Natürlich nachhaltig
Umweltsünde Bauen: So geht Wohnen nachhaltig
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Der Bausektor ist ein CO2-Monster. Doch es gibt Möglichkeiten, das zu verbessern - zum Beispiel mit Sanierungen. Die Stadt Remscheid bemüht sich schon um Nachhaltigkeit im Bausektor.
Von Valeria Schulte-Niermann
Remscheid. Bauen boomt. Viele wollen sich den Traum vom Eigenheim erfüllen oder sich mit einem Gewerbe in Remscheid ansiedeln. Doch das Angebot an Immobilien ist geringer als die Nachfrage. Um in Remscheid neue Gebäude zu schaffen, stehen momentan die Knusthöhe, das Gewerbegebiet Erdbeerfelder in Bergisch Born und das interkommunale Gewerbegebiet Gleisdreieck zur Debatte. Naturschützer demonstrieren gegen das geplante Gewerbegebiet Gleisdreieck. Der Bausektor ist nicht gerade für Nachhaltigkeit bekannt – im Gegenteil.
Wir haben mit Oberbürgermeister Burkhard Mast-Weisz über Nachhaltigkeit in Remscheid gesprochen.
So umweltschädlich ist die Bau- und Gebäudewirtschaft
2019 machte die Bau- und Gebäudewirtschaft 38 Prozent der globalen CO2-Emissionen aus. Das berichtet der „2020 global status report for buildings and construction“ der Vereinten Nationen (UN). Die grauen Emissionen gehen auf die Herstellung und den Transport von Baumaterialien wie Stahl, Beton und Zement zurück sowie auf die Errichtung des Hauses.
Laut einer Studie der Deutschen Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen (DGNB) entsteht rund ein Drittel der gesamten Gebäudeemissionen bei der Herstellung. Die restlichen Emissionen entstehen durch das Heizen und den sonstigen Energieverbrauch.
Außerdem ist laut Statistischem Bundesamt die Baubranche der größte Müllproduzent Deutschlands. Sie produziert 53 Prozent der jährlichen Abfallmenge. Zudem sind laut dem Deutschen Städtetag Neubauten für rund 70 Prozent des jährlichen Flächenverbrauchs verantwortlich.
So kann nachhaltiges Bauen gelingen
Doch es gibt einige Möglichkeiten, ein Haus nachhaltig zu bauen oder zu sanieren. Und das schont nicht nur die Umwelt, da weniger Ressourcen verbraucht werden, es hat auch direkte Vorteile für den Menschen. „Mehr Lebensqualität durch Schadstoffvermeidung, gesünderes und längeres Leben, positives Wohn- und Lebensumfeld“, zählt Bauhistoriker Michael Maes, 62, auf.
Energetische Sanierung und Begrünung
Baudezernent Peter Heinze berichtet, dass Nachhaltigkeit im Bausektor in Remscheid immer wichtiger werde. Zum einen die energetische Sanierung, mit der der Energieverbrauch für das Heizen reduziert wird, um so CO2 zu sparen und das Klima zu schützen. Oft müssen dafür Heizungstechnik, Gebäudehülle, Dächer und Fenster angepasst werden. Begrünungen können zusätzlich helfen, das Haus im Winter zu dämmen und im Sommer zu kühlen. Außerdem produzieren die Pflanzen Sauerstoff und gleichen somit die Emissionen des Hauses teilweise aus. Welche Dächer für Begrünung von der Lage her geeignet sind, zeigt das Gründachkataster NRW.
Photovoltaik
Zum anderen beschäftigt sich die Stadt mit der Frage, wie öffentliche Gebäude mit Solartechnik versorgt werden können. Bei denkmalgeschützten Gebäuden müsse beachtet werden, dass die Solaranlagen nicht im sichtbaren Bereich liege, sagt Peter Heinze. Förderungen gebe es beim nachhaltigen Bauen zwar keine von der Stadt, aber Peter Heinze betont, dass Bund, Land und die EU einiges anbieten. Vom Staat gibt es zum Beispiel die Bundesförderung für effiziente Gebäude (BEG). Dafür ist eine Zertifizierung von der DGNB nötig.
