Prozess
„Man muss uns aus dem Verkehr ziehen“
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Ein Zeuge berichtet im Prozess gegen Marcus R. von gemeinsamen Taten.
Von Claudia Hauser
Der Zeuge schwärmt in Saal 7 des Kölner Landgerichts geradezu von einem Wiedersehen mit dem Angeklagten Marcus R. im Jahr 2017 nach mehr als zehn Jahren Funkstille: „Wir konnten da anknüpfen, wo wir vor einigen Jahren aufgehört hatten“, sagt Klaus K. Was nach Freundschaft klingt, war das ungute Aufeinandertreffen zweier Gleichgesinnter mit dem einzigen Ziel, Kinder sexuell zu missbrauchen, massenhaft Bilder- und Videomaterial zu tauschen und sich in ihren Fantasien gemeinsam hochzuschaukeln. Klaus K. kommt am Dienstag begleitet von Justizwachtmeistern ins Gericht. Der 39-Jährige sitzt gerade eine mehrjährige Haftstrafe ab, weil er unter anderem einen 14-jährigen Jungen schwer sexuell missbraucht hat – allein, aber auch zusammen mit Marcus R.
Dem Wermelskirchener Marcus R. werden in dem Prozess insgesamt 122 Taten in der Zeit zwischen 2005 und 2019 zur Last gelegt, die er im Prozess alle gestanden hat. Dazu zählen viele schwere Fälle sexualisierter Gewalt gegen Kinder. Das jüngste Opfer war ein vier Wochen altes Mädchen.
Zeuge hatte Angeklagten im Internet kennengelernt
Der Zeuge Klaus K. hat den Angeklagten „im Internet kennengelernt“, wie er sagt. Das Leben als Mensch mit pädophiler Neigung sei oft einsam, sagt K. „Da ist man froh, wenn man einen Gleichgesinnten gefunden hat.“ Der erfahrene IT-Experte Marcus R. habe ihm dabei geholfen, Dateien zu verschlüsseln. R. sei weitaus vorsichtiger gewesen als er selbst, sagt der Lkw-Fahrer. Noch nicht einmal den richtigen Vornamen habe er von R. gewusst. Aber dass der auf sehr junge Kinder stehe.
Keine Bedenken hatte Klaus K. offenbar bei dem 14-jährigen Sohn eines Kollegen, dem er Geld gegen Sex bot. „Ich hab‘ mir gedacht, wenn man den bezahlt, wird der schon die Klappe halten“, sagt K. Der Junge ließ sich auch auf ein Treffen zu dritt ein – mit dem Geld, das er von K. bekam, habe er sich irgendwann einen Hund kaufen wollen, erzählt K. Doch die 200 Euro, die die Männer dem Jungen versprochen hatten, bekam er nicht.
Klaus K. berichtet fast stolz, wie loyal er als Freund gewesen sei. Hätte er den Namen von Markus R. preisgegeben, wäre R. vermutlich viel früher ins Visier der Ermittler geraten. Seine eigene erste Strafe, eineinhalb Jahre Haft, ausgesetzt zur Bewährung, habe ihn nicht besonders beeindruckt, erzählt K.. „Ich habe mich darüber lustig gemacht, dass sie mich haben gehen lassen.“ Heute glaube er: „Man muss uns aus dem Verkehr ziehen, damit wir auch mal einen anderen Blick auf die Dinge bekommen.“
Der Prozess wird im Januar fortgesetzt, ein Urteil wird Ende Februar erwartet.