Katastrophe
Erdbeben: Familien bangen um Verwandte
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Türkische Gemeinden sammeln Spenden. Ein erster Lkw mit Hilfsgütern ist gestartet.
Von Axel Richter und Sven Schlickowey
Remscheid. Vier Mitglieder ihrer Familie liegen unter den Trümmern. Ob sie noch leben weiß die junge Frau nicht. Die Verzweiflung ist groß in vielen Remscheider Familien mit türkischen Wurzeln. Zwar stammen die meisten aus Zentralanatolien. Doch viele haben Verwandte und Freunde auch im Katastrophengebiet.
Das gilt zum Beispiel für die Mitglieder der Alevitischen Volksgruppe. Metin Arslan, Vorsitzender der Gemeinde mit Sitz am Zentralpunkt, kommt deshalb nicht weg vom Telefon. „Beinahe 80 Prozent der Menschen in der Stadt Kahramanmara sind Aleviten“, erklärt er. „Alle Häuser dort sind platt. Wer überlebt hat, schläft in Autos. Die Menschen sind ratlos.“
Mit anderen Remscheider Gemeinden und Vereinen ruft Arslan deshalb zu Spenden auf. Ein erster Transporter mit Decken, Kleidung und anderen Hilfsgütern startete am Nachmittag von der Moschee des Deutsch-Türkischen Kultur- und Sportzentrums in der Freiheitstraße.
„Sie können dort doch gar nichts ausrichten.“
Auch die Milli-Görüs-Moschee in der Neuenkamper Straße sammelt Sachspenden, bittet darum, diese in Kartons zu verpacken. Für Freitag ist ein Trauergebet angekündigt, Geldspenden, die dabei zusammenkommen, werde man an den Dachverband Hasene Internationa weiterleiten, heißt es in einer Mitteilung.
Praktische Hilfe kommt auch von der Remscheider Firma MSS Security. Die hatte gerade ihre wärmende Dienstkleidung von schwarz auf dunkelblau gewechselt, berichtet Einsatzleiter Savas Ülker. Nun gehen die alten Jacken und Hosen kartonweise in die Türkei. „Wir hoffen, dass andere Firmen unserem Beispiel folgen“, sagt Ülker.
Remscheider THW wartet weiter auf einen Einsatzbefehl
Derweil rufen Erden Ankay-Nachtwein als Vorsitzende des Remscheider Integrationsrat, Oberbürgermeister Burkhard Mast-Weisz und der erfahrene Spendensammler Horst Kläuser dazu auf, Geld an die Aktion Deutschland Hilft, ein Bündnis deutscher Hilfsorganisationen, zu spenden. „Das ist der direkte Weg“, sagt Mast-Weisz. „Die Hilfsdienste vor Ort wissen doch am besten, was benötigt wird.“
Am Morgen habe er seinem Amtskollegen in Remscheids türkischer Partnerstadt Kirsehir kondoliert, berichtet der Oberbürgermeister am Dienstag: „Ich habe unser tiefes Entsetzen und unsere Verbundenheit zum Ausdruck gebracht.“ Dass zahlreiche Vereine Sammel- und Spendenaktionen gestartet haben, zeige die „tiefe Solidarität aus der Stadtgesellschaft, die ich mit Vehemenz unterstütze“, sagt Mast-Weisz, der betont, dass nicht nur türkische Vereine aktiv geworden sind. Auch beim in Remscheid ansässige Bundesverband spanischer sozialer und kultureller Vereine sei eine Hilfsaktion angelaufen.
Remscheids Experten für die Menschrettung aus Gebäudetrümmern harren derweil weiter auf den Einsatzbefehl. Das Technische Hilfswerk (THW) in Remscheid verfügt über einen von wenigen Schreitbaggern, auch Rettungsspinne genannt. Kommt schweres Bergungsgerät zum Einsatz, besteht die Gefahr, dass Verschüttete von ihnen erdrückt werden. Die Spinne verringert das Risiko. Zudem wissen die Remscheider Ehrenamtlichen, wie einsturzgefährdete Gebäude gesichert werden können. Noch aber ist das THW mit der Erkundung möglicher Einsatzstellen beschäftigt.
Unterdessen machen sich Mitglieder türkischstämmiger Familien auf eigene Faust auf den weg ins Katastrophengebiet. Gegen den Rat zum Beispiel von Metin Arslan. „Viele Straßen sind zerstört, dazu fehlt ihnen das nötige Rettungsgerät. Mit anderen Worten: Sie können dort doch gar nichts machen“, sagt der Vorsitzende der Alevitischen Gemeinde. Danach ist er wieder am Telefon, um Gemeindemitgliedern bei der Suche nach Verwandten zu helfen.
Deutschland Hilft: Deutschland Hilft ist ein Zusammenschluss deutscher Hilfsorganisationen für Katastrophenhilfe. Spenden sind online möglich und unter: DE62 3702 0500 0000 1020 30