13 Gruppen wurden von etwa 30.000 Jecken in Lennep bejubelt. Der Ski-Club stellte die meisten Teilnehmer im Zoch.
Remscheid. Nach zwei Jahren Pause eroberte der Rosenmontagszug Lennep zurück. Die Rückkehr glich am Nachmittag einem Triumphzug. Massen säumten die fünf Kilometer lange Strecke nach dem Start um 14.11 Uhr am Thüringsberg bis zur Auflösung des Lindwurms in der Bahnhofstraße. Nicht nur bei den 13 Fußgruppen und Wagen, auch bei den bis zu 30.000 Jecken, von denen die Polizei in einer ersten Einschätzung sprach, war zu spüren: „Endlich dürfen wir wieder auf die Straße.“
„Mir sinn widder am Zoch“ lautete das LKG-Zugmotto und die 15 Damen der Fidelen Schlafmützen und ihr Quotenmann Bernie Drochner fühlten sich im Trudel in Lennep wohl.
Vom trüben, wolkenverhangenen Himmel strahlte die Sonne nicht, wohl aber in den Herzen der Teilnehmer. Mit jeder Menge Wurfmaterial bewaffnet, wurden Schokolade, Strüssje, Bonbons und Konfekt mit vollen Händen ans närrische Volk verteilt. Der Zoch fiel nach der Absage des Freundeskreises Honsberg etwas kleiner als geplant aus, hatte sich aber mit vielen fantasievollen Verkleidungen für den Höhepunkt der fünften Jahreszeit vorbereitet.
Richtig Gas gaben die Blau-Weißen Jungs aus Bergisch Born, die mit ihrem 13 Meter langen Aufbau und dem dicksten Trecker den Prunkwagen in dem kleinen, aber feinen Zug stellten. In ihrem Motto „Zwei Jahre rumgeeiert - jetzt wird wieder durchgefeiert“ wurden die 35 Blau-Weißen von acht Unternehmen unterstützt. Allein zehn Radengel, gestellt von der Freiwilligen Feuerwehr Bergisch Born, liefen nebenher und wachten, dass kein Karnevalist unter die Räder kommt.
Die größte Entourage brachte der Ski-Club Remscheid mit 60 Teilnehmern auf den Asphalt. Eine bunt gemischte Einheit, bei der die Rosenmontagsidee zwar von den Skifahrern stammt, viele in der Truppe aber kein Vereinsmitglied sind. Alle einte jedoch die von ihrer Schneiderin Sabine Korndörfer gefertigten, tollen Kostüme im Spielkarten-Look. Etwas einfacher hatten es sich die Badminton Barbiere gemacht, die sich ihre grellen lila-farbenen Trainingshosen und -Jacken gekauft hatten. Die Jungs um ihre Vorsitzenden Johannes Strasmann und Nico Stratemeyer sind eine Bereicherung für den hiesigen Straßenkarneval.
In Coronazeiten hatten sich die Jungs in einer Wermelskirchener Halle getroffen, um sich mit Badminton fit zu halten. Aus den zwanglosen Trainingseinheiten während der Pandemie erwuchs ein Verein, der jetzt in Remscheid mittwochs und freitags feste Zeiten in den Hallen Dörpfeld- und Wilhelmstraße zugewiesen bekommen hat.
Keiner ist Friseur, Haarschnitt liegt ihnen fern, wie die aufgesetzten blonden Perücken verrieten, aber eins hatten sie sich keck an ihren Wagen gepinselt: „Wir rasieren alle.“ Natürlich auch 2024, wie Johannes Strasmann bereits ankündigte, bevor sich die Hobbysportler ins Getümmel stürzten: „Wir haben schon kräftig überlegt, wie wir unseren Wagen im nächsten Jahr verbessern können.“
Zweimal gingen Panzerknacker auf die Runde um den Altstadtkern. Mit der Sträflingsnummer 167 671 waren die 39 Lenneper „Fründe“ unterwegs. Der Hackenberger Ralf Kirschsieper lenkte den Trecker des Freundeskreises, der den Zoch seit 1988 bereichert. Die Männer hatten sich um den Wagenaufbau gekümmert, die Damen um die rote Gefangenenkluft.
Auf den Panzer im Namen hatte der Verein unBehindert Miteinander aufgrund des Ukraine-Krieges verzichtet und startete als „Knackige Knacker“. Zum dritten Mal, erstmals mit größerem Bollerwagen und Tresor, marschierten die 20 Teilnehmer mit Säcken voller Golddukaten den Thüringsberg hoch. Gezogen wurde der Wagen mit Muskelkraft - von Sophie Denk, Felix Wolff und Michelle Ziermann. Damit niemand auf den Gedanken kam, die Gauner wären außer Kontrolle - wurden Vereinsvorsitzender Harald Blass und seine Mitstreiter von zwei Polizeibeamten aus ihren Reihen und einem als „Soko Knacker“ hergerichteten Kinderwagen flankiert.
In bunten Farben
Das soziokulturelle Zentrum Die Welle beschallte die Narren mit Kerstin Otts „Regenbogenfarben“, hatte seine Fußgruppe bunt kostümiert und betrieb beste Werbung für den 1. Remscheider Christopher Street Day am 16. September.
Das „Herumgeeier“, wie es die Blau-Weißen Jungs formulierten, hat ein Ende. Dieser Rosenmontag war der Lenneper Karnevalsgesellschaft zu gönnen. Zwei Jahre hatte Covid-19 keinen Spaß gekannt und ließ die Straßenkarnevalisten pausieren. 2017 stürmte es und die Veranstaltung im Festzelt auf dem Jahnplatz musste abgesagt werden, ein Jahr zuvor war der Zug im Vorfeld einer Unwetterwarnung zum Opfer gefallen. Jetzt durften sie endlich durchstarten. Die Jecken belohnten es mit einem furiosen Comeback.
Zwar hätten es noch mehr Zuggruppen sein dürfen, aber die Kulisse war beeindruckend. Zwar gab es im Vorfeld Befürchtungen, die vom Karneval Entwöhnten könnten sich schwertun, aber dies war unbegründet. Allein den Thüringsberg hoch gab es am Straßenrand kaum ein Durchkommen. Dicht gedrängt standen dort Jung und Alt. Und entsandten eine Botschaft: Der Frohsinn lebt. In bedrückenden Zeiten hoch willkommen.