Karneval
Altweiber 2023: OB liefert den Schlüssel zum Rathaus ab
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Weiberfastnacht markiert den Übergang vom Sitzungs- zum Straßenkarneval. „Trinkerbell“, Krümelmonster, Bischof und Co. übernehmen das Zepter. Mit Fotogalerie.
Von Sven Schlickowey
Remscheid. Nun hat auch in Remscheid der Straßenkarneval begonnen: Am Altweiber-Donnerstag haben die Frauen die Macht in der Stadt übernommen. Beim traditionellen Rathaussturm lieferte Oberbürgermeister Burkhard Mast-Weisz brav den Schlüssel zum Rathaus ab. Marie-Kristin „Merry“ Stein von der Bergisch Borner Karnevalsgesellschaft „Blau-Weiße Jungs“ nahm das Zeichen der Macht gerne entgegen. Bis Aschermittwoch geht es jetzt rund.
Weiberfastnacht, teils auch schlicht Altweiber genannt, markiert in jeder Session den Übergang vom Sitzungs- zum Straßenkarneval. Traditionell verkleiden sich die Frauen als „alte Weiber“, lassen ihre Männer mit dem ganzen Haushalt sitzen – und gehen feiern. Übriggeblieben sind von der Tradition nicht nur in Remscheid aber nur einzelne Teile: Statt als „Möhnen“ kamen die Damen der Stadt diesmal als Krümelmonster, in schrillen 80er-Jahre-Jogginganzügen oder auch als Fee „Trinkerbell“.
Und ganz unter sich blieben sie auch nicht, sondern erhielten Unterstützung von Cowboys, einem Bischof, in dessen „Bibel“ sich Platz für ein Fläschchen Geistreiches fand, und auch einem Besucher, der mit einem schlichten T-Shirt antrat – mit der Aufschrift: „Mein Kostüm ist in der Wäsche“.
Nicht ganz pünktlich, sondern ein paar Minuten nach 11.11 Uhr zog der Oberbürgermeister in den kleinen Sitzungssaal ein, wo die Närrinnen und mit ihnen ein paar Narren schon auf ihn warteten. Begleitet wurde er von den Karnevalsvereinen der Stadt, moralisch unterstützt von Kollegen aus dem Verwaltungsvorstand: Ordnungsdezernentin Barbara Reul-Nocke und Sozialdezernent Thomas Neuhaus standen ihm bei.
„Dat is verdamp lang her.“
Burkhard Mast-Weisz kam im bunten Frack mit Stock und Zylinder – und bekannte: „Ich bin gerne der Zirkusdirektor in dieser Stadt.“ Remscheid sei wunderbar. Und manchmal auch wundersam. Bevor er die Sause richtig starten ließ, erinnerte der OB an die Opfer der Erdbeben in Syrien und in der Türkei. Dass die Feiernden bei aller Ausgelassenheit eine kurze Schweigeminute hinbekamen, kommentierte er mit „Ihr seid klasse“ – und verwies dann auf eine Spendendose, mit der für die Opfer der Katastrophe gesammelt wurde.
Nicht nur dem OB war deutlich anzumerken, wie froh er nach der Corona-Zwangspause war, dass man nun wieder zusammen feiern konnte. „Könnt ihr euch noch erinnern, wann wir das letzte Mal hier zusammenkamen?“, fragte er den Saal. Und gab gleich die passende, kölsche Antwort: „Dat is verdamp lang her.“
Der kleine Saal des Rathauses war für die Feier passend präpariert, der Boden war abgeklebt, die Stühle standen an der Wand und auf dem Flur, die Tische waren zu Verkaufstheken umfunktioniert worden, an denen die jecken Besucher mit Kölsch und Sekt, Mett- und Brühwürstchen versorgt worden. Musikalisch begleitet wurde der Rathaussturm vom Duo Party-Colonias 2.0. Und natürlich durften auch die Tanzgarden der Rot-Blauen Funken nicht fehlen, die mit ihren Tänzen zum Fliegerlied oder auch zu „Ich will ’nen Cowboy als Mann“ die Stimmung anheizten. Und als sich die Feier im Sitzungssaal langsam auflöste, war die Party für viele noch lange nicht vorbei. Vom Rathaus ging es direkt in die Kneipen der Stadt.
Altweiber 2023: Sturm aufs Rathaus




Straßenkarneval in Remscheid
Sechs Tage lang dauert der Straßenkarneval, von Weiberfastnacht bis zum Fastnachts- oder auch Veilchendienstag, am Aschermittwoch beginnt dann die Fastenzeit. Höhepunkt der Feierlichkeiten ist auch in Remscheid der Rosenmontag mit seinen Umzügen, der in Lennep startet um 14.11 Uhr.
Standpunkt von Sven Schlickowey: Karneval hilft
Darf man ausgelassen feiern, wenn nur ein paar Tausend Kilometer entfernt Menschen nach einem verheerenden Erdbeben vor den Trümmern ihrer Existenz stehen und Freunde und Angehörige betrauern? Diese Frage muss am Ende jeder Narr, muss jede Närrin für sich selbst beantworten. Objektiv betrachtet lässt sich aber wohl sagen, dass es den Menschen in Syrien und in der Türkei nicht wirklich hilft, wenn in Deutschland Feiern abgesagt werden. Vielleicht gibt es ja einen Kompromiss, ganz nach dem Vorbild des Remscheider Rathaussturms: In jeder Kneipe kommt eine Spendenbüchse auf den Tresen, egal ob vom Roten Kreuz, Deutschland Hilft oder Ärzte ohne Grenzen. Und jeder Jeck verzichtet auf ein Getränk pro Besuch und wirft das Geld stattdessen in die Dose. Da haben sicherlich alle deutlich mehr von.