Anschluss
Sie lebt seit sechs Monaten ohne Telefon
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Manuela Winterhagen wartet seit September darauf, dass die Telekom ihren Anschluss in Ordnung bringt.
Von Heike Magnitz
Manuela Winterhagen wohnt schlichtweg traumhaft. In einem ehemaligen Raucherhaus im Naturschutzgebiet ganz nah an der Dhünn zwischen Odenthal-Schöllerhof und Wermelskirchen-In der Aue. Das Raucherhaus ist ein ebenerdiges, altes Wirtschaftsgebäude, es gehörte zu den Pulvermühlen im Dhünntal und war das einzige Gebäude, in dem die Arbeiter in den Pulvermühlen rauchen durften.
Laut Postleitzahl wohnt Manuela Winterhagen in Odenthal, aber ihre Telefonvorwahl gehört zu Wermelskirchen. Wer sie besuchen will, muss über einen Wirtschaftsweg fahren, die wenigen Nachbarn leben einige Hundert Meter entfernt. Manuela Winterhagen wohnt eigentlich schon immer dort. Zuerst zusammen mit ihrer Mutter, die sie lange Zeit gepflegt hat, jetzt mit ihrem Hund. „Das hier ist mein Zuhause, hier möchte ich niemals weg. Es ist mein Haus, aber es ist auch ein unvergleichlich schöner Ort.“
Aber das „Dableiben“ wird für sie immer schwieriger. Manuela Winterhagen ist krebskrank, wurde mehrmals operiert. Und wenn sie das Haus verlassen will, ist sie auf den Rollator angewiesen.
Trotz ihrer Krankheit so abgeschieden zu leben, macht ihr indes nichts aus: „Die Nachbarn sind nett und hilfsbereit und grundsätzlich für mich da.“ Was ihr das Leben aber seit Ende September letzten Jahres richtig schwer macht, ist, dass die Telekom es nicht schafft, ihren Telefonanschluss in Ordnung zu bringen. Probleme mit oberirdisch verlegten Telefonleitungen kennen viele Menschen in den Außenlagen von Wermelskirchen. Immer wieder werden sie vom Sturm oder von Landwirtschaftsfahrzeugen abgerissen, es kommt zu Störungen – und die Telekom flickt.
So war es bisher auch im Dhünntal. Doch diesmal sollte ein Teil der Leitung unterirdisch verlegt werden. Und von da an jagte ein Problem das nächste: Mal ging es um Eigentumsrechte, mal um technische Schwierigkeiten wegen schlechter Witterung oder wechselnder Baufirmen oder plötzlich neu auftauchender Probleme, wie zum Beispiel Schäden durch einen Blitzeinschlag. Für Manuela Winterhagen deshalb tragisch, weil sie im Dhünntal auch keinen Handyempfang hat, das Netz ist zu schwach: „ Wenn ich telefonieren will, muss ich mit meinem Rollator raus auf die Wiese. Wenn es mir gut geht, mach ich das auch bei schlechtem Wetter. Aber es gibt auch Tage, da schaffe ich das nicht.“An ganz schlechten Tagen kann es auch passieren, dass sie stürzt und Hilfe braucht. Und ohne Telefon kann sie sich keine Hilfe holen.
