Schutzgesetz

19 Sexarbeiter haben sich angemeldet

Sexarbeiter müssen sich im Rahmen des Prostituiertenschutzgesetzes beim Ordnungsamt anmelden. Zur Gesundheitsberatung sprechen sie im Gesundheitsamt vor. Symbolfoto: Christian Beier
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Sexarbeiter müssen sich im Rahmen des Prostituiertenschutzgesetzes beim Ordnungsamt anmelden. Zur Gesundheitsberatung sprechen sie im Gesundheitsamt vor.
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Prostituiertenschutzgesetz: 17 Frauen und zwei Männer haben bei den Ämtern für Gesundheit und Ordnung in Remscheid vorgesprochen.

Von Daniel Dresen

Das älteste Gewerbe der Welt hat auch in Remscheid ein Zuhause. Seit 1. Juli 2017 gilt in Nordrhein-Westfalen das Prostituiertenschutzgesetz, welches die Arbeitsbedingungen auch von Remscheider Prostituierten verbessern soll. Dazu zählt unter anderem eine generelle Kondompflicht. Im Rahmen dieses Bundesgesetzes müssen Arbeitnehmer und Arbeitgeber des „horizontalen Gewerbes“ sich beim Ordnungsamt melden. Sonst drohen Geldstrafen.

Vor der Anmeldung beim Ordnungsamt sprechen die Sexarbeiter mit Psychiaterin Christine Konopka, die in Teilzeit für das Gesundheitsamt tätig ist. Sie führt durch die sogenannte Gesundheitsberatung. „Meine Aufgabe ist die psychosoziale Beratung, weil ich glaube, dass Prostitution kein Beruf wie jeder andere ist“, sagt Konopka. Sie berät über Infektionskrankheiten, Schutzmaßnahmen, Hygienevorschriften, Gewaltprävention, Drogen- und Alkoholkonsum sowie über die Rechte der Prostituierten. „Im Gespräch erfahre ich dann, woher sie kommen, wie lange sie in Remscheid arbeiten, wie lange sie schon als Prostituierte tätig sind und kläre deren Familienverhältnisse“, berichtet die Psychiaterin.

„Nicht alle Sexarbeiter, die wir beraten haben, arbeiten in Remscheid.“
Christine Konopka, Psychiaterin beim Gesundheitsamt

Seit Juli hat sie 19 dieser Gespräche, die zwischen 25 und 50 Minuten dauern, mehrheitlich mit Frauen geführt. „Ganz viele haben Kinder, manche davon leben im Ausland. Sie machen das hauptsächlich, um ihre Familie zu ernähren.“ Bei zwei Terminen saßen ihr Männer gegenüber.

Standpunkt von Daniel Dresen

Der Altersschnitt liegt zwischen 30 und 60 Jahren. Rund 75 Prozent der gemeldeten Sexarbeiter stamme aus dem Ausland: Osteuropa, Nordafrika, Südostasien und Südamerika. Für die Gespräche wurden zum Teil Dolmetscher engagiert. „Jeder von ihnen bringt seine Probleme mit. Daher biete ich ihnen unabhängig von unserer Gesundheitsberatung an, mit mir zu sprechen“, erklärt Konopka. Abschließend erhalten die Sexarbeiter ein Zertifikat, welches ihnen den Besuch beim Gesundheitsamt bescheinigt.

Konopka muss vielen Prostituierten zunächst einmal die Angst nehmen, das Zertifikat nicht zu erhalten. „Nur wer sich nicht ausweisen kann, unter 18 Jahre alt ist und nicht mit mir ins Gespräch kommt, erhält keine Bescheinigung“, erklärt sie. Dem Gesundheitsamt gaben die Frauen und Männer an, freiwillig als Sexarbeiter tätig zu sein. „Bei den meisten wird das auch stimmen.“ Die Mehrzahl arbeite nach eigenen Angaben selbstständig. Sie würden einen „körperlich fitten Eindruck“ machen.

„Auf der Straße erkennen Sie nicht, dass das Prostituierte sind.“ Trotz aller Kritik, die vor allem vonseiten der Sexarbeiter kommt, die das Prostituiertenschutzgesetz als Zwangsouting bezeichnen, sieht Konopka in dem bürokratischen Akt etwas Positives: „Für Prostituierte, die Probleme haben, ist es eine Chance, an Hilfe zu gelangen.“ Die meisten kämen vorbei, weil sie keine Ordnungswidrigkeit begehen möchten. Manche würden erst nach Aufforderung des Bordellbetreibers handeln. Wie sich die Zahlen nach dem offiziellen Ende der Meldefrist – 31. Dezember 2017 – weiterentwickeln, kann sie nicht voraussehen. „Nicht alle Sexarbeiter, die wir beraten haben, sind in Remscheid beschäftigt. Viele wechseln den Beschäftigungsort auch regelmäßig“, sagt Konopka dazu.

Prostituierte aus den umliegenden Kreisen melden sich in Remscheid

Gesundheitsamtschef Dr. Frank Neveling hat für den Zulauf aus den umliegenden Kreisen eine Erklärung. „Bevor die Menschen, den langen Weg nach Gummersbach oder Bergisch Gladbach zur Gesundheitsberatung aufnehmen, kommen sie lieber zu uns.“ Nach der Unterrichtung im Gesundheitsamt müssen die Prostituierten sich und die Bordellbetreiber ihr Gewerbe beim Ordnungsamt anmelden.

Jürgen Beckmann, Chef des Ordnungsamts: „Wir haben mit dieser Zuständigkeit Neuland betreten.“ Für das Anmeldeverfahren wurde eigens eine Stelle in der Behörde aufgestockt. 19 Sexarbeiter hätten beim Ordnungsamt ihren Ausweis abgeholt. Dieser wird im Rotlicht-Milieu auch als „Huren-Ausweis“ bezeichnet. „Drei Betriebe wurden bisher bei uns angemeldet. Ein weiterer Betrieb bereitet seine Anmeldung vor“, sagt Beckmann. Für die Betriebe war der 31. Oktober Stichtag. Bei der Zahl der Prostituierten und der Betriebe vermutet Beckmann, dass die Dunkelziffer höher ist. Daher wird das Ordnungsamt in den nächsten Wochen auf die Suche nach nicht-gemeldeten Sexarbeitern und -betrieben gehen. „Wir werden uns in Foren im Internet und im Stadtgebiet umschauen.“

Für die Arbeit im Außendienst müssen mehrere Mitarbeiter abgestellt werden. Tipps holt sich das Ordnungsamt bei den Rotlicht-Spezialisten der Wuppertaler Polizei.

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