Jubiläum
Friseur Stöcker ist eine echte Institution im Dorf
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Vor 25 Jahren übernahm Marc Stöcker den Salon in Dhünn von seiner Mutter und führt ihn seitdem in dritter Generation weiter.
Von Theresa Demski
Wermelskirchen. Marc Stöcker merkt sich Gesichter. Kopfform und Gesichtszüge vergisst er nicht so schnell. Und das gilt auch für die Geschichten der Menschen, die im Friseurstuhl Platz nehmen – für ihre Sorgen und ihre Freude. „Man ist auch ein bisschen Seelsorger als Friseur“, sagt Marc Stöcker. Und im Grunde habe genau das ihn auch damals dazu bewogen, in die Fußstapfen seiner Eltern zu treten. „Ich arbeite einfach gerne mit Menschen“, erzählt er – und Ehefrau Ricarda nickt. „Ja“, sagt sie, „das kann ich rundherum bestätigen. Das macht für meinen Mann diese Arbeit aus.“
Dabei hatte Marc Stöcker damals die freie Wahl. „Meine Eltern haben mich nie gedrängt, den Salon zu übernehmen“, sagt er. Schon 1946, als sein Großvater aus der Kriegsgefangenschaft gekommen war, hatte die Unternehmensgeschichte begonnen. Er gründete in Neuenhaus einen kleinen Friseurladen – und teilte sich die Kundschaft mit zwei Kollegen im Ort.
In den 1950er Jahren zog er in das alte Fachwerkhaus um, an deren Stelle heute der örtliche Supermarkt untergebracht ist. 1961 zog Familie Stöcker dann in den Salon direkt in der Dorfmitte – in bester Nachbarschaft zum Restaurant und der Kirche.
„Damals übernahmen meine Eltern das Geschäft“, erzählt Marc Stöcker und lobt die Kirchengemeinde als verlässliche Vermieterin. 37 Jahre führten seine Eltern den Salon, bis Marc Stöcker frisch von der Friseurschule in Duisburg kam und übernahm – vor 25 Jahren. „Ich habe das Handwerk im Internat gelernt“, erzählt er. „Das war eine harte Schule für einen jungen Mann.“ Aber im Nachhinein betrachtet, habe ihn die Ausbildung sehr geprägt – in Sachen Genauigkeit und Arbeitsmoral.
Als Marc Stöcker die Nachfolge seiner Mutter antrat, war eines völlig klar: „Ich wollte eine Evolution, keine Revolution“, sagt er. Veränderungen sollten sanft geschehen, damit sich die Kundschaft nicht zu schnell an zu viele Veränderungen gewöhnen müsste. Erst als das Fachwerkhaus 2001 kernsaniert und dann nach modernen ökologischen Gesichtspunkten ausgestattet wurde, bekam auch der Salon ein neues Gesicht. „Bis dahin waren die Spuren der Geschichte im Laden noch deutlich erkennbar“, sagt Stöcker, „mit der Sanierung hat sich viel verändert.“ Und noch etwas hatte der junge Friseur damals ganz zeitgemäß angepasst: Seitdem arbeitet er nach Terminabsprache. „Früher war es den Kunden vor allem wichtig, dass sie noch am selben Tag dran kamen“, weiß er. „Heute wollen die Menschen nicht lange warten und wünschen sich eine individuelle Beratung.“ Und genau die sollen sie bei Marc Stöcker auch bekommen.
Ob sich der Salon im Dorf nicht bestens als Umschlagplatz für Tratsch und Klatsch anbiete? Marc Stöcker schüttelt entschieden den Kopf. „Im Grunde unterscheidet uns nichts von einem Salon in einer großen Stadt: Wenn du deine Arbeit gut machst, kommen die Menschen wieder“, sagt er. Natürlich begegnen sich im Laden gelegentlich Dhünnsche, die sich kennen oder die nebeneinander wohnen. „Aber getratscht wird hier nicht“, sagt er. Und seine Frau ergänzt: „Aber das heißt nicht, dass hier nicht viel gelacht und geredet wird“.
Jeden Tag trinke er einen Espresso mit Wirt Amir von nebenan. „Im Restaurant findet das Dorfgespräch statt“, sagt er, „nicht im Friseursalon.“ Ganz im Gegenteil. Was ihm die Kunden im Friseurstuhl erzählen, das behält er dort. „Darauf legen wir hier auch Wert“, sagt er. Und das wüssten die Menschen auch zu schätzen. Eine Kundin komme schon seit 50 Jahren in den Salon, andere kommen in dritter oder vierter Generation, manche machen sich auch aus den Nachbarstädten auf den Weg nach Dhünn.
„Auch auf unser Team können wir uns verlassen“, sagt Marc Stöcker und nutzt die Gelegenheit zum 25-jährigen Bestehen des Salons, „Danke“ zu sagen. Jeder habe eine andere Stärke, man sei deswegen breit aufgestellt. Er wisse seine Mitarbeiter sehr zu schätzen, sagt er. Deswegen gibt es auch mehr als den Mindestlohn und flexible Arbeitszeiten. „Wir haben bei uns wenig Personalwechsel“, sagt Stöcker. Und das tut auch der Philosophie des Salons gut: Denn die Kunden sollen sich hier nicht wie Fremde fühlen, sondern sind mit ihren Wünschen und Sorgen willkommen.
Hintergrund
Corona-Pandemie: Harte Zeiten liegen auch hinter Marc und Ricarda Stöcker: Während der Corona-Pandemie trafen die Auflagen immer wieder auch die Friseure. „Aber wir haben überlebt“, sagt der 52-Jährige.
Ideen: Früh hätten sie während der Pandemie zwei Teams gebildet, um einsatzfähig zu bleiben, sollte jemand mit Corona ausfallen. Die Stühle wurden reduziert.
Zukunft: „Wir hoffen, dass uns die Menschen treu bleiben“, sagt Marc Stöcker zum silbernen Jubiläum und blickt etwas besorgt auf Sparzwänge.