an Trinkwassertalsperren.

Wer kümmert sich um den Unterhalt der Dhünn-Talsperre?

Fleischer: Der Wupperverband ist Eigentümer und Betreiber der Großen Dhünn-Talsperre.

Ist die Große Dhünn-Talsperre das größte Naturschutzgebiet im Wermelskirchener Umfeld?

Fleischer: Das Naturschutzgebiet „Große Dhünn-Talsperre“ erstreckt sich auf Gebiete der Stadt Wermelskirchen, sowie der Gemeinden Kürten und Odenthal. Im Bereich der Stadt Wermelskirchen liegt allerdings der größte Flächenanteil dieses Naturschutzgebietes. Das Naturschutzgebiet „Eifgenbachtal“ – vom Quellbereich im Nordosten bis zur Mündung in die Dhünn im Südwesten, welches sich einschließlich seiner Nebensiefen über eine deutlich größere Fläche erstreckt – ist tatsächlich das größte Naturschutzgebiet in Wermelskirchen.

Welche anderen Naturschutzgebiete gibt es im Rheinisch-Bergischen Kreis?

Fleischer: Im Kreisgebiet gibt es insgesamt 69 Naturschutzgebiete. Das kleinste liegt in der Gemeinde Kürten mit etwa 5000 Quadratmetern Fläche. Das größte ist der Königsforst in Bergisch Gladbach, Overath und Rösrath mit einer Fläche von rund 1570 Hektar. Bei den kleinsten Wermelskirchener Naturschutzgebieten handelt es sich um das „Eschbachtal“ und den „Heintjeshammer“ (rund fünf sowie 6,5 Hektar), das größte ist das „Eifgenbachtal“ mit einer Fläche von mehr als 400 Hektar.

Wie und wodurch wird ein Gelände eigentlich zum Naturschutzgebiet?

Fleischer: Naturschutzgebiete werden in der Regel in Landschaftsplänen festgesetzt. Landschaftspläne sind von den Kreisen und kreisfreien Städten flächendeckend aufzustellen und regelmäßig zu aktualisieren. Sie werden vom Kreistag als Träger der Landschaftsplanung beschlossen und von der unteren Naturschutzbehörde erarbeitet. Die Kriterien zur Festsetzung von Naturschutzgebieten sind vielfältig und im Bundesnaturschutzgesetz festgelegt. Bei Naturschutzgebieten handelt es sich beispielsweise um Lebensstätten, Biotope oder Lebensgemeinschaften bestimmter Tier- und Pflanzenarten, die es zu erhalten, zu entwickeln oder wiederherzustellen gilt. Die Festsetzung erfolgt etwa aus wissenschaftlichen, naturgeschichtlichen oder landeskundlichen Gründen. Seltenheit, Eigenart oder hervorragenden Schönheit der Natur und Landschaft können auch Kriterien sein. In den meisten Fällen treffen mehrere dieser Schutzkriterien auf unsere Naturschutzgebiete zu.

Welchen Sinn hat ein Naturschutzgebiet grundsätzlich?

Fleischer: Naturschutzgebiete werden ausgewiesen zum besonderen Schutz von Teilen der Natur und Landschaft. Sie dienen vor allem dazu, natürliche oder zumindest naturnahe Lebensräume zu erhalten oder wiederherzustellen. Damit dienen sie auch der Erhaltung und dem Schutz der dort wildlebenden Tier- und Pflanzenarten. Sie sichern „Natur und Landschaft“ als Lebensgrundlage des Menschen.

Sollte es, Ihrer Meinung nach, mehr Naturschutzgebiete im Kreis geben?

Fleischer: Der Rheinisch-Bergische Kreis verfügt über eine flächendeckende Landschaftsplanung, so dass zunächst einmal davon ausgegangen werden kann, dass die wertvollsten Bestandteile und Gebiete unserer rheinisch-bergischen Heimat aktuell als Landschafts- oder Naturschutzgebiete gesichert sind. Gleichwohl gilt es, auf äußere Umstände und nicht vorhersehbare Ereignisse zu reagieren, wie beispielsweise auf den Klimawandel und dessen bereits heute deutlich sicht- und spürbaren Auswirkungen auf die Natur, auf die Landschaft und auf den Menschen. Wer hätte noch vor ein paar Jahren gedacht, dass es im Jahr 2023 im Rheinisch-Bergischen Kreis nahezu keine Fichtenwälder mehr geben würde, dass unsere Buchenwälder derart leiden würden oder dass kleinere Bachläufe und Kleingewässer im Sommer zeitweise trockenfallen würden, andererseits aber Starkregen und eine katastrophale Sturzflut 2021 immense materielle Schäden und sogar Schäden an Leib und Leben anrichten würden? Neben vielen weiteren Kriterien sind auch dies Gründe, stets wachsam zu bleiben und die Schutzgebietsfestsetzungen regelmäßig zu überprüfen und zu aktualisieren, sodass dieser Prozess nicht abgeschlossen sein kann.

Was passiert, wenn ein Naturschutzgebiet zerstört wird – etwa durch ein Hochwasser wie 2021?

