Sprachentwicklung

Er, sie, divers oder Genderstern: Wie gender ich richtig?

Die Diversitätsbeauftragte Sarah Wemhöner mit Dr. Uwe Busch, Leiter des Röntgen-Museums.
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Die Diversitätsbeauftragte für Kultureinrichtungen, Sarah Wemhöner, mit Dr. Uwe Busch, Leiter des Röntgen-Museums.
  • Melissa Wienzek
    VonMelissa Wienzek
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Geschlechtergerechte Sprache ist angesagt. Aber wie darf ich denn jetzt noch reden? Was ist erlaubt und was nicht? Und warum? Wir klären auf.

Remscheid. Er, sie, divers, Doppelpunkt oder Genderstern: Unsere Gesellschaft wird nicht nur bunter und geht offener mit geschlechtlicher Vielfalt um, sondern auch die Sprache verändert sich derzeit. Viele sind dabei jedoch unsicher. Wie darf ich denn jetzt eigentlich noch reden? Was ist erlaubt und was verboten? Und warum das Ganze? Sarah Wemhöner, neue Diversitätsbeauftragte für Kultureinrichtungen der Stadt, klärt auf.

Was ist gendern?

Hier müssten wir uns erst einmal dem Begriff „Geschlecht“ nähern. Im Englischen gebe es eine klare Unterscheidung: „sex“ und „gender“, im Deutschen nicht. Mit „sex“ ist das biologische Geschlecht samt Chromosomen und Geschlechtsteilen gemeint, also männlich/weiblich. Dies sei aber nicht bei allen gleich ausgeprägt – hier spricht man von Intersexualität. Mit „gender“ ist das soziale Geschlecht gemeint, also das ganz persönlich gefühlte und auch das gesellschaftlich hergestellte Geschlecht. Was wird von mir in meiner Rolle als Frau oder Mann erwartet? Fühle ich mich überhaupt männlich oder weiblich und passt dieses Gefühl zu meinem biologischen Geschlecht? Geschlechtergerechte Sprache sei eine Ausdrucksform, die diesem Dimensionsraum gerecht werde und alle Geschlechter anspreche.

Wie spreche und schreibe ich geschlechtergerecht an?

Es gibt kein Gesetz und keine allgemeine Regel, betont Wemhöner. Aber es gibt Wege und Möglichkeiten, die aus der wissenschaftlichen Kritik und dem Engagement von Communitys, die das binäre System ablehnen, entstanden sind. Die drei gängigsten Varianten, um auszudrücken, dass es mehr als nur männlich, weiblich – nämlich zum Beispiel gay, trans, queer, intersexual – gibt, seien der Asterisk (Genderstern), der Unterstrich und der Doppelpunkt. Beim Beispiel „Studentinnen und Studenten“ werde nur das binäre System, männlich oder weiblich, zum Ausdruck gebracht. „Alle, die sich nicht damit identifizieren, spreche ich damit aber nicht an.“ Es gibt aber keine Instanz, die darüber wacht.

Warum das Ganze?

Gendergerechte Sprache im Privaten zu nutzen, sei eine persönliche Entscheidung, sagt die Diversitätsbeauftragte. Niemand sei dazu gezwungen. Man dürfe sich aber fragen: Nach welchen Werten möchte ich handeln? „Und danach kann ich auch meine Sprache anpassen“, sagt Wemhöner. „Für mich persönlich gibt es keinen anderen Weg mehr.“ Die Frage „Darf ich das noch so sagen?“ zeuge oftmals von Unsicherheit. Viele wünschten sich daher ein verbindliches Regelwerk. „Das ist verständlich und es gibt viele gute Leitfäden, die Anregungen und praktische Tipps geben.“ Dabei muss aber beachtet werden: „Sprache ist immer situations-, kontext- und personenabhängig“.

Zudem entwickele sich Sprache immer weiter, sie sei ein Abbild der Gesellschaft. Sie findet: „Wenn ich mich mit meinem Sprachgebrauch in der Art auseinandersetze, dass Sprache mehr als ein Medium ist, das Informationen vermittelt, sondern auch ausdrückt, ob Menschen miteingeschlossen oder ausgegrenzt, wertgeschätzt oder abgewertet werden, dann komme ich ganz automatisch von ‚Darf ich das noch so sagen?‘ zu ‚Möchte ich das noch so sagen?‘“. Dann werde Sprache eine bewusste Entscheidung.

Geschlechtergerechte Sprache fordere aktives Nachdenken, worüber wir uns sonst keine Gedanken machen. „Das ist zunächst total anstrengend, vor allem in der gesprochenen Sprache, aber das ist Übungssache.“ In der gesprochenen Sprache sei „Student:innen“, also die kleine Pause (sprich: Student-innen), eigentlich auch nicht so schwer: Wir könnten den sogenannte Glottisschlag schon. Zum Beispiel bei Theater (sprich: The-ater) oder Oase.

Was tun, wenn ich unsicher bin?

Auch Sarah Wemhöner weiß: Viele sind verunsichert und möchten nichts falsch machen. Wenn man es denn unbedingt wissen muss, weil es für den Kontext relevant ist, könne man die Person offen ansprechen: Mit welchem Pronomen möchten Sie angesprochen werden? „Man sieht es dem Menschen ja nicht an.“ Sie selbst gehe offensiv damit um: In ihrer E-Mail-Signatur befinde sich unter ihrem Namen „Sarah Wemhöner“ das Pronomen, mit dem sie angesprochen werden mag: „(sie/ihr)“. So könne man es selbst zeigen. Oder statt „Liebe Frau Wienzek“ einfach schreiben: „Hallo Melissa Wienzek.“ Hier komme das Geschlecht gar nicht zum Tragen.

Richtig gendern: Praxis-Beispiele

Laut dem Leitfaden der Uni Köln ermöglicht neutrales Formulieren, alle Geschlechter miteinzubeziehen.

Formulierungen

Verbreitete FormulierungRichtige Formulierung
Wir bitten um Auskunft an den Betroffenen.Wir bitten um Auskunft an die betroffene Person.
Der Student/die StudentenStudierende
Der Verfasser des Buches ist unbekannt.Es ist nicht bekannt, wer das Werk verfasst hat.
Jeder macht mal Fehler.Alle machen mal Fehler.
Die Antragsteller müssen das Formular komplett ausfüllen.Der Antrag ist vollständig auszufüllen.
Man muss nur darauf achten, dass. . .Es muss darauf geachtet werden, dass . . .

Der Genderstern

Der Stern ist eine sprachliche Repräsentationsform jenseits des binären Systems. Inzwischen ist er eine gebräuchliche Schreibweise. Verbreitet: Studenten, empfohlen: Student*innen.

Der Gender-Gap

Auch eine Variante. Verbreitet: Mitarbeiter. Empfohlen: Mitarbeiter_innen.

Der Doppelpunkt

Auch möglich. Verbreitet: Abteilungsleiter. Empfohlen: Abteilungsleiter:innen.


Den Leitfaden der Universität Köln gibt es hier zum Nachlesen.

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