Teo Otto Theater
Moving Mountains: Tanz-Uraufführung reißt das Publikum von den Sitzen
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Die Kompanie Of Curious Nature brachte drei neue Choreografien auf die Bühne des Teo Otto Theaters
Von Daniel Diekhans
Remscheid. Für das Remscheider Publikum sind Choreograf Helge Letonja und die Tanzkompanie Of Curious Nature fast schon alte Bekannte. Das in Bremen ansässige Ensemble war als Company in Residence am Teo Otto Theater aktiv, hat im vergangenen Jahr Auftritte, Workshops und Mitmachangebote organisiert.
Und wer erinnert sich nicht an den Beitrag der Gruppe zur „KreaConvention“? Damals bespielte Of Curious Nature vom Dach bis zum Kellergewölbe das ganze Theater und gefiel durch ausgefallene Bewegungen und Kostüme. All diese Performances waren nur der Vorgeschmack auf einen eigens für Remscheid produzierten Tanzabend.
Am Samstag führte die Kompanie „Moving Mountains“ (Berge versetzen) auf – eine Weltpremiere, die von 400 Gästen begeistert aufgenommen wurde. Das Programm verbindet drei eigenständige Choreografien von Helge Letonja, Antonin Comestaz und Kossi Sébastien Aholou-Wokawui. Die Metapher im Titel bringt es auf den Punkt: Thema der „tänzerischen Essays“ sind immer aktuelle gesellschaftliche Veränderungen.
Zu Beginn des Premierenabends blickte auch Sven Graf, künstlerischer Leiter des Teo Otto Theaters, auf die Gegenwart: „In dieser Welt geht gerade sehr viel Wandel vor.“
Kompanie Of Curious Nature: Saallicht leuchtete in den Farben der Ukraine
Für seinen Gesprächspartner Letonja war es das Stichwort, um an den seit einem Jahr dauernden Ukraine-Krieg zu erinnern. Der habe sich natürlich auch in „Moving Mountains“ „hineingearbeitet“, sagte der Choreograf und erwähnte die ukrainischen Tänzerinnen, die bei Of Curious Nature dabei sind.
Seinem Stück „Memory of a Future Eruption“ ging denn auch eine Solidaritätsaktion mit den Kriegsopfern voraus. Das Saallicht leuchtete in den Farben der Ukraine, und das Publikum hielt in einer Schweigeminute inne.
Umso lebensbejahender sind die von Letonja entwickelten Bewegungsfolgen. Seine elf Tänzerinnen und Tänzer sprangen und wirbelten, als befänden sie sich in einer permanenten Metamorphose. Vor allem aber gelangen überzeitliche Bilder menschlichen Seins. Den ewigen Zyklus von Werden und Vergehen führte der wilde Veitstanz einer Tänzerin vor, die mit vorgeschnalltem Bauch eine Schwangere mimte.
Noch beeindruckender spielte das Kollektiv. Da verschmolzen die Körper zu einem Schiff, das von der Galionsfigur bis zum Segel nichts vermissen ließ.
Moving Mountains: Inszenierung, die Gesprächsstoff liefert
Das Gruppenbild ließ unterschiedliche Deutungen zu. Zielte es auf die massenhafte Flucht über das Mittelmeer ab? Oder war es ein allgemeingültiges Symbol für den Aufbruch in die Zukunft? Dass dieser Aufbruch Konflikte nach sich zieht, zeigten Szenen, in denen das Ensemble nicht miteinander, sondern gegeneinander agierte. Choreograf Kossi Sébastien Aholou-Wokawui findet einen Mittelweg zwischen Modern Dance und afrikanischen Tanztraditionen.
Als stünde die Zeit still, bewegte sich Of Curious Nature hier zu hypnotischer Musik. In eine Disco voller Stroboskoplichter versetzte Antonin Comestaz die Tänzer. Dass sie wie Soldaten imaginäre Waffen schwenkten und über den Bühnenboden robbten, wirkte arg plakativ. Solche Szenen trübten aber nicht das Gesamtbild. Der Schlussapplaus fiel kräftig aus.