Urteil vom Oberverwaltungsgericht
TBR prüfen Kalkulation der Abwassergebühren
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Nach dem Urteil gegen die zu hohen Abwassergebühren in Oer-Erkenschwick passt auch der TBR seine Kalkulation an. Fest steht bereits, dass die Bürger nicht selber aktiv werden müssen.
Von Sven Schlickowey
Remscheid. Nach dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts gegen die Abwassergebühren in Oer-Erkenschwick wird auch in Remscheid die derzeitige Kalkulation überprüft. Seit Montagabend liege die Urteilsbegründung vor, berichtet Michael Zirngiebl, Chef der Technischen Betriebe (TBR), auf RGA Anfrage: „Wir analysieren das derzeit verbissen.“ Erste Ergebnisse gebe es voraussichtlich zum TBR-Betriebsausschuss am Dienstag, so Zirngiebl. Fest stehe aber jetzt bereits, dass die Remscheider nicht von sich aus aktiv werden müssten.
„Wir werden die neue Rechtssprechung bei allen Bescheiden, die noch nicht rechtskräftig sind, berücksichtigen“, sagt der TBR-Chef zu. Das betreffe auch Bescheide, gegen die noch Widersprüche laufen, vor allem aber solche, die gerade erst verschickt werden. „Wir können den Versand nicht stoppen, weil sie zusammen mit den Wasserrechnungen der Stadtwerke verschickt werden.“
Darum geht es im Urteil in Oer-Erkenschwick
Laut dem Oberverwaltungsgericht in Münster hat die Stadt Oer-Erkenschwick zwei Fehler bei der Kalkulation der Abwassergebühren gemacht: Sie setzte einen zu hohen kalkulatorischen Zins an und kombinierte das mit einer Abschreibung nach Wiederbeschaffungswert statt Herstellungskosten.
Das habe der seit 1994 geltenden und mehrfach bestätigten Rechtssprechung entsprochen, betont Zirngiebl. Nun allerdings habe das Gericht seine Meinung geändert. Demnach war der Gebührensatz in Oer-Erkenschwick im Jahr 2017 etwa 18 Prozent zu hoch, der Kläger erhält von seinen gezahlten Gebühren in Höhe von 599,85 Euro rund 110 Euro zurück.
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Remscheider Kalkulation muss angepasst werden
In Remscheid werde dieser Differenz wohl geringer ausfallen, vermutet Michael Zirngiebl. Weil die TBR zum einen um etwa 1,5 Prozentpunkte geringeren Zinssatz für die Berechnung genutzt hat. Und weil man zum anderen die tatsächlichen Herstellungskosten abgeschrieben hat und nicht den Wiederbeschaffungswert, also die voraussichtlichen Kosten, wenn das gleiche Bauwerk nun erstellt würde.
Wie genau die Remscheider Kalkulation angepasst werden müsse, prüfe man derzeit, sagt Zirngiebl. Man stehe im Austausch mit Wirtschaftsprüfern. „Und wir lassen uns voraussichtlich auch juristisch beraten.“ Unklar sei auch noch, wie sich das Urteil auf die Nachkalkulation für das Jahr 2021 auswirke. Zudem könne das Urteil auch eine Änderung des Kommunalabgabengesetzes (KAG) nach sich ziehen.
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Dass die Anpassung aber Auswirkungen auf das Ergebnis der TBR haben wird, gilt als sicher. Gewinne aus Müll- und Abwasserentsorgung dienten nicht nur dazu, Kosten für Grünanlagenpflege und Ähnliches quer zu subventionieren, sondern wurden auch in den städtischen Haushalt abgegeben. „Das habe ich schon abgemeldet“, sagt Michael Zirngiebl. „Ab 2024 sind keine Ausschüttungen mehr vorgesehen.“
Standpunkt von Sven Schlickowey: Fehlende Sicherheit
Dass sich Urteile aus Münster dem Verständnis von Laien teilweise entziehen, damit hat man in Remscheid schon Erfahrungen gemacht. So auch beim aktuellen Urteil zu den Abwassergebühren, zum Beispiel wenn das Gericht sagt, der kalkulatorische Zins berechne sich nun aus der durchschnittlichen Rendite festverzinslicher Wertpapiere der vergangenen zehn Jahre, statt wie bisher 50 Jahre - wo Kanalanlagen ja Nutzungsdauern haben, die in der Regel eher über zehn Jahren liegen.
Entscheidend ist aber ein anderer Punkt: Wie schon beim DOC-Urteil wird ehemals gültiges Recht rückwirkend aufgehoben, das heißt, Entscheidungen, die zu dem Zeitpunkt, als sie getroffen wurden, rechtens waren, sind plötzlich ungültig. Das mag juristisch möglich sein, ist gesellschaftlich aber sicher nicht sinnvoll. Ohne Planungssicherheit werden die anstehenden wichtigen Entscheidungen sicherlich nicht einfacher.