Schulausschuss
Schließung des WBK: Politik stellt sich gegen Bezirksregierung
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Die von der Bezirksregierung geplante Schließung des Weiterbildungskollegs erhitzt die Gemüter. Wie es nun weitergeht.
Von Sven Schlickowey
Remscheid. Die Remscheider Politik stemmt sich gegen die von der Bezirksregierung geplante Schließung des Weiterbildungskollegs (WBK), der ehemaligen Abendrealschule. Ein Antrag, der eine „sukzessive Auflösung“ der Schule vorsieht, weil die gesetzlich vorgeschriebene Mindestzahl an Studierenden seit Jahren unterschritten wird, fiel im Schulausschuss bei einer Enthaltung einstimmig durch.
Wie es nun weitergeht, ist unklar. Der zuständige Dezernent räumte in der Sitzung ein, dass es einen solchen Fall bisher noch nicht gegeben habe.
Parteiübergreifend machten insbesondere SPD, CDU und Linke deutlich, dass sie der Begründung der Bezirksregierung, das Remscheider Kolleg werde nicht mehr benötigt, die Studierenden könnten an eine vergleichbare Einrichtung in Wuppertal wechseln, nicht folgen wollen.
Die Redner verwiesen unter anderem auf die besondere Situation Remscheids mit einem hohen Migrationsanteil und schlechte Busverbindungen nach Wuppertal. „Es geht darum, Menschen, die schwierige Bedingungen hatten, zurück in die Gesellschaft zu bringen“, sagte Axel Behrend (Linke). Wie das am besten gehe, könne die Bezirksregierung nicht „am grünen Tisch“ entscheiden.
Der Bedarf ist nicht mehr groß.
Argumente, die Michael Wlochal als Dezernent der Bezirksregierung nicht gelten lassen wollte. Er berichtete, dass die Hochzeit der Weiterbildungskollegs vorbei sei, zuletzt Einrichtungen in Neuss und Essen geschlossen worden seien: „Der Bedarf ist nicht mehr so groß.“ Die Schulen seien teils sehr klein: „Wir haben da Fachschaften, die oft nur noch aus einem Lehrer bestehen.“ Austausch und Innovation finde so nicht statt.
Auch der von Teilen der Remscheider Politik ins Gespräch gebrachten Lösung, in Remscheid eine Zweigstelle des Wuppertaler Kollegs einzurichten, erteilte der Dezernent eine Absage: In Wuppertal gebe es genug Kapazitäten, die Remscheider mit zu unterrichten.
Den Studierenden sei es durchaus zuzumuten, in die Nachbarstadt zu fahren, sagte Wlochal. Wer dazu nicht in der Lage sei, bei dem sei auch fraglich, ob der Erwerb eines Schulabschlusses möglich ist. Zudem gebe es in Remscheid ja noch eine weitere Möglichkeit, Abschlüsse nachzuholen: die Volkshochschule.
Was Nicole Grüdl-Jakobs als Leiterin des Kommunalen Bildungszentrums bestätigte: Die VHS biete die gleichen Abschlüsse an, dazu sei sie gesetzlich verpflichtet. Dass beide Systeme parallel existieren, habe wohl historische Gründe. Die Studierenden des Remscheider Kollegs, die nicht nach Wuppertal wechseln, könne man übernehmen. Auch die Beschulung der Gefangenen in der JVA Lüttringhausen, die noch beim WBK liegt.
Allerdings gibt es einen Unterschied zwischen WBK und VHS, auf den Christian Günther (SPD) hinwies: Während die Lehrkräfte der Kollegs vom Land gestellt und bezahlt werden, ist die Volkshochschule eine komplett kommunale Einrichtung. Was Günther zu dem Schluss brachte, dass es auch darum gehe, den Landeshaushalt zu entlasten – auf Kosten der Stadt.
Welche Auswirkung die Ablehnung des Ausschusses hat, blieb zunächst unklar. Die Bezirksregierung müsse nun wohl Verhandlungen mit der Stadt aufnehmen, mutmaßte Dezernent Wlochal. Vielleicht erlaube man auch die Weiterführung des Kollegs, stelle aber keine Lehrkräfte mehr. Das falle aber nicht in sein Ressort, so Wlochal. Dafür sei nun das Dezernat Schulrecht zuständig.
Hintergrund
Paragraf 82 des NRW-Schulgesetz schreibt vor, dass bestehende Weiterbildungskollegs mindestens 160 Teilnehmer brauchen, um fortgeführt zu werden, 240 Teilnehmer sollen demnach die Regel sein. Das Remscheider Weiterbildungskolleg hat derzeit 74 Studierende.
Kommentar von Sven Schlickowey: Ein schlanker Fuß
Bildung ist in Deutschland Ländersache. Ein Grundsatz, auf den die jeweils gerade regierenden Landesfürsten in jeder Föderalismusdebatte gerne hinweisen. Doch diese oft beschriene Ländersache lässt sich offensichtlich bei Bedarf, also Problemen, auch schnell ins Kommunale verlagern. Das zeigt die aktuelle Diskussion um das Remscheider Weiterbildungskolleg. Das soll geschlossen werden, weil es die im Landesschulgesetz vorgeschriebene Größe unterschreitet.
Und als mögliche Alternative nennt der Vertreter der Bezirksregierung die städtische VHS, die solche Bildungsgänge anbieten muss, weil das ein anderes Landesgesetz so vorschreibt, wie man Paragraf 11 des Weiterbildungsgesetz NRW entnehmen kann. Die perfekte Art, sich den sprichwörtlichen schlanken Fuß zu machen: Die Einrichtung, die man mitfinanziert, für überflüssig zu erklären – aber andere verpflichten, genau dieses Angebot aufrecht zu erhalten.