Schulbetrieb

Lehrermangel: Düstere Perspektive für Remscheid

Stehen vor schwierigen Zeiten als GEW-Gewerkschafter (v. l.): Lena Gebert, Diana Ikemeyer und Ralf Giefers-Kremer.
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Stehen vor schwierigen Zeiten als GEW-Gewerkschafter (v. l.): Lena Gebert, Diana Ikemeyer und Ralf Giefers-Kremer.
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Es gibt sogar Zwangszuweisungen: Die Lehrergewerkschaft schlägt aus vielen Gründen heftig Alarm.

Von Andreas Weber

Remscheid. Düstere Perspektiven für den Schulbetrieb: 4500 Pädagogen werden bis 2031 in NRW fehlen. Das Land müsste in acht Jahren 79.000 Lehrer und Lehrerinnen einstellen, um den Bedarf zu decken. Schon jetzt ist der Mangel eklatant, die Not groß, auch vor Ort.

„Remscheid ist mittlerweile die am schlechtesten versorgte Stadt im Regierungsbezirk Düsseldorf“, erklärt Diana Ikemeyer, hiesiges Vorstandsmitglied der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW).

Besonders in den Grundschulen ist die Personaldecke extrem dünn. „Es fehlen rechnerisch 3,5 Lehrer pro Grundschulen. Bei 17 insgesamt in unserer Stadt sind dies über 50“, rechnet Ikemeyer, Lehrerin an der GGS Hasenberg vor.

Während weiterführende Schulen nur in bestimmten Fächern unterversorgt sind, trifft es die Primarstufe in voller Breite. Vollausgebildete Nachwuchslehrer als Verstärkung für Remscheid sind im Grundschulbereich eine Seltenheit. „Auf die Ausschreibungen in den letzten Jahren haben sich fast nur Seiteneinsteiger gemeldet.“ Welche Stellen aktuell offen sind.

Schlusslicht Remscheid: Welche Folgen hat der Lehrermangel?

Stand bislang Duisburg als Synonym in Nordrhein-Westfalen für die Lehrermisere, ist jetzt Remscheid Schlusslicht. Zum 1. Mai habe es deshalb in dieser Stadt erstmals Zwangszuweisungen für zwei Jahre gegeben, zum 1. August sei dies noch mal der Fall, stellt Ikemeyer fest.

Die Folgen seien spürbar, betont der dreiköpfige Ortsvorstand, zu dem noch Lena Gebert und Ralf Giefers-Kremer gehören: „Die Unzufriedenheit, den Kindern nicht mehr gerecht werden zu können, führt zu erhöhtem Krankenstand bis zu ersten Kündigungen.“

Bei der Hauptversammlung der hiesigen GEW Anfang der Woche diskutierten Mitglieder aus fast allen Schulformen und einzelner Kitas mit ihrem stellvertretenden Landesvorsitzenden Stephan Osterhage-Klingler über den „täglichen Wahnsinn“.

Zum „täglichen Wahnsinn“ in den Schulen gehört auch der komplette Ausfall von Unterrichtsstunden.

Die Kollegen fragten, so der Tenor, wie sie individuellen Bedürfnissen der Kinder gerecht werden können, wenn mehr als 30 Schüler mit unterschiedlichen Anforderungen in einer Klasse sitzen, Fördermaßnahmen und Doppelbesetzungen aber aufgrund des Personalmangels wegfallen. Sonderpädagogische Unterstützung oder Sprachförderung für Kinder, die Deutsch als Zweitsprache erlernen, würden häufig aufgrund von Ad-hoc-Vertretungen ausfallen, „wenn das Personal überhaupt an der Schule vorhanden ist“, fügt der GEW-Vorstand hinzu.

Dass das Schulministerium auf Einschränkungen bei Teilzeit, größere Klassen und Abordnungen von Lehrkräften in „schwache“ Regionen setze, verschärft die Lage aus Sicht der GEW. Die Gewerkschaft, die in Remscheid über 400 Mitglieder zählt, sieht gute Arbeits- und Rahmenbedingungen als die beste Werbung für einen zunehmend unattraktiver werdenden Beruf. Die Bezahlung sei ein gewichtiges Argument. „A13/EG13 für alle Lehrkräfte ist ein erster Erfolg, für den wir seit Jahren gekämpft haben.“

Welche Maßnahmen fordert die Gewerkschaft gegen den Lehrermangel?

Es müsse aber weitergehen, fordert die GEW: „Eine entsprechende Angleichung der Gehälter für Lehrkräfte des herkunftssprachlichen Unterrichts, Sozialpädagogen, multiprofessionelle Teams muss stattfinden.“ Ebenso müsse die Arbeit der Fachleiter, die in der Lehrerausbildung tätig sind, deutlich besser honoriert werden. „Denn wo diese fehlen, können keine Lehrkräfte ausgebildet werden.“ Das für Remscheid zuständige Seminar ist in Solingen angesiedelt.

Auch an weiteren Stellschrauben wird verzweifelt gedreht, zum Beispiel über Vorgriffsstellen für Pädagogen, die mit Blick G9 an Gymnasien eingestellt wurden, sich aber für fünf Jahre mit einer halben Stelle an eine GGS binden. Zum 1. August führt NRW auch die Alltagshelfer ein, die einfache, unterstützende Tätigkeiten in Grundschulen abseits der Pädagogik übernehmen sollen. Es sind Stellen, die keine Qualifikation erfordern.

Auch den Seiteneinstieg verbessern

Auch der Seiteneinstieg in Schulen, fast zur tragenden Säule geworden, muss verbessert werden, fordert die GEW und begrüßt Obas: Der zweijährige, berufsbegleitende Vorbereitungsdienst, den das Land Absolventen eines Masterstudiums unter diversen Voraussetzungen über die bislang angebotene pädagogische Einführung hinaus anbietet, öffnet die Tür zum Dauerbeschäftigungsverhältnis beziehungsweise ins Beamtentum. Obas sollte zum 1. Mai starten, tut es aber nicht. „Es fehlten die Fachleiter“, meint Diana Ikemeyer.

Lesen Sie dazu hier den Kommentar von RGA-Redakteur Andreas Weber: Deprimierende Realität

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