Tierschutz
Tödlicher Hautpilz: Projekt könnte Salamander erhalten
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68 Feuersalamander-Larven haben Forscher der Universität Gießen 2021 im Reinshagener Bach nahe dem Müngstener Diederichstempel festgestellt. 2022 waren es noch zwei.
Dr. Jan Boomers zieht ein ernüchterndes Fazit. „Die Population ist an dieser Stelle kurz vor dem Erlöschen“, sagt der Leiter der Biologischen Station Mittlere Wupper.
Der Grund: Batrachochytrium salamandrivorans (kurz BSal). Asiatische Molche haben den Hautpilz mutmaßlich nach Europa geschleppt. Die Wissenschaft beschrieb ihn erstmals 2013, aufgefallen ist er zunächst in der niederländischen Provinz Limburg. Von dort aus breitete er sich nach Belgien und in die Eifel aus. 2017 trat BSal in Essen auf, im Frühjahr 2020 im Bereich Kohlfurth. Für Feuersalamander kommt eine Infektion einem Todesurteil gleich: Fast alle Tiere sterben binnen zwei Wochen nach dem Erstkontakt.
Im Städtedreieck breite sich der Pilz „strahlenförmig aus“, sagt Boomers. Allein zwischen Burg und Müngsten seien Hunderte Feuersalamander gestorben. Derzeit gebe es viele Meldungen aus Burgholz und dem Norden Wuppertals. Auch rund um die Sengbachtalsperre und in Richtung Witzhelden wurden erste betroffene Tiere gefunden.
Noch gesund seien die Populationen beispielsweise im Osten Remscheids und Wuppertals sowie dem Solinger Südwesten. „Aber der Pilz wird auch dort ankommen“, prognostiziert Jan Boomers. Was den Biologen so sicher macht: Tritt BSal einmal auf, verbreiten Wildtiere die Sporen. Der Mensch hat ebenfalls erheblichen Anteil: Es wird angenommen, dass die Krankheit durch Wanderer überhaupt erst den Sprung von den Niederlanden nach Deutschland und zwischen den Regionen innerhalb der Bundesrepublik geschafft hat.
Deshalb sei es wichtig, Hygieneregeln einzuhalten. Boomers appelliert an Spaziergänger und Radfahrer, auf vorgegebenen Wegen zu bleiben und Hunde anzuleinen. Schuhwerk sollte vor und nach Betreten des Waldes gründlich gereinigt und desinfiziert werden, zum Beispiel mit Spiritus. Die Ausbreitung müsse zumindest verlangsamt werden. Denn: „Es gibt kein wirksames Mittel, betroffenen Salamandern zu helfen.“
„Wenn eine Art weg ist, ist sie weg.“
Was Mut macht? „Wir haben im Städtedreieck viele engagierte Akteure.“ Dazu zählen neben der Biologischen Station, die Unteren Naturschutzbehörden, der Wuppertaler Zoo und ehrenamtliche Amphibienfachleute. Zudem kümmert sich die Universität Gießen um das Larven-Monitoring, die Bergische Universität weist BSal-Sporen in Stillgewässern nach. Auch auf Landesebene wächst das Problembewusstsein: Mitte Februar findet eine ganztätige Fachtagung zum Thema statt.
In Recklinghausen wird es unter anderem um Ex-Situ-Maßnahmen gehen. Diese sehen vor, gesunde Tiere der Natur zu entnehmen und in einem geschützten Lebensraum zu erhalten. Die Sinnhaftigkeit dieses Verfahrens ist umstritten. Das Gegenargument: Selbst wenn es in freier Wildbahn keine Feuersalamander mehr gäbe, würde BSal nicht verschwinden. Der Pilz befällt auch heimische Molche. Über Kammmolche ist bekannt, dass diese erkranken. Wie schwer, steht noch nicht fest. Bergmolche können den Pilz hingegen definitiv tragen, ohne daran zu sterben. Bedeutet: BSal bleibt – und würde gesunde Salamander nach deren Auswilderung befallen.
Nichtsdestotrotz laufen in Wuppertal Vorbereitungen für ein Ex-Situ-Projekt. Jan Boomers begrüßt das. Die Alternative sei, dass der Feuersalamander perspektivisch in ganz Westeuropa ausstirbt. „Wenn eine Art weg ist, ist sie weg.“
Tiere melden
Wer tote oder tagaktive Feuersalamander findet, sollte diese schnell, möglichst mit Foto und genauen Fundpunktkoordinaten, der Biologischen Station melden. Das ist im Internet möglich.
fundmeldesystem.bsmw.de