Ein Rückblick
Corona-Testzentren: Nach zwei Jahren ist Schluss
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Mit dem Auslauf der Corona-Schutzverordnung in NRW zum 1. März, endet auch die Zeit der Bürgertests.
Von Sven Schlickowey
Remscheid. Es gab sie in Ladenlokalen, Containern und teils auch in Zelten, doch für die allermeisten ist nun Schluss: Mit dem Ende der Corona-Testverordnung endet am heutigen 28. Februar auch die Zeit der zahlreichen Testzentren. Rund zwei Dutzend gab es in der Spitze in Remscheid. Wie viele es aktuell noch sind, darüber habe selbst das Gesundheitsamt keinen wirklichen Überblick, berichtet Viola Juric vom Presseamt der Stadt. Einige hätten wohl schon früher ihre Türen zugesperrt – ohne Bescheid zu sagen. Für den Rest fällt nun die Klappe.
So wie in der ehemaligen Feuerwache in Lüttringhausen, wo Shayan Ansari und Leonard Gier fast zwei Jahre lang eine Teststelle betrieben. Hunderttausende Tests haben sie in dieser Zeit abgewickelt, zeitweise bis zu 60 Mitarbeiter beschäftigt. „Und trotzdem bin ich froh, dass es jetzt zu Ende geht“, sagt Leonard Gier. Vor allem weil damit wohl die Pandemie überwunden sei. „Zwei Jahre lang hat Corona jeden Tag zu unserem Leben gehört“, ergänzt sein Geschäftspartner Shayan Ansari. „Jetzt müssen wir erst einmal realisieren, dass das vorbei ist.“
Die Wagenhalle der Feuerwache, in der bis vor kurzem getestet wurde, haben sie bereits geräumt, damit der Umbau zur Stadtteilbibliothek starten kann. Im Lager nebenan räumen sie das Material zusammen. „Wir hatten ja Zeit, uns auf diesen Tag vorzubereiten“, blickt Shayan Ansari auf die Entwicklung der vergangenen Monate zurück. In der Hochphase seien an einem Tag bis zu 1800 Menschen zum Testen gekommen, zuletzt sei die Nachfrage deutlich gesunken.
Zahlen, an die anfangs nicht zu denken gewesen sei, berichten die beiden Unternehmer, die damals 19 Jahre alt waren. Anfang 2021 lasen sie den Aufruf, Testzentren zu gründen. Innerhalb von acht Stunden sei ein Konzept entstanden, nur wenige Tage später habe man die Zusage der Stadt erhalten. „Wir hatten gar nicht damit gerechnet, dass man uns nimmt“, erinnert sich Leonard Gier. „Wir hatten ja überhaupt keine Ahnung von irgendwas.“
Eine knappe Woche dauerten die Vorbereitungen samt erster Vorstellungsgespräche in einem tageweise angemieteten Büro im Gründerquartier, am 3. April ging es dann zusammen mit den ersten zehn Mitarbeitern los. Noch am Abend vorher hätten sie die Löcher im Boden der Feuerwache mit Ausgleichsmasse verfüllt, so Ansari. „In der Hoffnung, dass das bis zum nächsten Morgen trocknet.“
Mit 30 bis 40 Tests hätten sie am ersten Tag gerechnet, sagt der heute 21-Jährige. Es wurden knapp 300. Und aus den drei Monaten Laufzeit, von denen sie anfangs ausgegangen seien, wurden 22. „Nach sechs, sieben Monaten wurde uns klar, dass das länger geht.“
Die Entwicklung sei in Wellen verlaufen, sagen Gier und Ansari. Abhängig von den Inzidenzen – und der jeweils gültigen Testverordnung. „Dass damit Geld zu verdienen war, wusste am Anfang ja keiner“, betont Shayan Ansari. Ihr Antrieb sei eher gewesen, überhaupt etwas zu unternehmen. „Wir saßen zuhause rum, was hätten wir sonst tun sollen?“
Gleichwohl herrschte in der Branche bald Goldgräberstimmung, bis Mitte Mai 2021 schossen die Testzentren in Remscheid wie die sprichwörtlichen Pilze aus dem Boden. Zu den wenigen Voraussetzungen gehörte, dass sich der Betreiber verpflichtete, einfache Mindeststandards zu erfüllen. Kontrolliert wurde das aber kaum. Unter den schwarzen Schafen hätten auch die seriösen Betreiber gelitten, sagt Shayan Ansari rückblickend. Fälle, mit denen sich inzwischen die Justiz beschäftigt.
Shayan Ansari und Leonard Gier wollen nun auf anderem Feld weitermachen. Schon vor ihrem Testzentrum hatten sie eine Medienagentur gegründet. Das Geld, das sie mit den Corona-Tests verdient haben und ihre dabei gemachten Erfahrungen, wollen sie nun in neue Geschäftsbereiche stecken, darunter eine Autovermietung und Eventlokale. So könnten sie auch viele der aktuell 30 Mitarbeiter weiterbeschäftigen. Zudem biete man inzwischen auch Unternehmensberatung an, sagt Shayan Ansari: „Die Firmen brauchen die Sicht der jungen Leute, die können wir einbringen.“ Dass man wisse, wovon man rede, habe man ja in den zurückliegenden beiden Jahren bewiesen.
Hintergrund
Die erste NRW-Testverordnung für kostenlose Bürgertests trat am 8. März 2021 in Kraft. Am Tag zuvor hatten sich die Landesgesundheitsminister mit dem Bund darauf geeinigt. Die Kosten beliefen sich allein im ersten Jahr auf über sieben Milliarden Euro.