Psychologin Margret Schnetgöke gibt Hinweise.
Das Gespräch führte Melissa Wienzek
Frau Schnetgöke, wie erkenne ich als Nachbar oder Nachbarin häusliche Gewalt in meinem Umfeld?
Margret Schnetgoeke: Wenn ich als Nachbar oder Nachbarin Geräusche aus der Wohnung wie Schreie mitbekomme oder das Gefühl habe, da werden Möbel zerschlagen, dann sollte ich auch das Thema häusliche Gewalt in Betracht ziehen. Es könnte sein, dass nebenan etwas passiert.
Und was soll ich dann tun?
Schnetgöke: Dann ist es wichtig, sich nicht zu scheuen und die Polizei zu rufen. Denn die Beamten können die Gewalt in den eigenen vier Wänden stoppen. Zudem hat die Polizei Informationen zu Beratungsangeboten dabei. Wenn die Lage eindeutig ist, zum Beispiel, wenn ein Mann nachweislich seine Frau verprügelt, kann der Täter zehn Tage der Wohnung verwiesen werden. Er muss dann bei der Polizei den Wohnungsschlüssel abgeben. Dann hat sie etwas Zeit, sich beraten zu lassen, sich Unterstützung zu holen. Das Wichtigste dabei: Es kommt erst mal Ruhe in die Gewaltsituation.
Das ist vielleicht eher offensichtlich, aber was ist mit psychischer Gewalt?
Schnetgöke: Die ist genauso schwerwiegend, Frauen leiden genauso unter psychischer Gewalt wie unter körperlicher. Die Polizei kann man aber nicht rufen – es ist ja nichts zu sehen. Das macht es auch schwieriger für das Umfeld, etwas mitzubekommen. Es gibt bestimmte Hinweise von außen, die darauf hindeuten könnten.
Welche?
Schnetgöke: Sie darf zum Beispiel keine eigenen Entscheidungen mehr treffen. Oder sie hat keinen Zugang zum Konto. Das ermöglicht ihm Macht und Machtmissbrauch. An den betroffenen Frauen selbst merkt man: Sie ziehen sich zurück, sagen Verabredungen ab, sie wirken ängstlich, nervös, deprimiert, verschlossen. Das müssen alles keine Hinweise für psychische Gewalt sein, aber sie können es sein.
Und wie soll ich mich dann ihr gegenüber verhalten? Was kann ich tun?
Schnetgöke: Das hängt davon ab, wie gut Sie die Frau kennen. Wenn man sich kennt: ansprechen und sagen „Ich mache mir Sorgen um dich. Ich habe den Eindruck, dass du eine Form von Gewalt erlebst. Ich möchte dich gern unterstützen.“ Und ihr dazu sagen, dass sie nicht allein ist – das Problem zieht sich durch die gesamte Gesellschaft. Und dass es Hilfsangebote wie eine Frauenberatungsstelle gibt. Wenn man sich nicht so gut kennt, könnte man Flyer von einer Beratungsstelle einfach mal in alle Briefkästen des Hauses werfen. In einer Frauenberatungsstelle kann sich zudem jeder dazu beraten lassen.
Person und Vortrag
Zur Person: Margret Schnetgöke (61) stammt aus dem Münsterland, lebt und arbeitet heute in Köln. Dort berät sie seit 20 Jahren bei der Frauenberatungsstelle mit Schwerpunkt häusliche Gewalt. Sie ist Diplom-Psychologin und Sozialarbeiterin. Über Pfarrer Jürgen Roth kam der Kontakt nach Remscheid zustande.
Zum Vortrag: Die „Hasenberger Vorträge“, der ökumenische Vortrags- und Diskussionskreis im Evangelischen Gemeindezentrum Lennep, Hardtstraße 14, dreht sich am kommenden Montag, 6. März, 19.30 Uhr, um das Thema „Häusliche Gewalt erkennen – Betroffene unterstützen“. Margret Schnetgöke referiert. Der Eintritt ist frei. Die Frauenberatungsstelle Indigo wird ebenfalls vor Ort sein und Info-Flyer verteilen.