„Das ist für mich eine albtraumhafte Vorstellung. Kurz nach Weihnachten ist dann auch genau das passiert: Ich bin hingefallen, kam nicht mehr hoch und habe dann laut um Hilfe geschrien. Zum Glück haben mich Spaziergänger gehört.“
Andere Menschen in ihrer Situation haben einen Hausnotruf, der kommt für sie aber nicht infrage, weil er nur über das Handynetz funktioniert. Und das ist im Dhünntal unzuverlässig.„Ich müsste mir eine Satellitenanlage aufs Dach setzen lassen, das hat einer meiner Nachbarn auch gemacht, aber dafür habe ich definitiv kein Geld.“ Was ihr bleibt, ist eine endlose, zermürbende Kommunikation mit der Telekom, die teilweise groteske Züge annimmt: „Da will mich jemand von der Telekom anrufen, um mit mir Termine abzusprechen, und dann kommen Beschwerden, weil ich telefonisch nicht erreichbar bin, das ist doch absurd. Und dann immer wieder diese Vertröstungen: Wir kümmern uns, es tut uns leid. Oder: In der Kalenderwoche 5 werden wir den Fehler ganz bestimmt behoben haben. Das ist ja schon wieder Wochen her.“
Auf WGA-Nachfrage teilte die Telekom zum Fall mit: „Die oberirdische Linie wurde mittlerweile entstört, in diesem Zusammenhang wurden weitere Fehler im Tiefbau gemessen.“
Grund der Verzögerung seien „leider auch umfangreiche Baumaßnahmen, unter anderem im öffentlichen Straßenraum, die mit dazu notwendigen Genehmigungen verbunden“ seien. Ersatzschaltmaßnahmen seien bei dem Anschluss von Manuela Winterhagen nicht möglich gewesen. Man würde sich melden, wenn die Kundin wieder am Netz sei, teilte ein Telekom-Sprecher mit. Geschehen ist das bisher aber nicht.
Auf die Bitte, ob die Telekom ihr nicht ein Walkie-Talkie zur Verfügung stellen könnte, über das sie im Notfall ihre Nachbarn kontaktieren könnte, kam an Manuela Winterhagen auch keine Antwort. „Und die Krönung war, als mir eine Dame von der Telekom empfohlen hat, ich sollte doch einfach umziehen. Das war für mich so verletzend, da fehlen mir die Worte.“
Manuela fühlt sich komplett ohnmächtig, im Stich gelassen. „Manchmal habe ich das Gefühl, die Telekom drückt mich absichtlich weg, wenn ich versuche, über mein Handy dort anzurufen. Ich weiß, dass es auch mit funktionierendem Telefonnetz eine langen Atem braucht, um bei der Telekom durchzukommen, aber ich kann ja auch nicht stundenlang mit meinem Rollator auf der Wiese stehen, das schaffe ich körperlich nicht. Und das schaffe ich vor allem nicht bei der aktuellen Witterung.“
Die Telekom melde sich zwar immer wieder mal per SMS oder E-Mail, es würden auch schon mal Techniker vorbeischauen, sich die Leitungen ansehen und „irgendwas machen“, aber Grund zur Hoffnung sei das für sie nicht: „Bisher waren es alles nur leere Versprechungen. Auf jeden Fortschritt folgte ein Rückschritt, ein neues Problem. Einfach unfassbar, dass es da keine Lösung für mich geben soll, außer mir eine neue Wohnung zu suchen. Das ist doch der reinste Hohn.“
Ortsteil
Schöllerhof ist ein Ortsteil der Gemeinde Odenthal. Er liegt am Einlauf des Eifgenbachs in die Dhünn am Ende des Helenentals nordöstlich von Altenberg. Das Haus von Manuela Winterhager liegt genau an der Ortsgrenze zu Wermelskirchen.
Standpunkt von Anja Carolina Siebel: Schlechter Service
Dass es zu Störungen im Telefon- und Kommunikationsnetz kommen kann – geschenkt. Natürlich kann das immer vorkommen; vor allem dann, wenn man wie Manuela Winterhagen eher in einem entlegenen Gebiet wohnt. Dass ein Kommunikationsunternehmen wie die Telekom derart unkommunikativ reagiert, sollte allerdings nicht sein. Seit Monaten ist die an diversen Erkrankungen leidende Frau nun ohne vernünftige Kommunikation, was in ihrem konkreten Fall sogar Gefahr für Leib und Leben bedeutet. Ihr zu empfehlen, umzuziehen, das obliegt vielleicht Angehörigen und Freunden, nicht aber einem Unternehmen wie der Telekom.
Das sollte dafür zuständig sein, Fehler im Kommunikationsnetz zu beheben. Und wenn das nicht direkt gelingt, zumindest ständig mit der Betroffenen in Kontakt zu sein, und sie über den neuesten Stand informieren oder ihr Alternativen anbieten. Ganz schlechter Service.