Verfall der entweihten Kirche

Philipp-Melanchthon-Kirche: So soll auf den Schandfleck eine Augenweide folgen

Ein trauriger Anblick: Die Philipp-Melanchton-Kirche verfällt und ist nicht entsprechend vor Eindringlingen gesichert. Bezirksbürgermeister Otto Mähler (2. v.l .) sah sich mit Anwohnern um.
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Ein trauriger Anblick: Die Philipp-Melanchton-Kirche verfällt und ist nicht entsprechend vor Eindringlingen gesichert. Bezirksbürgermeister Otto Mähler (2. v.l .) sah sich mit Anwohnern um.
  • Andreas Weber
    VonAndreas Weber
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Die Philipp-Melanchthon-Kirche ist für die Anwohner ein Ärgernis. Nun kündigt ein Investor ein großes Projekt an.

Remscheid. 1966 eingeweiht, stand die Philipp-Melanchthon-Kirche einst für ein modernes, architektonisch attraktives Gotteshaus. Seit der Aufgabe und Entweihung 2015 verfällt die evangelische Kirche im Ortsteil Siepen zusehends. Aus dem Schmuckstück ist unter dem neuen Eigentümer ein Ärgernis geworden.

Die Anwohner in den Eigentumswohnungen gegenüber erschüttert nicht nur der Anblick, sie kritisieren auch, dass der Besitzer seiner Verkehrssicherungspflicht nicht nachkommt. Aktueller Beleg bei Minustemperaturen: eine dicke, mehrere Meter breite Eisschicht, die an dem Wendehammer der Sackgasse über den Bürgersteig und die Straße läuft. Seit Tagen hat sich hier ein Gefahrenherd für Spaziergänger gebildet. Das Wasser rinnt aus einem überwucherten Springbrunnen, der neben der Treppe hoch zum Gemeindesaal angelegt war, und sich unter den halb umgestürzten Bauzäunen seinen Weg auf den Asphalt bahnt.

Die verwaiste, verwinkelte Kirche besitzt den Charme eines „Lost place“, eines Abenteuerspielplatzes. Ein Fuchs, so wird beobachtet, geht ein und aus und holt seine Mahlzeiten. Auch für Menschen steht das Innere offen. Die aufgestellten Bauzäune sind zum Teil umgekippt, durch unverschlossene Türen, zerschlagene Fensterfronten und ein riesiges, von einem Bagger am 22. Dezember gerissenes Loch in einem Verbindungstrakt des mit Graffiti verunzierten Gemeindehaus-Komplexes werden Jugendliche angelockt.

Bis in die Spitze geklettert: Im Turm läutet nachts die Glocke

Über die Treppe zum freistehenden Kirchturm und eine zusätzlich aufgestellte Haushaltsleiter begeben sich Wagemutige in die Spitze, läuten nachts die Glocke. Christel Haussels-Jung, die seit 1980 direkt gegenüber lebt, ist entsetzt. „Jeden Morgen stehe ich am Fenster und denke: So ein Mist.“ Sie denkt an die erheblich gesunkene Lebensqualität in der kurzen Wohnstraße am Waldrand. Zum Käufer des 8600 Quadratmeter großen Areals sind die Anwohner mit ihren Beschwerden nicht durchgedrungen.

Sie befürchten, dass die Umwidmung des Filetstücks ein quälend langer Prozess werden könnte. Eigentümer Tiberius Jeck erläuterte dem RGA gestern, dass die Vorbereitungen weit gediehen seien und auf die Zielgerade zugehen. „Es könnte ein Vorzeigeprojekt für Remscheid werden“, deutet der Remscheider Vermögensberater an. Jeck ist einer von drei Gesellschaftern und Investoren, die anstelle der Kirche 4000 Quadratmeter Wohnfläche schaffen wollen. Um die 40 Wohnungen werden nach den Plänen in drei Baukörpern am Hang entstehen. Seit anderthalb Jahren seien die Gesellschafter im Gespräch mit dem Bauamt, sagt Jeck. Er ist zuversichtlich, dass eines der größten Wohnprojekte in Remscheid in naher Zukunft realisiert werden kann. Die Abrissgenehmigung liegt schon lange vor. Jeck geht davon aus, dass die Kirche noch 2023 verschwunden sein wird.

Tiberius Jeck spricht von Wohnungen in einem gehobenen Standard, die nicht auf das Luxussegment zielen, bezahlbar sein sollen, barrierefrei, energetisch auf dem neuesten Stand, Familie, Paar und Singles von der jeweiligen Größe gleichermaßen ansprechen. „Es wird auch optisch toll aussehen“, weckt Jeck die Vorfreude, dass auf einen Schandfleck eine Augenweide folgen könnte.

1963 wurde der Grundstein für das Gemeindezentrum Siepen gelegt, 1966 wurde die Kirche eingeweiht. Viele Jahre hatte Siepen ein reges Gemeindeleben. Mit dem Wandel des sozialen Umfelds nahmen die Gottesdienstbesucher stetig ab.

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