Interview

EWR zu Gas und Strom: „Preissenkungen frühestens 2024“

Klaus Günther-Blombach, Prokurist der EWR: „Die Kunden, die langfristig bei uns sind, profitieren von einem fairen Durchschnittspreis.“
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Klaus Günther-Blombach, Prokurist der EWR: „Die Kunden, die langfristig bei uns sind, profitieren von einem fairen Durchschnittspreis.“

Klaus Günther-Blombach, Vertriebsleiter des Energieversorgers EWR, über die Preisbremse und die Auswirkungen auf die Kunden.

Das Gespräch führte Sven Schlickowey

Herr Günther-Blombach, an der Leipziger Strombörse gingen die Preise zuletzt wieder leicht runter, werden nun auch die Preise der EWR sinken?
Klaus Günther-Blombach: Nein, das können wir aktuell nicht weitergeben.
Warum?
Günther-Blombach: Wir hatten im letzten Jahr die Situation, dass sich der Strompreis an der Börse teilweise verachtfacht hat, wir haben dann zum 1. Januar auch die Preise angehoben, aber eben nicht um das Achtfache. Das resultiert daraus, dass wir langfristig beschaffen, bis zu zweineinhalb Jahre im Voraus kaufen wir in Teilmengen ein. Das hat den Vorteil, dass sich die Spitzen dadurch ein wenig abglätten, weil wir zu den Zeitpunkten, als die Preise am höchsten waren, die Beschaffung aussetzen können. Davon haben unsere Kunden profitiert, indem diese Höchstpreise nie bei Ihnen angekommen sind. Das heißt aber auch, dass, wenn die Preise runtergehen, das ebenfalls eine gewisse Verzögerung hat.
Wann wäre den frühestens mit Preissenkungen zu rechnen?
Günther-Blombach: In diesem Jahr, das kann man ganz klar sagen, wird bei den Stromkunden nichts ankommen, weil die Beschaffung für 2023 schon abgeschlossen und wir jetzt schon in der Beschaffung für 2024 sind. Da gibt es dann eine neue Kalkulation.
Das heißt, der leichte Preisrückgang, den wir derzeit erleben, schlägt sich bei Ihnen frühestens 2024 nieder?
Günther-Blombach: Genau, die Preise werden Teil unserer Beschaffung und fließen ab dem nächsten Jahr in die Kundenpreise mit ein.
Warum machen Sie das so?
Günther-Blombach: Allein aus dieser Logik heraus werden wir nie der Teuerste sein am Markt, wir werden aber auch nie der Billigste sein. Die Kunden, die langfristig bei uns sind, profitieren von einem fairen Durchschnittspreis. Derjenige, der auf das absolute Schnäppchen aus ist, der springt von Anbieter zu Anbieter - und manchmal erleidet er eine Bruchlandung.
Kommen die Leute dann zurück zu Ihnen?
Günther-Blombach: Ja, und das kann ich auch festmachen an unseren Kunden. Wir haben im Strom-Bereich über die letzten 12, 14 Monate drei Prozentpunkte Marktanteile hinzugewonnen, im Gas-Bereich sogar gut fünf Prozentpunkte, weil die Kunden zurückkommen, wenn sie sich einen fairen Preis suchen oder von ihrem bisherigen Anbieter gekündigt wurden. Von daher können wir mit unserem aktuellen Preis so unfair nicht sein.
Was steckt eigentlich alles in dem Preis, der am Ende beim Kunden ankommt? Das ist ja nicht nur Ihr Beschaffungspreis.
Günther-Blombach: Der Beschaffungspreis ist in den letzten Monaten natürlich extrem geklettert. Der lag für Strom lange Zeit bei sechs, sieben Cent je Kilowattstunde an den Großhandelsmärkten, der ist im letzten Jahr bis auf 30 Cent hochgegangen. Das macht natürlich einen wesentlichen Anteil aus. Darüber hinaus spielen Netzentgelte eine immer größere Rolle. Bei den großen Übertragungsnetz-Betreibern, das sind bundesweit vier Gesellschaften, sind die Preise in den letzten Jahren ziemlich angestiegen. Die müssen zum Beispiel für die Kosten des Anschlusses der erneuerbaren Energien aufkommen und sind dann umlageberechtigt.
Der Anteil wird ja eher nicht abnehmen.
Günther-Blombach: Und wenn weniger Energie verbraucht wird, werden die Kosten auf die Energie, die noch geliefert wird, umgelegt. Wir werden also in den nächsten Jahren eine Tendenz sehen, bei der immer höhere Kosten auf immer weniger Energie umgelegt wird. Nur ein Beispiel: Wenn sich eine Familie eine Photovoltaik-Anlage anschafft, und das machen zurzeit ja viele, nimmt diese Familie ja nur noch 60 oder 70 Prozent ihres bisherigen Verbrauchs ab. Das Netz muss aber weiterhin zu jeder Zeit da sein.
Nun gilt seit einigen Tagen die Strompreisbremse. Wie läuft das eigentlich praktisch, muss der Kunde aktive werden?
Günther-Blombach: Für die Industriekunden ist das etwas komplizierter geworden, aber der Privatkunde muss nichts machen, das ist eigentlich relativ einfach. Wir hoffen, dass wir die Kunden noch im März anschreiben und über die Auswirkungen informieren können, wie groß der Effekt ist und was das für den monatlichen Abschlag bedeutet. Es kann aufgrund der softwareseitigen Komplexität auch sein, dass das bis Anfang April dauert. Aber dann rechnen wir das nach, so dass der Kunde keinen Nachteil hat.
Der Effekt dürfte ohnehin nicht so groß ein für die EWR-Kunden.
Günther-Blombach: Unsere Preise für Privatkunden liegen ja nur marginal über den Beträgen der Preisbremsen, die Entlastung wird also nur wenige Euro ausmachen. Bei der Industrie ist der Einspareffekt dagegen zum Teil deutlich höher.
Das heißt, jeder Kunde bekommt ein individuelles Schreiben, auf wie viel Verbrauch er welchen Nachlass bekommt?
Günther-Blombach: Jeder Kunde, der von der Preisbremse betroffen ist. 
Die Preisbremsen sollen ja auch, zumindest teilweise, durch eine Übergewinnsteuer finanziert werden. Stromanbieter, deren Gewinne 2022 und 2023 mehr als 20 Prozent über dem Durchschnitt der Vorjahre liegt, sollen davon etwas abgeben. Wird die EWR das auch zahlen müssen?
Günther-Blombach: Nein. Wir haben ja keine Erzeugungsanlagen, bei denen diese Übergewinne im Wesentlichen auftreten. Was man aber ehrlicherweise sagen muss, dass wir an Windparks beteiligt sind, die im letzten Jahr ihren Strom zu teilweis deutlich erhöhten Preisen an der Börse verkaufen konnten. Die könnten übergewinnsteuerpflichtig werden.

Zur Person

Klaus Günther-Blombach ist Prokurist und Vertriebsleiter der Stadtwerke-Tochter Energie und Wasser für Remscheid (EWR) GmbH. Der gebürtige Gelsenkirchener ist seit 2000 bei der EWR, er ist verheiratet, hat zwei Kinder und lebt in Dabringhausen.

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