Betreuung
Ausschuss empfiehlt Waldkindergärten
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Zwei Gruppen sollen in Braunsberg und Dhünn entstehen. Rat muss über Bedarfsplan beschließen.
Von Anja Carolina Siebel
Die beiden Waldkindergärten, die die Stadt plant, werden wohl kommen. Der Jugendhilfeausschuss sendete bei seiner jüngsten Sitzung jedenfalls die Empfehlung für die aktualisierte Kindergarten-Bedarfsplanung an den Rat. Der Bedarfsplan sieht die Errichtung zweier Waldkindergärten auf Wermelskirchener Stadtgebiet vor.
Die Wald-Kita-Gruppen sollen wie berichtet in Braunsberg und Dhünn entstehen. Als Rückzugsort für die Kinder müsste ein Bauwagen angeschafft werden. Zum Betrieb der beiden Waldkitas werde die Verwaltung – nach entsprechendem politischen Beschluss – freie Träger suchen, heißt es in der Beschlussvorlage.
„Wenn einer aufs Klo muss, macht er das am Pippibaum.“
Franziska Wittenberg, Leiterin Waldkindergarten Burscheid
Fakt ist: Die derzeitigen Betreuungsplätze in den Wermelskirchener Kindergärten reichen laut Verwaltung nicht aus, um den Rechtsanspruch auch in Zukunft sicherstellen zu können. „Die Entwicklung war in den vergangenen eineinhalb Jahren anders als zuvor prognostiziert“, sagte Dezernent Jürgen Graef dazu. Es gebe jetzt „ zum Glück wieder mehr Kinder.“ Zuvor angedachte Kita-Schließungen würden zurzeit überhaupt keine
Rolle mehr spielen. Allerdings wird die Verwaltung die Kita Jörgensgasse, die für den Träger, die Awo, zu kostenintensiv geworden war, nicht weiter betreiben. Sie muss wie berichtet Ende Juli dicht machen.
Glaubt man dem Dezernenten, ist laut einer Ende 2016 gelaufenen Umfrage bei den Wermelskirchener Eltern die Nachfrage nach Waldkindergärten groß. Und in der Tat schicken schon jetzt einige ihre Kinder in den Waldkindergarten nach Burscheid: „Wir haben ein paar Kinder aus Wermelskirchen und Dabringhausen“, bestätigt dessen Leiterin Franziska Wittenberg. „Es gibt auch immer wieder zwischendurch Anfragen.“
Das Konzept ist recht ausgefallen: Die Waldkinder, meist eine Gruppe von 15 bis 18 Kindern, sind den ganzen Tag über draußen. Bei Wind und Wetter. „Unsere Basis ist der Bauwagen“, sagt Franziska Wittenberg. Allerdings gibt es da kein fließend Wasser und auch ansonsten keinen Luxus. Wittenberg: „Wenn einer aufs Klo muss, macht er das am Pippibaum.“ Aus einem Kanister nehmen die drei Erzieherinnen Wasser fürs Händewaschen, wenn es beispielsweise Frühstück gibt. „Dafür suchen wir uns immer ein schönes Plätzchen im Wald aus“, sagt die Leiterin.
Seit 2002 gibt es den Burscheider Waldkindergarten. Im August 2016 ging in der Nachbarstadt Hückeswagen, am Johannes-Stift, eine Waldkindergarten-Gruppe neu an den Start. „Ich möchte nichts anderes mehr machen“, ist Erzieherin Sandra Heider begeistert vom Waldkindergarten-Konzept. Gleichwohl: „Für die Eltern war es erst einmal ein Gewöhnungsprozess. Wir hatten im Sommer einige schöne Wochen, bevor es dann richtig matschig wurde. Das war schon anstrengend, vor allem wegen der Umzieherei.“ Inzwischen hätten die Eltern eigene Tricks entwickelt, wie sie ihr Kind halbwegs sauber nach Hause bekommen: „Einige bringen einen Korb mit sauberen Sachen mit und ziehen das Kind im Bauwagen um, andere wechseln die Klamotten im Kofferraum.“
Die Hückeswagener haben das Glück, einen echten „Luxusbauwagen“ zu haben, in dem es auch fließend Wasser gibt. „Das ist ansonsten eher selten“, sagt Heider.
WALDKINDERGÄRTEN
HISTORIE Die Idee eines Waldkindergarten wird auf Ella Flatau, eine dänische Mutter aus Søllerød, zurückgeführt, die 1952 gerne mit ihren eigenen vier Kindern und Nachbarskindern den Tag im Wald verbrachte. Seit Anfang der 1970er Jahre in ganz Skandinavien Waldkindergärten gegründet. In Deutschland entstand schon 1969 ein erster Waldkindergarten. Inzwischen sind es über 300 bundesweit.
Dezernent Jürgen Graef ist vom Konzept Waldkindergarten überzeugt. Er glaubt, dass die Eltern für dieses besondere Betreuungsangebot auch weitere Anfahrtswege in Kauf nehmen. Dadurch könnte sich der Bedarf in den Stadtteilen noch verändern.