Fleischer: Bei Naturschutzgebieten handelt es sich ja um Bereiche, die sich durch ihre Natürlichkeit und eine gewisse Dynamik auszeichnen, so dass Hochwasserereignisse tatsächlich am Naturschutzgebiet selbst in der Regel keine nachhaltigen Schäden verursachen können, vielleicht abgesehen von kurzzeitigen, schädlichen Stoffeinträgen, die sich selbstverständlich negativ insbesondere auf die natürliche Fauna auswirken können. Materielle Schäden in den Naturschutzgebieten sind allerdings möglich an baulichen Anlagen wie Brücken oder querenden Wege- und Straßenflächen. Diese gilt es dann natürlich zu ertüchtigen. Die Natur selbst erobert sich ihren Lebensraum von allein zurück! Und die Verlagerung eines Bachlaufes im Bereich seiner Aue durch Erosion, Mäanderbildung, Abbrüchen am Prallhang, Bildung von Steilwänden und dergleichen bietet Pflanzen und Tieren sogar wertvolle, seltene und neue Lebensräume die von spezialisierten Arten gerne angenommen werden.

Wie aufwendig ist der Unterhalt von Naturschutzgebieten – und wer kümmert sich darum?

Fleischer: Um die Umsetzung von Naturschutzmaßnahmen in Naturschutzgebieten kümmert sich insbesondere die Biologische Station Rhein-Berg. Üblicherweise werden dazu vertragliche Vereinbarungen mit den Grundstückseigentümern oder den Bewirtschaftenden abgeschlossen. Maßnahmen in Naturschutzgebieten sind oft aufwendig und bedürfen eines sensiblen Vorgehens, um keinen Schaden anzurichten oder negative Störungen zu verursachen. Beispielsweise arbeitet die Biologische Station aktuell in Kooperation mit dem Wupperverband daran, wertvolle Feuchtbereiche an der Großen Dhünn-Talsperre mit speziell geeigneten Exmoor-Ponys zu pflegen. Ein wichtiges Thema ist die Einhaltung von „Verhaltensregeln“ in den Naturschutzgebieten. Neben den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der unteren Naturschutzbehörde beschäftigen sich auch ehrenamtliche Naturschutzwarte mit dem Thema. Gerade seit Beginn der Corona-Zeiten ist in einigen Naturschutzgebieten eine verstärkte Aufklärung vor Ort vonnöten, da sensible und störungsempfindliche Flächen von Erholungssuchenden ohne jede Rücksichtnahme und Sensibilität für die Belange der Natur massiv überrannt werden. Um eine bessere Einhaltung von Regeln in den sensiblen Naturschutzbereichen zu erreichen arbeitet der Rheinisch-Bergische Kreis in Kooperation mit dem Regionalforstamt Bergisches Land gerade daran, auch hauptamtliche Ranger in den Schutzgebieten einsetzen zu können.

Könnten mehr Naturschutzgebiete dem Klimawandel effektiv entgegenwirken?

Fleischer: Naturschutzgebiete leisten auf vielfältige Art und Weise die wertvollsten Beiträge zur Bewältigung der Klimawandelfolgen und wirken dem Klimawandel bestmöglich entgegen. Ähnlich wertvoll sind jedoch auch unsere Landschaftsschutzgebiete mit ihrer Erholungsfunktion und jede Freifläche die dem Oberbegriff „Natur und Landschaft“ zuzuordnen ist. All diese Bereiche speichern je nach Ausstattung mit natürlichen Elementen CO2 und Wasser, bilden Sauerstoff, bieten Schatten, produzieren Frisch- und Kaltluft, transportieren die Frisch- und Kaltluft in die Siedlungen und Städte und dienen somit letztlich der Gesundheit des Menschen. Insofern ist nicht nur die Quantität unserer Schutzgebiete von entscheidender Bedeutung, sondern insbesondere auch deren Qualität. Es gilt demnach insbesondere die natürlichen Landschaften und Landschaftsteile zu schützen und zu bewahren sowie benachteiligte Bereiche zu entwickeln oder wiederherzustellen, um deren positive Wirkungen zu optimieren.

Kontakt

Die Untere Landschaftsbehörde kümmert sich auf Kreisebene um die Themen Natur- und Landschaftsschutz. Ihr Leiter ist Bernhard Fleischer. Die Untere Landschaftsbehörde hat ihren Sitz in Bergisch Gladbach, und ist erreichbar unter Tel. 0 22 02 130.

www.rbk.direkt.de

Unsere News per Mail

Nach der Registrierung erhalten Sie eine E-Mail mit einem Bestätigungslink. Erst mit Anklicken dieses Links ist die Anmeldung abgeschlossen. Ihre Einwilligung zum Erhalt des Newsletters können Sie jederzeit über einen Link am Ende jeder E-Mail widerrufen.

Die mit Stern (*) markierten Felder sind Pflichtfelder.

Meistgelesen

Nico Legat will seine Treue beweisen
Nico Legat will seine Treue beweisen
Nico Legat will seine Treue beweisen
Schuhhaus Schnütgen schließt in Kürze
Schuhhaus Schnütgen schließt in Kürze
Schuhhaus Schnütgen schließt in Kürze
Sekundarschule verbietet Jogginghosen
Sekundarschule verbietet Jogginghosen
Sekundarschule verbietet Jogginghosen
Verbot von Jogginghose in Schule: Das sagen Knigge-Gesellschaft und Modedesigner
Verbot von Jogginghose in Schule: Das sagen Knigge-Gesellschaft und Modedesigner
Verbot von Jogginghose in Schule: Das sagen Knigge-Gesellschaft und Modedesigner

Kommentare