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Kleiderkreisel im Bahndamm kommt an
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Zum ersten Mal richtete das AJZ Bahndamm am Samstag die Börse aus – die 20 Tische waren schnell vergeben.
Von Theresa Demski
Wermelskirchen. Eileen Seifert streicht fast ein bisschen ehrfürchtig über die schwarze Lederimititatjacke. „Sie hat ein bisschen nach mir gerufen“, sagt die Wermelskirchenerin dann und lacht. Auf der anderen Seite des Tisches steht als Verkäuferin Bianca Schmincke. Die Jacke hat mal ihrem Mann gehört. Aber gemeinsam haben die Eheleute Schmincke in den vergangenen Tagen den heimischen Kleiderschrank durchgesehen und aussortiert.
Und dabei ist die schwarze Jacke einfach mal im Karton gelandet. „Ich glaube auch: Sie ruft nach dir“, sagt Bianca Schmincke. Und die beiden Frauen lachen gut gelaunt. Bevor Eileen Seifert allerdings die Entscheidung für die Jacke trifft, will sie noch eine Runde durch die Räume des AJZ Bahndamm drehen, kündigt sie an – und verabschiedet sich dann erst einmal von der Jacke, um an den anderen Tischen vorbeizuschlendern.
Keine fünf Minuten später ist sie wieder da, übergibt ein paar Euro und schlüpft in die Jacke. „Die ist aber auch wirklich wie für dich gemacht“, stellt Bianca Schmincke noch fest und lässt die für sie alte Jacke dann ziehen. Eileen Seifert behält das gute Stück gleich an: „Sie ist schon eingetragen, das fühlt sich gut an“, sagt sie, „und ich mag diesen Used-Look, den nur das Leben selber schaffen kann.“
Und dann erzählt sie, dass sie gerne mal auf Trödelmärkten unterwegs ist: „Wegwerfen – davon halte ich nichts“, sagt sie noch.
Darin ist sie sich am Samstagnachmittag mit den meisten Besuchern im AJZ Bahndamm einig. Zum ersten Mal hatte dort ein Team um Sabrina Herbst zum Kleiderkreisel eingeladen. „Die 20 Tische waren schnell weg, nachdem wir die Ausschreibung veröffentlicht hatten“, erzählte die Veranstalterin. Die Resonanz auf den Kleiderkreisel sei riesig gewesen, die Warteliste auch. „Eine Bestätigung für unsere Idee“, sagte Sabrina Herbst.
Die entstand vor allem aus dem Wunsch, möglichst nachhaltig zu denken. „Natürlich hat das hier auch eine politische Dimension“, sagte Sabrina Herbst am Samstag, „deswegen passt diese Idee auch so gut zu uns in den Bahndamm.“
Secondhand statt Wegwerfgesellschaft. Geld sparen statt verprassen. Und dabei noch einen guten Zweck im Blick haben: Denn die Standgebühr, über deren Höhe die Teilnehmer selber entscheiden konnten, fließt komplett in den Topf der Hilfsorganisation Cadus, die in Krisengebieten wie im Irak und Syrien medizinische Nothilfe leistet.
Und nicht nur die Standgebühr landet in der Spendendose: Der ein oder andere Verkäufer gibt auch Teile des Erlöses weiter für die Hilfsorganisation. Sabrina Herbst überließ den Kunden an ihrem Tisch zum Beispiel selbst die Entscheidung, was diese für die bei ihr gekaufte Kleidung zahlten – und steckte das Geld dann in die Dose. Andere teilten den Erlös oder sammelten ein paar Euro für die heimische Haushaltskasse. Getauscht wurde eher selten – höchstens mal untereinander.
Die Gastgeber freuten sich am Samstag über die Resonanz der neuen Veranstaltung. „Ich glaube, wir haben auch dadurch ein paar Besucher angelockt, dass wir den Backstagebereich geöffnet haben“, sagte Sabrina Herbst und lacht.
Dort sei das Bahndamm-Publikum schließlich eher selten unterwegs: Am Samstag hatten gleich drei der Tische, die alle von der Kattwinkelschen Fabrik zur Verfügung gestellt worden waren, im ersten Stock ihren Platz gefunden.
Besucherin fand die Veranstaltung bei Facebook
Dort sah sich auch Janine Grabowski mit ihrem Mann und ihrem zweijährigen Sohn um. „Ich habe schon viel mehr gekauft als ich wollte“, erzählte sie gut gelaunt. Sie komme mit ihrer Familie aus Leverkusen, sei zum ersten Mal im Bahndamm. „Ich habe die Veranstaltung bei Facebook gefunden“, erzählte sie, „so ein Glück.“
Wenn sie sich etwas wünsche dürfe? „Noch mehr Kleidung für Kinder“, sagte sie und griff zu einer Jacke für ihren Sohn. Auf Kinderkleidung hatten viele der Händler erstmal verzichtet – wohl auch, weil sie schlecht einschätzen konnten, welches Publikum beim Kleiderkreisel im Bahndamm sein würde. Viele Frauen waren am Samstag unterwegs – sowohl vor als auch hinter den Tischen. Dazu kamen am Abend aber auch immer mehr Männer. „Insgesamt ist es total bunt geworden“, resümierte Sabrina Herbst begeistert und blickte sich um: „Viele verschiedene Kleidungsstile, Farben und Größen.“
Dort, wo eigentlich die Musiker im Einsatz sind, hatten am Samstagnachmittag Karolina Targanska und Sascha Kretschmer ihren Tisch aufgebaut. „Unser erster Trödel“, erzählten die beiden. Sonst würden sie höchstens mal was bei Ebay verkaufen. „Aber wir gehen gerne in den Bahndamm“, sagten die beiden, „da passt das heute einfach perfekt.“ Das Publikum sei super, befanden sie.
Ab 22 Uhr am späten Samstagabend wurden die Tische im Bahndamm dann zur Seite geschoben, die Kneipe öffnete ihre Pforten. Sabrina Herbst lachte: „Eine super Gelegenheit, um die neue Kleidung jetzt schon auf die Tanzfläche zu bringen.“
Hintergrund
Neuauflage: Weil das Interesse an einem Tisch beim ersten Kleiderkreisel im Bahndamm bei den Wermelskirchenern und Menschen aus der Region so groß war, soll es eine Fortsetzung des Projekts geben. „Schon im Sommer“, kündigte Sabrina Herbst am Samstag an. Die zweite Auflage wurde bei der Premiere auch gleich von vielen Besucherinnen und Besucher nachgefragt.