Mein Blick auf die Woche
Meinung: Deshalb ist keine Zeit mehr für Firlefanz in Remscheid
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Remscheid ist nicht sexy für Jugendliche. Um das zu wissen, bedurfte es eigentlich keiner neuen Jugendstudie. Die Folgen sind allerdings dramatisch, findet RGA-Lokalchef Axel Richter: Remscheid laufen die hellsten Köpfe davon.
Remscheid. Jugendliche in Remscheid wünschen sich mehr Cafés, Clubs und Treffpunkte. Um das zu wissen, hätte es die neue Studie nicht gebraucht, deren Ergebnisse die Stadt Remscheid in dieser Woche vorstellte. Denn schon in den 90er Jahren wünschten sich Jugendliche in Remscheid mehr Treffpunkte, Cafés und Clubs, wobei die damals noch Diskotheken hießen.
Darüber hinaus hat sich seither wenig verändert. Remscheid ist nicht sexy für Jugendliche. Wohin das führt, zeigt eine weitere aktuelle Studie, vorgestellt von der Bergischen Struktur- und Wirtschaftsförderungsgesellschaft.
Was die normalerweise zu „regionalen Strategien und Projekten mit regionalem Mehrwert“ erarbeitet, taugt meist nur Kommunalpolitikern als minderspannende Bettlektüre. Seine jüngsten Prognosen zur wirtschaftlichen Situation und vor allem zur gesellschaftlichen Entwicklung im Bergischen Städtedreieck, sollte allerdings auf breiteres Interesse stoßen.
In aller Kürze: Immer mehr Jugendliche verlassen die Schule ohne Abschluss und immer weniger verlassen die Schule mit Abitur. Von den Abiturienten starten wiederum erstens zu wenige in ein mathematisch-naturwissenschaftliches Studium, weshalb unseren Unternehmen der Nachwuchs an Ingenieuren und anderen Fachkräften ausgeht. Und zweitens bleiben zu wenige Abiturienten beziehungsweise Akademiker in der Region. Sie ziehen weg.
Laut Studie wird das Bergische Land 2050 bis zu 300.000 Menschen an andere Regionen verloren haben. Mit ihren klügsten Köpfen verlieren die Städte an Entwicklungsdynamik. Schon heute werden in Remscheid, der Stadt der Knösterpitter, deutlich weniger Patente in Zukunftsbranchen angemeldet als in solchen, die von Alters her Metall verarbeiten. So aber bleibt das Bergische Land abhängig von der Werkzeugindustrie, vom Maschinenbau und den Zulieferern der Automobilindustrie. Branchen, die anfällig sind für geopolitische Krisen aller Art.
Wer die jungen Remscheider halten beziehungsweise junge Menschen von außerhalb gewinnen möchte, der muss ihnen vor allem dreierlei bieten: Wohn-, Freizeit- und Lebensqualität.
Das Outlet, so es denn kommt, hat etwas davon. Das allein reicht aber nicht. Der Skywalk in der Müngstener Brücke würde die Stadt ebenfalls auf die Landkarte holen. Dazu braucht Remscheid ein neues Gewerbegebiet im Gleisdreieck von Bergisch Born, um das es merkwürdig still geworden ist.
Und eine umgebaute Alleestraße, auf der sich allen Ankündigungen zum Trotz ebenfalls nichts tut.
Auch aus der Deponie an der Solinger Straße ließe sich etwas machen. Die SPD müsste die Technischen Betriebe Remscheid nur machen lassen, doch haben dort die Bedenkenträger Oberwasser.
Und die CDU? Zählte in dieser Woche auf ihrem Parteitag zur Einstimmung auf die Kommunalwahl 2025 einen Schnellschalter im Ämterhaus und und einen Behördentag im Rathaus Lüttringhausen zu ihren Verdiensten.
Bei allem Respekt: Gemessen an der großen Herausforderung, vor der wir stehen, ist das Firlefanz. Gelingt es nicht, Remscheid wirklich attraktiver zu machen, blutet unsere Stadt aus. Es ist deshalb an der Zeit, die Warnung, die aus der jüngsten Jugendstudie hervorgeht, jetzt endlich ernstzunehmen.
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