Interview

Herr Gundel, wie sieht die Zukunft von Obi in Wermelskirchen aus?

Obi Chef Sebastian Gundel spricht über die kürzlich erfolgten Entlassungen und die Zukunft des Wermelskirchener Unternehmens, das in ganz Europa erfolgreich ist.
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Obi-Chef Sebastian Gundel spricht über die kürzlich erfolgten Entlassungen und die Zukunft des Wermelskirchener Unternehmens, das in ganz Europa erfolgreich ist.

Der neue Obi-Chef Sebastian Gundel im Gespräch über Entlassungen, seine Amtszeit und die Zukunft des Geschäftes.

Das Gespräch führte Melanie Aprin

Sie sind erst Mitte 40 und trotzdem seit September vorigen Jahres verantwortlich für mehr als 40.000 Mitarbeiter. Einige davon mussten Sie jedoch kurz nach Ihrem Amtsantritt entlassen – ausgerechnet am Sitz des Unternehmens in Wermelskirchen. War das der Grund, warum Sie als neuer Vorsitzender in den ersten Monaten öffentlich kaum präsent waren?

Sebastian Gundel: Mein Start als CEO bedeutet in gleich mehrerlei Hinsicht Neuerungen für Obi: Zwar bin ich schon seit zehn Jahren im Unternehmen und somit mit vielen Prozessen und Mitarbeitenden bestens vertraut, aber gemeinsam mit meinem Team stehe ich in meiner neuen Rolle jetzt vor allem für eine strategische Neuausrichtung, für technologische Lösungen und auch für eine andere Unternehmenskultur. Gerade in Zeiten, die nach außen hin von so vielen Herausforderungen, Veränderungen und echten Krisen geprägt sind, war es mir wichtig, alle Mitarbeitenden von Beginn an mit auf unsere gemeinsame Reise zu nehmen. Das geht vor allem durch Transparenz, durch Einbindung und durch Vertrauen – auch bei schwierigen Entscheidungen.

Damit meinen Sie konkret die Entlassungen ?

Gundel: Nein. Ich meine das grundsätzlich. Zu einer Neuausrichtung gehört auch, dass bestimmte Bereiche in ihrer aktuellen Form vielleicht nicht mehr zukunftsfähig sind und man in andere stärker investieren muss – beispielsweise in Technologie. Deshalb habe ich mir in den ersten Wochen viel Zeit genommen, um zuzuhören und in den direkten Austausch mit unseren Mitarbeitenden zu gehen. Wir sind dann erfolgreich, wenn alle wissen, wohin die Reise geht und wie sie ihren Teil dazu beitragen können. Mein Fokus lag daher zu Anfang ganz klar auf internem Dialog. Dafür haben wir neue Formate eingeführt, etwa unser wöchentliches „All-Hands-In“ oder einen internen Podcast. Diesen Austausch werde ich weiter pflegen. Denn die Obi- Mitarbeitenden sind das Fundament unseres Erfolges.

Als langjährige Obi-Führungskraft mussten Sie sich in die Strukturen nicht einarbeiten, sondern konnten von Anfang an neue Akzente setzen. Dazu zählt auch die weitere Verzahnung von Offline- und Online-Geschäft. Darüber sprechen Sie gerne. Über Wachstum in neuen Ländern durch neue Filialen und Franchise-Partner hört man weniger. Ist die Zeit der großen Internationalisierungsstrategien für Obi vorbei ?

Sebastian Gundel (44 Jahre) ist Chief Executive Officer (CEO) der OBI Group Holding SE & Co.

Gundel: Unsere 650 Märkte sind das Brot-und-Butter-Geschäft, und die große Relevanz des stationären Geschäfts bleibt definitiv bestehen. Aber wir verbinden unsere Stärken dort mit dem digitalen Geschäft. Neben der angesprochenen Verzahnung zwischen Off- und Online sind vor allem starke Partner und das gemeinsame Wachstum mit diesem Partnernetzwerk wichtige Eckpfeiler unserer strategischen Neuausrichtung. Zukunft gestalten wir gemeinsam. Erst kürzlich haben wir zwei neue Franchisepartnerschaften in Süddeutschland bekannt geben dürfen. Franchising ist für uns ein vertrautes Modell, mit dem wir seit Beginn unserer Unternehmensgeschichte erfolgreich sind. Das wollen wir ausbauen und unsere Partner an unserem Ökosystem teilhaben lassen. Fast ebenso lange, wie wir auf Franchising setzen, verstehen wir uns als internationales Unternehmen. Wir haben Standorte in Italien, Österreich, Polen, der Schweiz, Slowenien, der Slowakei, Tschechien und Ungarn. Unser Ziel ist es, der erste Kontaktpunkt im gesamten Home & Garden Segment zu werden. Und das in allen Märkten, in denen wir aktiv sind. Darauf liegt unser Fokus.

Sprechen wir über die aktuelle Schwäche der Baubranche. Sie wird Spuren in den Bilanzen von Baustoffhändlern wie Obi hinterlassen. Sie sprechen dennoch optimistisch von einem Umsatzanstieg auf zehn Milliarden Euro innerhalb der nächsten fünf Jahre. Was erwarten Sie kurzfristig ?

Gundel: Wir blicken auf ein starkes Jahr 2022 mit einem im Vergleich zum Vorjahr stabilen Umsatz von 8,7 Milliarden Euro zurück – trotz unseres zügigen Ausstiegs aus dem Russland-Geschäft. Kurzfristig ist 2023 sicher ein herausforderndes Jahr für uns alle: Kundinnen und Kunden, Lieferanten, Partner, Unternehmen und für unsere Mitarbeitenden. Wir müssen uns entsprechend aufstellen, die Kosten im Blick behalten. Aber das darf nicht unseren Blick auf die Zukunft versperren. Wir sehen klare Wachstumspotentiale.

Hier geht es zum zweiten Teil des Interviews

Unternehmen

Die Obi Group Holding wurde knapp 20 Jahre von Sergio Giroldi geleitet. Im September vorigen Jahres übernahm der promovierte Volkswirt Sebastian Gundel (44) das Ruder des Filialisten, der 2020 sein 50-jähriges Firmenjubiläum feierte, mit rund 650 Baumärkten in zehn Ländern vertreten ist und zu den größten Do-It-Yourself-Marken Europas gehört.

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