Landunter im Seniorenbüro

Nachfrage bei der Rentenberatung ist stark gestiegen

Annette Mores verzeichnet einen stark gestiegenen Beratungsbedarf im Seniorenbüro.
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Annette Mores verzeichnet einen stark gestiegenen Beratungsbedarf im Seniorenbüro.
  • Frank Michalczak
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Ratsuchende sorgen derzeit für einen Ansturm auf das Remscheider Seniorenbüro.

Remscheid. Dabei geht es zum einen um die aktuellen Notsituationen von Menschen, die durch Inflation und die enorm gestiegenen Energiekosten um ihre Existenz bangen. Zum anderem stellen immer mehr Besucher Fragen zu ihrer künftigen Rente – und hoffen auf Hilfe bei den entsprechenden Anträgen, wie Beraterin Annette Mores berichtet. „Es ist spürbar, dass die ersten Babyboomer-Jahrgänge das Rentenalter erreichen.“ Die Nachfrage sei schon jetzt deutlich gestiegen.

Annette Mores ist dabei in einer Doppelfunktion tätig: Im Ehrenamt berät sie als Versicherungsälteste. Und als städtische Mitarbeiterin weist sie im Seniorenbüro den Besuchern einen Weg durch den bürokratischen Dschungel, vermittelt Ansprechpartner und weist auf Angebote der Wohlfahrtsverbände hin. Bei der Rentenberatung ist sie mit ihrer entsprechenden Ausbildung aber weitgehend allein auf weiter Flur. Ihr fehlen manche Kollegen, die das bei der Verwaltung übernahmen – vor einem Stellenabbau. Dieser wurde im Hinblick darauf vorgenommen, dass die Beratung eine freiwillige Aufgabe der Stadt ist, die eigentlich bei den Rentenversicherungen angesiedelt sein sollte. Und so kümmert sich Annette Mores auch in ihrer Freizeit um Rentenangelegenheiten ratsuchender Menschen in Remscheid. Dazu hat sie das Amt der Versicherungsältesten angetreten.

„Unsere Türen stehen hier allen offen.“

Seniorenbeauftragter Ralf Krüger

Dabei hat sie es oft mit komplizierten Fällen zu tun, wie der städtische Seniorenbeauftragte Ralf Krüger zuletzt im Seniorenrat schilderte. „Kürzlich wandte sich eine Frau an uns, deren Mann gestorben ist. Er stammte aus Marokko – und sie muss aus dem Land eine Monogamie-Bescheinigung vorlegen, ansonsten bekommt sie keine Rente.“ Denn: Rein theoretisch könnte der Verstorbene mehrere Ehefrauen hinterlassen haben – dann müssten sich diese die Rentenansprüche des Verstorbenen teilen. „Die Lage der Witwe ist dramatisch“, erklärte Krüger.

Unabhängig von diesen und anderen komplexen Angelegenheiten beschrieb er die Situation in der Anlaufstelle als sehr angespannt. „Bei den Rentenanträgen herrscht landunter.“ Dabei verweist Annette Mores längst auf die Dienste der Rentenversicherungen, die aber mittlerweile Beratung vornehmlich am Telefon böten. Das sei gerade für Menschen mit einem Migrationshintergrund und sprachlichen Defiziten schwierig.

Und so müsse sie Prioritäten setzen. Fälle, bei denen sich akut finanzielle Not abzeichnet, ziehe sie vor. Andere Ratsuchende müssen warten. „In der Spitze hatten wir an einem Montag 30 Kontakte – elf davon drehten sich um Rentenanträge“, berichtet Annette Mores, die im Seniorenbüro von Ralf Krüger und einer Teilzeitkollegin unterstützt wird.

Patientenverfügung, Vorsorgevollmacht, Fragen zum Wohngeld – all das sind nur einige Beispiele für das breite Spektrum, das dieses Team im Büro im Haus Alte Bismarckstraße 4 abdeckt. „Unsere Türen stehen hier allen offen“, betonte Ralf Krüger im Seniorenrat.

Vermutlich erst der Anfang des Beratungsbooms

Das gilt auch für die Menschen aus den Babyboomer-Jahrgängen, deren Zahl im Seniorenbüro wegen Rentenberatung weiter steigen dürfte. „Wir sind ja jetzt erst bei den Geburtsjahren 1957 und 1958 angekommen“, verweist Annette Mores darauf, dass die Zahl der Geburten in den 60er Jahren weiter deutlich zugenommen hat. So steht das Seniorenbüro wohl erst am Anfang eines Beratungsbooms.

Anlaufstelle

Alte Bismarckstraße 4 lautet die Adresse des Remscheider Seniorenbüros. Hier werden nach Angaben der Stadtverwaltung zahlreiche Fragen beantwortet – etwa zu Themen wie Schwerbehinderung, Vorsorgevollmacht, Patienten- und Betreuungsverfügung, Renten- und Steuerfragen, Pflege, Wohnen im Alter, Grundsicherung und Wohngeld. Geöffnet ist das Seniorenbüro montags bis donnerstags von 9 bis 12 Uhr und 14 bis 16 Uhr, freitags von 9 bis 12 Uhr. Kontakt zur Anlaufstelle:
Tel. (0 21 91) 46 453 50.

Standpunkt von Frank Michalczak: Bedarf wird steigen

frank.michalczak@rga.de

Es war August 2017, als die Stadtverwaltung in der Nähe des Markts eine neue Anlaufstelle für die ältere Generation eröffnete. Seither bietet das Seniorenbüro Hilfe in beinahe jeder Lebenslage. Es ist zur Erfolgsgeschichte geworden, weil hier, wie der Seniorenbeauftragte Ralf Krüger feststellt, die Türen offenstehen. Ratsuchende erfahren Ansprache – und verlassen das Büro zumindest mit dem Gefühl, dass ihnen jemand zugehört hat. Und statt in der Dauerwarteschleife des Bergischen Service-Centers zu landen, sind die Mitarbeitenden auf direktem Weg während der Öffnungszeiten auch telefonisch erreichbar. Da ist es klar, dass immer mehr Menschen den Kontakt zu Annette Mores und zu ihren Mitstreitern suchen. Und: Dass der Beratungsbedarf weiter wachsen wird, liegt auf der Hand. Denn die Zahl älterer Menschen wird deutlich zunehmen. Dem muss die Verwaltung mit mehr Personal Rechnung tragen. So schwer das angesichts der finanziellen Lage der Stadt auch ist.

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