Arbeitsverbot für Ungeimpfte
Impfpflicht für Pflegende ab 15. März - Gesundheitsamt muss abwägen
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Ab 15. März prüft das Gesundheitsamt, wer geimpft ist. Je nach Fall muss es abwägen zwischen Versorgung und Berufsverbot.
Von Andreas Weber
Remscheid. Geschätzte 4500 Beschäftigte fallen in Remscheid unter den § 20a des Infektionsschutzgesetzes zur einrichtungsbezogenen Impfpflicht. Für Mitarbeiter in Krankenhäusern, Tageskliniken, Arztpraxen, Pflegeeinrichtungen und bei Pflege- sowie Rettungsdiensten gilt ab 15. März: Wer nicht gegen Covid-19 geimpft oder genesen ist, riskiert seinen Job.
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Im Sozialausschuss erklärte Dezernent Thomas Neuhaus auf CDU-Anfrage, dass es in dieser Personengruppe nach einer städtischen Erhebung in den 250 betroffenen Einrichtungen dieser Stadt – Einzelunternehmer nicht eingerechnet – rund 350 Angestellte gebe, die nicht geimpft seien. Bei der Stiftung Tannenhof, die 1200 Mitarbeiter beschäftigt, sind es exakt 137, denen der Schutz fehlt. Tannenhof-Direktor und CDU-Ratsmitglied Dietmar Volk befürchtete im Sozialausschuss, dass Arbeitsverbote für Ungeimpfte die Versorgung gefährden könnten.
Die Entscheidung über die Untersagung der Tätigkeit trifft das Gesundheitsamt. Dort wird die Stadt jetzt drei volle Stellen einrichten, um jeden einzelnen Fall zu prüfen. Das Personal wird verwaltungsintern an anderer Stelle abgezogen. Neuhaus weiß, dass den Prüfern eine schwierige Abwägung bevorsteht. Die Kriterien sind unklar. „Uns fehlen Informationen vom Bund. Momentan hängen wir in der Luft.“
Stadt will nicht die „Axt“ auspacken
Es solle eine digitale Plattform mit Handlungsanweisungen kommen, deutete Neuhaus an. Er verhehlte im Ausschuss seinen Ärger nicht. „Es ist ein schlechtes Gesetz, mit einem schlechten Timing. Wenn hätte es viel eher kommen müssen.“ Wer als Arbeitnehmer aufgrund einer medizinischen Kontraindikation nicht gegen Covid-19 geimpft werden kann, muss nichts befürchten. Aber auch bei anderen Ungeimpften wird die Stadt Auslegungsspielräume nutzen, nicht „die Axt“ auspacken, in Ruhe entscheiden. Neuhaus verspricht, dass man bei dem Spagat zwischen „Versorgungssicherheit und Berufsverbot“ sehr sensibel vorgehen werde. Schließlich muss die Versorgung im Gesundheitswesen aufrechterhalten werden. Die Stadt weiß um den Fachkräftemangel, der schon jetzt dafür sorgt, dass manche Personaldecke in entsprechenden Betrieben dünn ist.
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Dass der Totimpfstoff Novavax bei Impfkritikern für ein Umdenken sorgt, zeichnet sich nicht ab. Die ersten Zahlen nach der Zulassung sind ernüchternd. Für die Tannenhof-Impfstelle stellt Volk fest, dass es noch keine Nachfrage gebe. Bei der städtischen Abfrage hatte sich herausgestellt, dass nur 20 Personen unter den 350 Ungeimpften durch Novavax erwägen, von ihrer Haltung abzurücken.
Standpunkt: Unausgegorener Versuch
Kommentar von Andreas Weber
Fast zeitgleich mit den ersehnten Lockerungen der Corona-Maßnahmen am 20. März wird die Keule ausgepackt. Die einrichtungsbezogene Impfpflicht ist nach zwei Jahren Pandemie ein unausgegorener, später Versuch, die Vakzin-Gegner auf Linie zu trimmen. Und sie könnte der Vorläufer der allgemeinen Impfpflicht sein, die, wenn sie käme, zu einem bürokratischen Monster würde, das nicht umsetzbar wäre. Allein für die 350 Ungeimpften, um die es jetzt im hiesigen Gesundheitswesen geht, müssen drei Stellen in der Stadtverwaltung eingerichtet werden. Jeder einzelne Fall muss genau geprüft werden. Denn hinter jedem Mitarbeiter, dem der Rauswurf droht, könnte ein Versorgungsengpass stehen. Das will am Ende niemand. Einige Bundesländer zweifeln schon an der Sinnhaftigkeit. Menschen, die sich in schwierigen Zeiten beruflich geschunden haben, als „Helden der Pandemie“ gefeiert wurden, sollte nicht auf diese Weise die Pistole auf die Brust gesetzt werden. Das will kein Arbeitgeber und auch die Stadt lässt anklingen, dass sie gedenkt, behutsam mit Anordnungen zur Aufhebung von Arbeitsverträgen umzugehen.