Glückwunsch
„Ich habe so viel gelacht und mich köstlich amüsiert“
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Käthe Missal feiert am Montag ihren 90. Geburtstag.
Von Theresa Demski
Käthe Missal streicht über ein frisches Kunstwerk. „Diese Technik habe ich während Corona entdeckt“, erzählt die 89-Jährige. Während draußen der erste Lockdown verhängt wurde, verwandelte Käthe Missal ihre kleine Wohnung in eine Bastelstube. Unzählige Perlen und Steinchen hat sie auf Leinwänden zu Gemälden der besonderen Art zusammengesteckt. „Ich habe einfach so eine kreative Ader“, erzählt sie. Und die lebt Käthe Missal heute auch aus. „Ich sehe die Dinge einfach positiv“, sagt sie und dann lacht sie dieses offene Lachen, das immer auch bisschen Kichern in sich trägt.
Das sei längst nicht immer so gewesen, ergänzt sie dann. Pünktlich zu ihrem 90. Geburtstag am Montag blickt Käthe Missal zurück – auf stille, harte Zeiten, auf die Wende in ihrem Leben und die vielen guten Jahre, die dann folgten. „Als ich geboren wurde, da hingen im ganzen Land die Fahnen draußen“, sagt sie. Es ist der Tag, an dem Reichspräsident Paul von Hindenburg den Nationalsozialisten Adolf Hitler zum Reichskanzler ernennt. Der Zweite Weltkrieg, den er wenige Jahre später auslöst, prägt auch Käthe Missals Leben im norddeutschen Ehlbeck.
Fürs erste spielen sie noch unbeschwert auf der Straße. In der Schule schlägt der Lehrer ihr auf die Finger, weil sie mit der linken Hand schreiben will. Und zu Hause ist ihre Hilfe gefragt – der Vater bewirtschaftet einen Morgen Getreide, einen Morgen Kartoffeln und am Haus leben Schweine, Enten und Gänse. Ihr Vater wird im Krieg in Russland verschleppt und getötet. Die junge Käthe und ihre Geschwister sind nun mehr gefragt, denn je. „Ich war ein stilles Kind“, sagt sie, „wir wurden so erzogen. Wir waren nicht so frei, wie die Kinder heute.“ Nach der Schule arbeitet sie im Haushalt.
Erst spät entdeckte sie echte Lebenslust und begann zu reisen
Auch als sie ihren späteren Mann kennenlernt, wird von ihr vor allem Zurückhaltung eingefordert. Als er eine Stelle als Knecht auf einem Hof in Lennep bekommt, zieht sie mit ihm ins Bergische Land. Erst nach Lennep und dann nach Wermelskirchen. Sie bekommen sechs Kinder – drei Jungs und drei Mädchen. Sie schaffen sich ein zu Hause in Kenkhausen. Käthe Missal hat alle Hände voll zu tun. Ihr Mann leidet unter Alkoholsucht. 1981 stirbt er – da gehen noch fünf ihrer sechs Kinder in die Schule.
„Damals begann mein Leben neu“, sagt Käthe Missal heute ohne Gram. Ein Jahr zuvor hat sie sich bei der Stadt beworben – zum Putzen. Dort habe sie zum ersten Mal überhaupt mitbekommen, wie das Leben aussehen könne. Reisen, Kultur, echte Lebenslust: Käthe Missal verliert ihre Schüchternheit. Die zweite Hälfte ihres Lebens? „Wunderbar“, sagt sie strahlend, „ich habe so viel gelacht und mich köstlich amüsiert.“
Heute hat Käthe Missal sieben Enkel und fünf Urenkel und immer etwas zu Lachen oder einen Witz parat. Und sie hat immer noch Lust auf Abenteuer: Mit ihrem Sohn hat sie in den vergangenen Jahren die Welt entdeckt – hat Weihnachten in Ägypten verbracht, den Herbst in den Fjorden, den Frühling am Mittelmeer. Die nächste Reise steht schon an. Wohin? „Das überlasse ich meinem Sohn“, sagt sie und lacht wieder, „der findet immer die richtigen Ziele.“ Ihren 90. Geburtstag feiert sie mit der Familie und Freunden im Restaurant. Eins ist sicher: Es wird viel gelacht.