Haushalt
Stadt soll 502 Millionen Euro ausgeben
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Investitionsschub soll bis 2027 erfolgen. Einen Schwerpunkt legt die Verwaltung auf die Schulen in Remscheid.
Remscheid. Zuhörer und Politiker verließen die Ratssitzung am Donnerstag mit einer Erkenntnis: Remscheid steht in den nächsten Jahren vor enormen Herausforderungen – und einem „Wumms hoch zwei“, wie Kämmerer Sven Wiertz (SPD) ankündigte. Mit diesem Begriff beschrieb er ein Investitionsprogramm mit einem Gesamtvolumen von 502 Millionen Euro. Dass dies bis 2027 möglich ist, liegt an den wirtschaftlich erfolgreichen Jahren vor der Pandemie. Der Stadt gelang es seit 2016, den Haushalt auszugleichen und sogar Schulden abzubauen. „Wir haben dadurch finanzielle Spielräume erhalten, die wir wahren müssen“, erklärte Wiertz dem Stadtrat bei seiner knapp einstündigen Rede über den Entwurf für den Doppelhaushalt 2023/2024.
„Da fehlen jetzt Menschen, die wir mühsam zurückholen müssen.“
Dieser schließt jedenfalls auf dem Papier mit einem kleinen Plus ab – aber auch nur, weil die Kosten der Corona-Krise isoliert werden können. Jene 150 Millionen Euro, die Remscheid während der Pandemie aufbringen musste, stottert die Kommune erst ab 2026 ab. Das hilft ihr kurzfristig, sorgt aber danach für eine Mehrbelastung von drei Millionen Euro pro Jahr.
Ein Großteil fließt beim „Wumms hoch zwei“ in den Bildungssektor. Allein 41,7 Millionen Euro sind vorgesehen, um die Gymnasium für das Abitur nach 13 Jahren umzugestalten. Unterrichtsräume für den zusätzlichen Jahrgang müssen her. Die Hauptschule Hackenberg wird für 16 Millionen Euro saniert und erweitert. 26,1 Millionen will die Stadt laut Kämmerer für die Digitalisierung an den Schulen ausgeben, 11,9 Millionen Euro für Brandschutzmaßnahmen.
Große Batzen beim „Wumms“ sind zudem die Sanierung des Freibads Eschbachtal, die rund 26,3 Millionen Euro kosten soll, und die Erweiterung des Rathauses um einen neuen Anbau, der mit nunmehr 30,8 Millionen zubuche schlägt. Und: In die Sanierung der Alleestraße sollen 28,7 Millionen Euro fließen. Dies sind die dicksten Brocken beim „Investitionsschub“, den Wiertz bis 2027 ausgerufen hat.
Dazu sei es höchste Zeit. Denn zwei Jahrzehnte lang durfte die Stadt so gut wie keine Investitionen tätigen und musste selbst beim Unterhalt von Gebäuden und Straßen sparen, wie Sven Wiertz auf eine Nachfrage von Bettina Stamm (Echt Remscheid) in der späteren Debatte anmerkte. Sie hatte mit Blick auf die desolaten Zustände in der Lenneper Grundschule Freiherr-vom-Stein der Verwaltung mangelnde Kommunikation vorgeworfen. „Da ist es doch kein Wunder, wenn wir immer Nachfragen stellen müssen“, erklärte sie und hörte deutliche Worte des Kämmerers als Erwiderung. „Natürlich hatten die fehlenden Investitionsmöglichkeiten Folgen. Keineswegs wurde aber bewusst ein Gebäude vernachlässigt“, hob er hervor. Wiertz erinnerte daran, dass im Zuge des Sparzwangs 270 Stellen bei der Verwaltung abgebaut worden seien. „Da fehlen jetzt Menschen, die wir mühsam zurückholen müssen.“ Auch vor diesem Hintergrund verwahre er sich dagegen, dass die Arbeitsqualität seiner Kollegen „in dieser Art und Weise infrage gestellt wird“. „Wenn Sie Fragen haben, melden Sie sich bei den Dezernenten. Wir werden sie nach bestem Wissen beantworten“, erklärte er an die Adresse der Ratsfrau.
Für OB Burkhard Mast-Weisz (SPD) war die Haushaltsrede der Auftakt dafür, „dass wir in den nächsten zwei Monaten engagierte Diskussionen führen“, erklärte er zu Beginn der Sitzung.
Zeitplan
Nach den Beratungen in den Fachausschüssen und den Bezirksvertretungen soll der Haushalt mitsamt den Änderungswünschen der Fraktionen am 27. April vom Stadtrat verabschiedet werden – und im Anschluss der Aufsichtsbehörde in Düsseldorf vorgelegt werden. Er sieht alle Ausgaben und Einnahmen vor, die Remscheid in den kommenden beiden Jahren plant – und erhält auch die mittelfristige Finanzplanung bis zum Jahr 2027 sowie den Stellenplan der Stadtverwaltung.
Standpunkt von Frank Michalczak: Steuerzahler ist Verlierer
Auf den ersten Blick wirkt es widersprüchlich: Zum einen verordnet die Verwaltung Remscheid eine Frischzellenkur in einem Volumen von 502 Millionen Euro. Zum anderen werden Grund- und Hundesteuer erhöht. Sollen also Hausbesitzer und Tierfreunde für die Beseitigung des enormen Investitionsstaus zahlen? So einfach ist es nicht. Denn: Der „Wumms hoch zwei“, wie Kämmerer Sven Wiertz das Programm bis 2027 genannt hat, wird aus Mitteln diverser Förderprogramme und Krediten finanziert, womit Werte geschaffen werden. Sie steigern, wenn man so will, das Vermögen Remscheids.
Die Erhöhung der Steuern ist hingegen ein klares Signal: Bevor Land und Bund nicht endlich zu einer Regelung der Altschulden sorgen, zahlen die Bürger die Zeche für die nun wieder steigenden Zinsen. Denn: Woher soll Sven Wiertz dieses Geld denn nehmen? Bei dem Hickhack um die Finanzausstattung der Städte ist einstweilen der Steuerzahler in Remscheid der Verlierer.