Ehrung

Klaus Junge zog es immer zum Beckenrand

Reisen statt Vorstandsarbeit: Auf der Weltkarte im Flur bei Klaus und Uschi Junge markieren unzählige Nadeln die Urlaubsziele des Paares in der ganzen Welt.
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Reisen statt Vorstandsarbeit: Auf der Weltkarte im Flur bei Klaus und Uschi Junge markieren unzählige Nadeln die Urlaubsziele des Paares in der ganzen Welt.

Ehrennadel des Kreises für langjährigen Sportfunktionär.

Von Theresa Demski

Wermelskirchen. Wenn die Kinder damals beim Wettkampf auf dem Startblock standen, dann tummelten sich auf der Tribüne die Eltern. Es gab Kuchen, manchmal auch ein Glas Sekt. Die Stimmung war bestens. „Aber mich hat es immer eher zum Beckenrand gezogen“, sagt Klaus Junge. Hier fühlte er sich wohl – Stoppuhr statt Kuchen und ganz nah am Geschehen.

Das erinnerte ihn dann auch ein bisschen an seine eigene Jugend. „Wir waren damals nicht im Verein“, erzählt er, „das kostete ja Geld.“ Aber wenn die Vereine das Lenneper Stadion verlassen hatten, dann trat er mit seinen Kumpels zum Laufen und zum Weitsprung an. „Später kam die Schwimmerei dazu“, erzählt er. Dreimal in der Woche traf er sich mit seinen Freunden im Schwimmbad in Lennep.

Als seine Tochter Jahrzehnte später nach dem Seepferdchen sicher schwimmen lernen sollte, standen Klaus und Uschi Junge beim WTV in Wermelskirchen vor der Tür. „Damals gab es noch keine Wartelisten“, sagt Junge. Aber Ehrenamtliche wurden trotzdem schon händeringend gesucht. Und so holte Familie Riedesel Klaus Junge irgendwann von der Tribüne und bat ihn, Kampfrichter zu werden. Seine Antwort: „Na, wenn das nicht zu viel Arbeit ist.“ Heute lacht er, wenn er diese Worte wiederholt. Denn in den nächsten Jahrzehnten sollte ihn der ehrenamtliche Einsatz für den WTV noch viel Zeit und gelegentlich auch Nerven kosten.

Er sprang bei den Stadtmeisterschaften im Schwimmen ein, die der WTV für die Stadt ausrichtete und brachte die Schreibmaschine aus seinem Büro in der Bank mit, um Urkunden und Ergebnisse abzutippen. 1985 wurde er Abteilungsleiter der Schwimmabteilung im WTV. Der Vereinsvorstand bat ihn, Beisitzer zu werden. Junge sagte zu. Im März 1990 wählten ihn die Mitglieder zum Vorsitzenden.

Warum er damals „Ja“ gesagt habe? „Meine Frau und mich haben immer die Kinder motiviert, die lachend und glücklich aus dem Wasser kletterten, vom Feld kamen oder strahlend Urkunden bekamen“, sagt er, „es war unser Beitrag für das sportliche Miteinander in der Stadt.“

Es stellte sich allerdings heraus: Es waren stürmische Zeiten, in denen Junge das Ruder übernommen hatte – nicht nur, weil er selbst beruflich noch stark im Bankenwesen eingebunden war, sondern auch, weil der WTV um seine Existenz kämpfte. „Wir haben ordentlich gekämpft und am Ende einen Neustart hingelegt“, sagt er, „der Verein hat überlebt.“

Aber Junge hatte Federn gelassen. 1994 trat er zurück. Seine Frau leitete inzwischen die Schwimmabteilung, Junge begleitete das Vereinsgeschehen aus der zweiten Reihe. Bis 2003. Damals stellte er sich doch noch mal zur Wahl. „Und es waren gute Jahre“, sagt er heute, „eine gute, harmonische Zeit.“

Der WTV wuchs, knackte die Mitgliederzahl von 1300 und schließlich von 1500 Sportlern. Die 150-Jahr-Feier ging in die Vereinsgeschichte ein. „Und dann fängt man an, darüber nachzudenken, wer mal weitermachen kann“, sagt Junge. Der WTV und das Sportleben, gelegentlicher Zwist zwischen den Abteilungen, Verhandlungen mit der Stadt: „Das hatte mich lange genug beschäftigt“, sagt er. 2016 trat er nicht mehr zur Wahl an. Anne Ueberholz übernahm das Ruder. Aber vom Beine hochlegen wollte Junge nichts wissen: Er engagierte sich seit Mitte der 70er Jahre im Stiftungsrat der Wilhelm-Paschmann-Stiftung in Remscheid und setzte sich für die Rehabilitation für Suchtkranke ein.

Und irgendwie schien er auch mit dem Einsatz für den Sport noch nicht abgeschlossen zu haben: Als man ihn ein Jahr später bat, Vorsitzender des Stadtsportverbandes zu werden, sagte er zu. „Ich hatte den Eindruck, noch etwas bewegen zu können“, sagt er. Zwei Legislaturperioden wollte er bleiben, wegen der Pandemie hängte er schließlich noch eine dran – bis 2022. „Es war an der Zeit“, sagt der heute 78-Jährige.

Inzwischen geht er mit seiner Frau und einer Gruppe im Haus der Begegnung einmal in der Woche Walken. „Für Sport hatte ich bisher keine Zeit“, sagt er und grinst, „ich habe Sport treiben lassen.“ Er kümmert sich um Haus und Garten. Auf der Reisepinnwand sind unzählige Erinnerungen an Urlaube in der ganzen Welt markiert. Und manchmal, wenn ihm doch langweilig werde, dann gehe er ins Vereinsbüro der Sportvereine an der Taubengasse. Aber die Zeiten am Beckenrand und auf der Vorstandsbank sind vorbei. Endgültig.

Ob ihm die Ehrennadel, die ihm der Kreis und die Stadt kürzlich verliehen, etwas bedeute? „Ich habe früher immer gesagt: Wenn ihr mich loswerden wollt, dann schlagt mich für eine Ehrung vor“, sagt er und lacht. Lange sei er drum herum gekommen, eine Anerkennung sei es nun doch. „Aber ich habe das nie für Auszeichnungen oder Ehrennadeln gemacht“, sagt er dann, „sondern für die Kinder im Schwimmbad und in den Hallen.“

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