Erinnerung
Dirk Kuhl: „Täterkind“ ist im Allgäu gestorben
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Dirk Kuhl erfuhr erst spät vom Nazi-Vater.
Remscheid. Dirk Kuhl ist im Alter von 82 Jahren gestorben. In seiner Heimat in Lauchdorf im Allgäu wird ein weiterer der letzten Remscheider Zeitzeugen am 25. März beerdigt. In den Aufarbeitungen der Nazi-Zeit durch den Verein Gedenk- und Bildungsstätte Pferdestall nahm der gebürtige Hamburger, der in Remscheid am EMA sein Abitur machte, eine besondere Rolle ein. Kuhl war nämlich ein „Täterkind“.
Acht Jahre war er alt, als sein Vater starb. Verurteilt durch ein britisches Militärgericht, wurde Günther Kuhl Ende 1948 hingerichtet. Er hatte als SS-Obersturmbannführer und leitender Mitarbeiter der Gestapo Kriegsverbrechen begangen. 1933 wurde Günther Kuhl NSDAP-Mitglied.
Ein Karrierist sei der Vater gewesen, erzählte sein Sohn 2019 vor EMA-Gymnasiasten auf Einladung des Pferdestall-Vereins. Der Jurist trat der SS bei, stieg zum Obersturmbannführer auf, kam zur Gestapo, leitete die Staatspolizeistelle Braunschweig. Dort kontrollierte er unter anderem die Zwangsarbeiter in den Hermann-Göring-Werken in Salzgitter. 3000 ermordete Arbeiter habe es dort pro Jahr gegeben. Die unter Günther Kuhls Verantwortung geschehenen Verbrechen gegen die Menschlichkeit waren es, die zu seinem Todesurteil führten. Dirk Kuhl erfuhr davon spät. Seine Mutter hatte stets geschwiegen, ihm erzählt, der Vater sei im Lager an einer Krankheit gestorben. Über die Gräuel wurde in der Nachkriegszeit geschwiegen, erst recht in den eigenen Familien.
Dirk Kuhl arbeitete als Lehrer an der Grundschule am Stadtpark, später in der Hauptschule Wilhelmstraße.
Produzent Devid Gaus hat einen Film über die Geschichte der späten Wahrheit gedreht. „Dirk Kuhl – Mein Vater, der Nazitäter“ ist auf der Youtube-Seite der Gedenk- und Bildungsstätte unter „GuB Pferdestall RS“ verfügbar.
Kuhls erste Ehefrau Lena war Jüdin, sie starb 1985 und liegt auf dem jüdischen Friedhof in Remscheid begraben. Seit 2000 war Kuhl zum zweiten Mal verheiratet und lebte in Bayern.
Als er im Mai 2019 das EMA besuchte, sagte Dirk Kuhl den jungen Menschen, dass er mit Sorge spüre, dass der Ton in der Gesellschaft rauer werde. „Wenn eine bestimmte Menschengruppe nach Recht und Gesetz benachteiligt wird, droht Gefahr.“ Und riet den Schülern: „Ob es so weit kommt, liegt an Ihnen.“ -AWe/böh-