Anlässlich des Internationalen Frauentags

Frauen im Job: Da ist noch Luft nach oben

Noch immer ist die Bezahlung zwischen Männern und Frauen unterschiedlich hoch.
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Noch immer ist die Bezahlung zwischen Männern und Frauen unterschiedlich hoch.

Im Schnitt 494 Euro weniger auf dem Lohnzettel als Männer – auch in der Region.

Von Anja Carolina Siebel

Wermelskirchen. Die Situation von Frauen auf dem Arbeitsmarkt rücken Arbeitsagentur und Berufsverbände zum heutigen Weltfrauentag noch einmal in den Fokus. „Bei der Suche nach Fachkräften muss gerade die besondere Situation von Frauen, die ein hohes und wichtiges Beschäftigungspotenzial bieten, in den Blick genommen werden“, unterstreicht Dr. Dagmar Wirthmann, Beauftragte für Chancengleichheit am Arbeitsmarkt der Agentur für Arbeit Bergisch Gladbach.

Die Gewinnung, Qualifizierung und Sicherung von Fachkräften habe überall spürbar an Fahrt aufgenommen. Auch im Rheinisch-Bergischen Kreis sei der Mangel an Personal in vielen Bereichen sichtbar und wahrnehmbar. „Es freut mich deshalb, dass die Beschäftigungsquote von Frauen auch bei uns am lokalen Arbeitsmarkt weiter ansteigt“, sagt Wirthmann – und nennt Zahlen. Mit 113 042 sozialversicherungspflichtig beschäftigten Frauen im Agenturbezirk im Jahr 2022 sei ein Plus von 1,5 Prozent im Vergleich zum Vorjahr zu verzeichnen. Dabei habe die Mehrheit, nämlich rund 82 Prozent der Frauen, die einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung nachgehen, mindestens das Qualifikationsniveau einer Fachkraft, sei also gut qualifiziert.

Frauen übernehmen immer noch eher sogenannte Care-Arbeit

Im Hinblick auf gleiche Chancen mit Männern am Arbeitsmarkt und einem wirklich vollen Nutzen dieses Beschäftigungspotenzials sieht die Beauftragte für Chancengleichheit allerdings noch Luft nach oben: „Frauen übernehmen immer noch den Löwenanteil der sogenannten Care-Arbeit, also der familiären Sorgearbeit, steigen länger für Familienphasen aus dem Beruf aus und sind zu einem sehr hohen Prozentsatz in Teilzeit beschäftigt.“ Im Agenturbezirk Bergisch Gladbach betreffe das aktuell 79,3 Prozent der Frauen, die einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung nachgehen. Wirthmann: „Das zieht in der Folge neben dem fehlenden Fachkräftepotenzial natürlich weitere negative Aspekte nach sich – wie die geschlechterspezifische Lohnlücke, den sogenannten Gender Pay Gap. Frauen verdienen bei uns in der Region im Schnitt rund 494 Euro weniger als Männer.“

Und: Auch die 520-Euro-Arbeit ist eher weiblich. Von den rund 24 800 Mini-Jobs im Kreis sind 59 Prozent in Frauenhand – in der Nahrungsmittelindustrie liege der Anteil sogar bei 71 Prozent. Das kommuniziert die Gewerkschaft für Nahrung, Genuss und Gaststätten in einer aktuellen Mitteilung zum Weltfrauentag. Auch bei der Teilzeitarbeit würden Frauen vorn liegen: Die rund 24 900 Teilzeitstellen im Kreis würden zu 80 Prozent von Frauen ausgefüllt.

Manja Wiesner, Geschäftsführerin der NGG-Region Köln, spricht von einer „Lohn- und Renten-Falle“: „Teilzeitarbeit bedeutet immer ein schmaleres Portemonnaie – und auch eine kleinere Rente. Und Mini-Jobs bedeuten Mini-Renten.“

Hinzu komme, dass Frauen im Bundesdurchschnitt 7 Prozent weniger pro Stunde verdienen würden als Männer. Und das bei einer vergleichbaren Qualifikation, Tätigkeit und Erwerbsbiografie. Die Gewerkschaft beruft sich dabei auf Angaben des Statistischen Bundesamtes (Destatis).

Es sei daher wichtig, mit einem Tabu zu brechen: „Über Geld redet man nicht. Beim Lohn sollte man in den Betrieben auch im Kreis aber mal eine Ausnahme machen“, so Manja Wiesner. Überall dort, wo es einen Betriebsrat gebe, könne der auch die „Lohn-Kommunikation im Unternehmen beleben“. Ansonsten gebe es zwar auch noch einen Rechtsanspruch darauf, zu erfahren, was ein männlicher Kollege in ähnlicher Position verdiene. Doch das Entgelttransparenzgesetz gelte lediglich in Betrieben mit mindestens 200 Beschäftigten. „Eine Köchin im Restaurant oder eine Verkäuferin in der Bäckerei haben davon allerdings nichts“, betont NGG-Geschäftsführerin Wiesner. Dort solle die Bundesregierung dringend nachbessern.

 Ziel müsse es sein, die Lohnscheren zwischen Männern und Frauen zu schließen. „Wie dick die Lohntüte ist, das darf nicht vom Geschlecht abhängen. Aber auch nicht davon, wie gut jemand das Lohnpokern beherrscht. Beim Lohn für Arbeit muss mehr Fairness her: Wir brauchen ein neues ‚Lohn-Fair-Play‘“, so Manja Wiesner.

Familienphase

90,8 Prozent der Berufsrückkehrenden sind Frauen, der Anteil an den alleinerziehenden Arbeitslosen ist mit 92 Prozent bei Frauen deutlich höher als bei Männern (8 Prozent). 83,3 Prozent der nach einer Familienphase zurückkehrenden Frauen wünschen sich eher einen Teilzeitjob. Quelle: BA

Standpunkt von Anja Carolina Siebel: Mehr Power für Frauen

anja.siebel@rga.de

Auch im Jahr 2021 haben Frauen in Deutschland durchschnittlich deutlich weniger verdient als Männer. Erwerbstätige Frauen erhielten nach Angaben des Statistischen Bundesamts im Schnitt einen Stundenlohn von 19,12 Euro brutto. Bei Männern lag der Brutto-Stundenlohn durchschnittlich bei 23,20 Euro und damit 4,08 Euro höher.

„Sie sind es eben nicht selbst schuld“, kommentierte eine große Wochenzeitung dazu. Das wird stimmen. Dennoch zeigen unter anderem die Zahlen aus der Region, dass Frauen eben immer noch meist in den Familien tätig sind, im Hauptteil Erziehung oder auch Pflege der Eltern übernehmen und trotz guter Qualifikationen nur Teilzeitjobs bekleiden. Das bedeutet, dass sie am Ende ihres Berufslebens erheblich weniger Rente beziehen.

Vielleicht können sich Frauen, bei allem Respekt für gerechtere Lohnverteilung, auch ein bisschen mehr zutrauen und mehr Power geben für die eigene Zukunft.

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