Das Wohngebiet an der ehemaligen Grundschule Eisernstein soll grün und ökologisch werden.
Lieber sanieren als neu bauen
Generell sollte eher saniert als neu gebaut werden, sagt die Deutsche Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen. „Wir sollten Gebäude als wertvolle Rohstofflager verstehen“, schreibt die DGNB in ihrem Report „Bauen für eine bessere Welt“.
Baudezernent Peter Heinze ist der selben Meinung: „Die Vernichtung von Gebäuden schlägt sich negativ nieder.“ Denn beim Bauen wurde schon graue Energie hineingesteckt. Ein Neubau benötigt wieder neue graue Energie. Jedoch sei das eine Einzelfallbetrachtung. Man müsse prüfen, in welchem Jahr das Haus gebaut worden sei, da besonders die vielen Remscheider Nachkriegsbauten dünnere Wände hätten und die Raumaufteilung nicht mehr modern sei. „Eine Sanierung nutzt nichts, wenn das Objekt keine Wiederverwendung findet, weil der Grundriss nicht passt“, gibt er zu bedenken.
Ein Neubau habe den Vorteil, dass er effizient und passgenau zu errichten sei. Die Heiztechnik ist optimierbar und eine digitale Steuerung möglich. Das sei besonders für Gewerbeobjekte wichtig.
Jeder soll nur so viel Fläche wie nötig beanspruchen
Jedoch müssen für Neubaugebiete oft Flächen versiegelt werden. Bei Wohngebieten gibt es noch mehr Nachteile: „Reine Wohnsiedlungen sind Schlafstädte und schaffen die Probleme von morgen wegen fehlender Infrastruktur, erforderlicher Sozialleistungen und hohem Verkehrsaufkommen“, sagt Michael Maes.
Man sollte Leerstände nutzen und wenn möglich in Gemeinschaften oder sogenannten Tiny Houses wohnen. Auch die DGNB rät, sich zu fragen, wie viel Wohnfläche man benötige. Denn obwohl der Raumwärmebedarf pro Wohnfläche sinke, sinke nicht der Energieverbrauch. Der bleibe stabil hoch, da die Wohnfläche pro Kopf steige. So fließen Zweidrittel der Energie bei privaten Haushalten in die Beheizung der Räume.
Mit wiederverwertbaren Materialien bauen
Wenn neu gebaut werden muss, kann auf die Verwendung von nachwachsenden und recycelbaren Baustoffen geachtet werden. Diese sind jedoch teilweise teurer als herkömmliche. Michael Maes nennt das aber eine Milchmädchenrechnung: „Auf längere Sicht ergibt sich immer eine Positivbilanz durch längere Haltbarkeit und Zugewinn an Lebensqualität“, sagt er. Jedoch müsse man darauf achten, nicht auf Greenwashing der Firmen hereinzufallen.
Die DGNB rät, so einfach wie möglich zu bauen, also Bauprodukte mit geringen Umweltauswirkungen zu nutzen, nachwachsende Rohstoffe, Sekundärrohstoffe und sortenreine Stoffe, die gut recycelbar sind. „Jedes Gebäude kann und muss einen aktiven Beitrag zum Klimaschutz leisten. Schon heute ist es möglich, Gebäude als Kraftwerke zu bauen, die mehr erneuerbare Energie produzieren als sie selbst verbrauchen und damit klimaneutral sind“, schreibt die DGNB in ihrem Report.
Auch der Garten kann naturnah gestaltet werden, um Tieren und Pflanzen einen Lebensraum zu bieten.
Serie
Die Serie „Natürlich nachhaltig“ beschäftigt sich mit dem Thema Nachhaltigkeit und Umweltschutz im Bergischen Land. Alle bisher erschienenen Folgen finden Sie hier:
www.rga.de/nachhaltig