Kooperation
Weitere Frauenarztpraxis bietet Schwangerschaftsabbrüche an
aktualisiert:
- 0 Kommentare
-
Feedback
schließen
- Weitere
Die zuletzt von Pro Familia beklagte Lücke bei der Versorgung mit Schwangerschaftsabbrüchen in Remscheid scheint geschlossen.
Von Sven Schlickowey
Wie Vertreter der Beratungsstelle und der Kassenärztlichen Vereinigung im Gesundheits- und Sozialausschuss berichteten, gibt es bald wieder eine zweite gynäkologischen Praxis, die alle 14 Tagen einen operativen Abbruch bis zur zehnten Schwangerschaftswoche anbietet. Möglich wurde das nicht zuletzt durch die Kooperation von Arztpraxen.
Zuletzt hatte nur noch eine Praxis die ambulante OP angeboten, das aber nur alle zwei Wochen. Frauen, die in der „falschen“ Woche die gesetzlich vorgeschriebene Beratung absolvieren, verpassen wegen der ebenfalls vorgeschriebenen dreitägigen Bedenkzeit den Operationstermin – und sind dann 14 Tage später oftmals schon über die zehnte Schwangerschaftswoche hinaus.
Dann bleibe nur noch, eine Praxis in einer Nachbarstadt aufzusuchen, oder ein stationärer Aufenthalt im Sana-Klinikum, hatte Barbara Servos, Leiterin der Remscheider Beratungsstelle von Pro Familia, schon im September dem RGA erklärt. Beides bringe zum Teil erhebliche Probleme für die betroffenen Frauen mit sich. Dass nun wieder zwei Praxen abwechselnd operieren, es also jede Woche einen Termin gibt, entspanne die Situation erheblich, betonte Servos im Ausschuss.
Bis vor zwei Jahren hatte es genauso diesen Zustand gegeben, dann aber musste eine Frauenarztpraxis das Angebot aufgeben, weil dort kein geeigneter Raum mehr für die Operation zur Verfügung stand. Gelöst wurde das Problem nun durch nachbarschaftliche Hilfe: Eine andere Arztpraxis in der Nähe stellt den Gynäkologen Räume zur Verfügung.
Pro Jahr gibt es mehr als 300 Beratungsgespräche
Wie viele Remscheiderinnen Schwangerschaftsabbrüche vornehmen lassen, wird nicht erfasst. Die beiden Einrichtungen, die die vorgeschriebene Schwangerschaftskonfliktberatung anbieten, führen zusammen mehr als 300 Beratungsgespräche pro Jahr durch, ohne dass man weiß, wie viele der beratenen Frauen sich zu dem Eingriff entscheiden. Oder wie viele aus Remscheid kommen oder aus einer der umliegenden Städte.
Bundesweit war die Zahl der durchgeführten Abbrüche zuletzt angestiegen, im zweiten Quartal 2022 um 11,5 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum. Gleichzeitig sinkt seit Jahren die Zahl der Praxen und Kliniken, die Abbrüche vornehmen. Ein Phänomen, dessen Ursachen nicht wirklich geklärt sind. Ein Grund dürfte sein, dass der Eingriff nicht zur gynäkologischen Facharztausbildung gehört.
Auf dem Papier ist Remscheid übrigens auch ohne die hinzukommende zweite Praxis „ausreichend“ versorgt, sagt die Kassenärztliche Vereinigung. Aus Qualitätsgründen sei eine „Konzentration auf wenige Praxen“ wünschenswert, heißt es von dort. „Auch wenn das bedeutet, dass im Einzelfall auch einmal der Weg in eine solche Praxis etwas länger ist“.
Standpunkt von Sven Schlickowey: Einfach weg damit
Auch wenn sich durch die zweite Praxis die Situation bei den Schwangerschaftsabbrüchen in Remscheid demnächst wieder etwas entspannter darstellt, am Grundübel ändert das Engagement der beteiligten Mediziner wenig. Die gesetzlichen Regelungen in diesem Bereich muten nahezu bizarr an und machen aus einer für die meisten Betroffenen vermutlich ohnehin schon emotional extrem herausfordernden Situation eine Art bürokratischen Spießrutenlauf mit willkürlichen Fristen, Problemen bei der Kostenübernahme und Beratungspflicht.
Das Ganze wirkt wie ein schmieriger Kompromiss, weil den meisten offenbar klar ist, dass ein Schwangerschaftsabbruch nun mal in der Regel keine Straftat ist, man sich aber auch nicht getraut hat, den Paragraf 218 ganz abzuschaffen. Dabei wäre aber genau das die Lösung für das ganze Theater. So viel Mut sollte eine moderne Gesellschaft aufbringen.