Verkehr
Aktion für Senioren: Deutschlandticket statt Führerschein
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Die Stadtwerke aktualisieren ihr Angebot für ältere Autofahrer, das sie im Jahr 2020 unter dem Namen „Führerschein abgeben. Doppelt profitieren.“ ins Leben gerufen haben.
Remscheid. Remscheider Senioren, die freiwillig ihren Führerschein abgeben, erhalten dafür drei Monate lang ein kostenfreies Deutschlandticket. Die Verkehrsbetriebe der Stadtwerke haben ihr Angebot, das es seit über drei Jahren gibt, mit der neuen Ticketvariante aktualisiert. Und ein bisschen frischen Wind kann es wohl auch vertragen, scheint doch das von der SPD einst ins Gespräch gebrachte und von der Verkehrswacht befürwortete Konzept ein wenig in Vergessenheit geraten zu sein.
Hatten sich im ersten Monat nach dem Start 37 ältere Menschen dazu entschlossen, das Angebot zu nutzen, waren es im gesamten ersten Jahr etwa 80, berichtete Ordnungsamtsleiter Arndt Liesenfeld in der Bezirksvertretung 1: „Danach plätscherte das so vor sich hin.“ Derzeit seien es etwa zehn Senioren pro Jahr, die freiwillig dauerhaft auf ihre Fahrerlaubnis verzichten, so Liesenfeld.
Gestartet war „Führerschein abgeben. Doppelt profitieren.“, wie die Stadtwerke das Projekt getauft haben, Anfang 2020. Es soll Menschen, die sich zum Beispiel im Straßenverkehr unsicher fühlen und deswegen darüber nachdenken, den Führerschein abzugeben, den Umstieg erleichtern. Lob gab es damals von der Verkehrswacht Remscheid: „Wir sehen uns in den Bemühungen, älteren Fahrzeugführern ein Angebot zum Umsteigen auf öffentliche Verkehrsmittel zu machen, bestätigt“, hatte deren Vorsitzender Otto Mähler, zugleich Bezirksbürgermeister in Alt-Remscheid, gesagt. Das könne dazu beitragen, Verkehrsunfälle zu vermeiden.
Die meisten Verkehrsunfälle bauen statistisch gesehen immer noch besonders junge und damit unerfahrene Autofahrer. Ältere, stellte die Bundesanstalt für Straßenwesen in Bergisch Gladbach bei einer Untersuchung fest, können den Rückgang von Sehvermögen, Reaktionsgeschwindigkeit und Konzentration lange durch Erfahrung ausgleichen. Zudem fahren sie weniger und wissen eher, was sie sich zutrauen können.
Erst bei der Altersgruppe ab 75 Jahren nimmt die Unfallhäufigkeit wieder zu. Doch wenn Senioren an Unfällen beteiligt sind, sind diese überproportional häufig besonders schwer, stellt die Deutsche Verkehrswacht fest: 2021 lag der Anteil der über 65-Jährigen an allen bei Verkehrsunfällen Verunglückten bei 13,9 Prozent. An den Verkehrstoten aber bei 33,9 Prozent.
Die ersten Jahre gab im Tausch gegen Führerschein ein Ticket 2000 der Preisstufe A2 für drei Monate, mit dem man im ganzen Stadtgebiet, abends und am Wochenende sogar im ganzen Gebiet des Verkehrsverbund Rhein-Ruhr fahren durfte, im Wert von aktuell 239,76. Nun gibt es also stattdessen das Deutschlandticket. Damit sinkt der finanzielle Vorteil zwar auf unter 150 Euro, die Möglichkeiten, es zu nutzen, steigen aber durch den erweiterten Gültigkeitsbereich deutlich ().
Der Vorgang, mit dem man sich das Angebot sichern kann, ist eher unspektakulär: Wer seinen Führerschein bei der Führerscheinstelle der Stadt dauerhaft abgibt, bekommt dafür auf Wunsch eine entsprechende Bescheinigung. Damit wiederum gibt es dann im Mobil-Center der Stadtwerke im Allee-Center das Deutschlandticket. Sofort und direkt vor Ort. | Standpunkt
Deutschlandticket
Das Deutschlandticket ist gültig für Fahrten in der zweiten Klasse aller Nahverkehrsmittel in ganz Deutschland, dazu gehören unter anderem Busse, Straßen-, Regional-, U- und S-Bahnen. Zudem sind einige Fernverkehrsverbindungen enthalten, darunter die Verbindung Bremen-Norddeich, und teils auch ins benachbarte Ausland. So kann man mit dem RE 13 ab Wuppertal zum Beispiel Venlo erreichen.
Kommentar von Sven Schlickowey: Ein gutes Angebot
Angebote wie das der Stadtwerke, den Führerschein gegen ein Busticket zu tauschen, erwecken leicht den Eindruck, man wolle ältere Verkehrsteilnehmer von der Straße verbannen. Doch darum geht es ja gerade nicht. Wer sich wohl hinterm Steuer fühlt, soll gerne weiter fahren. Gerade ältere Autofahrer wissen ja meist sehr genau, was sie sich zutrauen können, und lassen eher noch als junge Menschen das Auto stehen, wenn sie sich unsicher sind, sagt die Forschung.
Doch die, die ohnehin erwägen, das mit dem Autofahren zukünftig besser sein zu lassen, aus welchen Gründen auch immer, denen erleichtert das vielleicht die Entscheidung. Auch und vor allem indem man ihnen die Angst nimmt, danach nicht mehr mobil zu sein.
Das mag für ganz viele Remscheiderinnen und Remscheider aus ganz vielen Gründen nicht passen. Für andere mag es aber ein gutes Angebot sein. Und deswegen ist es auch genau richtig.