Öffentlicher Nahverkehr
Neun-Euro-Ticket ist schon zu haben
Aktualisiert:
- 0 Kommentare
-
Feedback
schließen
- Weitere
- VonAxel Richterschließen
Wie voll wird es in den Bussen? Vias bereitet sich auf Ansturm vor während die Stadtwerke viele Ausfälle beklagen.
Remscheid. Das Neun-Euro-Ticket ist da. In den Vorverkaufsstellen ist es bereits zu haben. Noch ist unklar, wie gefragt es ist, denn offizielle Verkaufszahlen gibt es noch nicht. Ab der nächsten Woche kann der günstige Fahrschein zudem in den Bussen der Remscheider Stadtwerke erstanden werden, ab Ende Mai auch im Online-Shop. Gültig ist das Ticket ab dem 1. Juni. Was dann und an den Folgetagen auf die Busse der Verkehrsbetriebe und die Bahnen der S.7 zukommt, erwarten die Unternehmen mit Spannung.
Alles soll rollen, was Räder hat. Und jeder, der einen Bus steuern kann, soll hinter dem Lenkrad sitzen. So gut es geht, rüsten sich die Stadtwerke für den möglichen Ansturm auf ihre Fahrzeuge. Schließlich werden die Bundesbürger den Öffentlichen Personennahverkehr in den Monaten Juni, Juli und August wirklich für kleines Geld nutzen können.
Neun-Euro-Ticket erfordert einen hohen organisatorischen Aufwand
Remscheid: Neun-Euro-Ticket ist Chance und Herausforderung
Für die Verkehrsunternehmen ist das Chance und Herausforderung zugleich. „Wir hoffen natürlich darauf, dass wirklich viele Menschen das Auto stehenlassen und sich von unserem Angebot überzeugen lassen“, sagt Stadtwerke-Marketing-Chefin Nicole Druschke. Was aber, wenn die Busflotte ab den ersten Junitagen an ihre Kapazitätsgrenzen stößt, weil die Fahrzeuge restlos überfüllt sind und das gesamte System überlastet?
Die Frage stellt sich den Stadtwerken umso dringender, je mehr Fahrer krank daheim bleiben. Und das ist infolge von Corona derzeit der Fall. Erst am Dienstag fielen deshalb zahlreiche Fahrten aus. Damit ist auch an den nächsten Tagen zu rechnen.
Am Mittwoch fallen einige Buslinien aus
89 Busse können die Stadtwerke zeitgleich auf die Straße bringen. Das freilich nur, wenn es auch genug Fahrer für sie gibt. Vier neue Kollegen haben bei den Verkehrsbetrieben gerade ihren Dienst angetreten. Allerdings müssen die zunächst eingearbeitet werden und sitzen noch nicht am Steuer.
Um den morgendlichen Schulbusverkehr sicherzustellen, springen bereits Kollegen aus der Verwaltung ein. Wer über die entsprechenden Papiere verfügt, bringt die Buskinder morgens zur Schule und wechselt dann an den Schreibtisch.
Wir haben zunächst Schnappatmung bekommen.
Das Neun-Euro-Ticket kommt für die Verkehrsbetriebe deshalb eigentlich zur Unzeit. „Wir haben zunächst Schnappatmung bekommen“, gesteht Nicole Druschke. Heute steht die Planung zur Einführung, die von einer eigenen Kampagne begleitet werden soll. Leicht zu erklären: Beim Neun-Euro-Ticket handelt es sich um ein reguläres Papierbillett. Vertrieben wird es auf dem digitalen Weg, doch ist es auch überall zu haben, wo es Tickets zu kaufen gibt.
Abokunden müssen sich um nichts kümmern
Wichtig: Die annähernd 14.000 Abokunden der Stadtwerke müssen sich um nichts kümmern. Wer zum Beispiel ein Schüler-, Schoko- oder Bärenticket in der Tasche hat, dem werden im Juni, Juli und August per Lastschriftenverfahren statt der sonst üblichen Summe nur neun Euro abgebucht. Auch sie dürfen danach bundesweit mit Bus und Bahn unterwegs sein.
Das gilt auch für die Strecke des Müngsteners. Das Unternehmen Vias Rail rechnet deshalb mit deutlich mehr Fahrgästen, die von Remscheid nach Solingen pendeln. „Das ist natürlich ein toller Impuls für uns“, sagt Björn Zimmermann, bei Vias Geschäftsführer Finanzen. In jedem Fall will Vias für mehr Sicherheitspersonal sorgen, sollte es in den Bahnen voller werden. Zusätzliche Züge auf die Strecke zu bringen, sei dagegen schwierig.
Lesen Sie auch: In allen Remscheider Bussen gibt es jetzt kostenloses W-Lan
Standpunkt von Axel Richter: Chance und Risiko
Das Neun-Euro-Ticket ist eine riesen Chance für den Öffentlichen Personennahverkehr. Immerhin für drei Monate ersetzt es die undurchschaubaren Tarifsysteme und -zonen und lässt die Menschen zu einem günstigen Preis von A nach B reisen. Auch quer durch die Republik. Und zwar ohne, dass die Reisenden zum Erwerb eines gültigen Fahrscheins zuvor einen Hochschulabschluss in Tele-Semiotik und Fahrplankonstruktion erworben haben.
Das könnte Bus und Bahn echten Schub verleihen. Wenn nicht übervolle Abteile das Einsteigen unmöglich machen. Das würde den großen Feldversuch zum Umsteigen der Menschen auf eine weniger klimaschädliche Fortbewegung nämlich kurzerhand ausbremsen. Die Bus- und Bahnunternehmen stehen deshalb vor einer großen Aufgabe. Von ihnen hängt es ab, ob wir in den nächsten drei Monaten der Verkehrswende näher kommen oder auf der Strecke bleiben.