Kriminalitätsstatistik

Zahl der Straftaten steigt in Remscheid wieder an

Die Ausgangsbeschränkungen der Corona-Pandemie hatten es Einbrechern im Bergischen schwer gemacht.
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Die Ausgangsbeschränkungen der Corona-Pandemie hatten es Einbrechern im Bergischen noch schwer gemacht.

Mehr Diebstähle, mehr Einbrüche, mehr Körperverletzungen.

Von Sven Schlickowey

Remscheid. Im Vorjahr wurden in Remscheid wieder deutlich mehr Straftaten begangen. Nachdem die Zahlen während der Pandemie merklich zurückgegangen waren, weist die Polizeiliche Kriminalitätsstatistik für 2022 fast 1000 mehr angezeigte Straftaten als im Jahr zuvor aus. In vielen Bereichen erreichten die Werte das Niveau vor Corona, in manchen stiegen sie sogar darüber hinaus.

Polizeipräsident Markus Röhrl sprach bei der Vorstellung der Statistik von einer „Art Nachholeffekt“, wie zum Beispiel mehr Ladendiebstähle, weil die Geschäfte wieder geöffnet haben, oder mehr Auseinandersetzungen im öffentlichen Raum, weil Volksfeste wieder stattfanden. Er verwies aber auch auf während der Pandemie veränderte Verhaltensweisen.

„Die Kinder waren auf sich gestellt“, erinnerte Röhrl an die Einschränkungen während der Pandemie. Das habe wohl in manchen Fällen zu Defiziten in der sozialen Entwicklung geführt. Waren 2021 in Remscheid noch 19,1 Prozent aller Tatverdächtigen jünger als 21, stieg ihr Anteil 2022 auf 22,3 Prozent. In 187 Ermittlungsverfahren waren die Verdächtigen sogar jünger als 14 Jahre, meistens, in 99 Fällen, handelte es sich dabei um Diebstähle.

Zu den Straftatbeständen, die mutmaßlich durch die Lockerung der Corona-Maßnahmen wieder zunahmen, gehören Taschendiebstähle (von 120 Fällen 2021 auf nun 148) und Wohnungseinbrüche mit Diebstahl (von 66 auf 91). Die Zahl der Ladendiebstähle nahm um über 55 Prozent zu, die der schweren Körperverletzungen im öffentlichen Raum sogar um fast 75 Prozent.

Gestiegen sind auch die Fälle von Widerstand gegen die Staatsgewalt, worunter neben Polizisten auch Rettungssanitäter und Feuerwehrleute fallen. Und Straftaten, die bewusst auf ältere Menschen als Opfer abzielen, insbesondere die so genannten Schockanrufe und Betrügereien, bei denen sich Täter als Polizisten oder Staatsanwälte ausgeben. 75 vollendete Fälle habe man 2022 im Städtedreieck registriert, berichtete Markus Röhrl. „Und vermutlich ist die Dunkelziffer deutlich höher.“

„Wir wollen nicht, dass sich dieser Trend fortsetzt.“

Polizeipräsident Markus Röhrl

Trotzdem gehöre das bergische Städtedreieck und insbesondere Remscheid weiterhin zu den sichersten Großstadtregionen in NRW, betonte der Polizeipräsident. 2022 wurden in Remscheid 7078 Straftaten je 100 000 Einwohner angezeigt. Diese sogenannte Häufigkeitszahl liegt niedriger als in Wuppertal (8957), in Solingen (7143) und im gesamten Bundesland (7624). Ein „Lichtblick“ sei zudem die gestiegene Aufklärungsquote, die „traditionell“ in Remscheid noch einmal höher liege als im restlichen Städtedreieck. 58,5 Prozent der Straftaten wurden demnach hier aufgeklärt.

Blaulicht-Meldungen aus Remscheid

Um den steigenden Zahlen in den Bereichen Straßen- und Gewaltkriminalität zu begegnen, kündigte Röhrl gezielte Maßnahmen an: „Wir wollen nicht, dass sich dieser Trend fortsetzt.“ Dazu gehöre ein Ausbau von offener und verdeckter Präsenz in bestimmten Bereichen, auch in Kooperation mit dem Kommunalen Ordnungsdienst. Und das Mittel der strategischen Fahndung, das in vorher festgelegten Bereichen Kontrollen auch ohne konkreten Anlass erlaube. „In bekannten Etablissements wie Shisha-Bars und Wettbüros werden wir immer wieder mit großen Einsätzen aufschlagen“, kündigte der Polizeipräsident an.

Röhrl machte aber auch deutlich, dass die Polizei das Problem nicht alleine lösen kann. Vor allem im Bereich Integration – der Anteil ausländischer Verdächtiger liegt laut Statistik über ihrem Anteil an der Gesamtbevölkerung und ist zuletzt noch gestiegen – sei mehr Engagement notwendig. Dass dies derzeit nicht gelinge, mache ihn wütend, bekannte Röhrl: „Aushalten müssen das alle, die Opfer werden.“

Statistik

Die Polizeiliche Kriminalstatistik hält auch positive Zahlen für Remscheid parat: So stieg die Zahl von Fällen von Häuslicher Gewalt in der Pandemie, anders als befürchtet, kaum an, sogenannte Kfz-Delikte, darunter fallen vor allem Auto- und Motorrad-Diebstähle, nahmen sogar leicht ab. Und Tötungsdelikte spielen in Remscheid auch weiterhin kaum eine Rolle. Von den 21 Fällen, die 2022 im Städtedreieck erfasst wurden, fanden nur zwei in Remscheid statt, in beiden Fällen blieb es beim Versuch.

Standpunkt von Sven Schlickowey: Keinen Plan

sven.schlickowey@rga.de

Es kam, wie es zu erwarten war, und es kam sogar noch etwas schlimmer: Nach Corona stieg die Zahl der Straftaten nicht nur auf das alte Niveau, sondern teils noch höher. Insbesondere der gestiegene Anteil junger Verdächtiger lässt vermuten, dass wir uns mit den gesellschaftlichen Folgen der Pandemie wohl noch etwas länger befassen werden. Dass sich nun auch noch die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen verschlechtern, hilft da nicht wirklich.

Die Polizei, das vermittelte zumindest der Polizeipräsident, hat dafür einen Plan. Noch besser wäre es natürlich, wenn die gesamte Gesellschaft einen hätte, mit guten Angeboten für benachteiligte Kinder und Jugendliche, einer vernünftigen Sozialpolitik, mit Prävention. Doch davon ist derzeit wenig zu sehen, eher im Gegenteil, wenn man an die Schließung des Weiterbildungskollegs denkt. Am Ende landet das Problem dann wieder bei der Polizei. Und in der nächsten Kriminalstatistik.

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