Haushalt
Grundsteuer steigt in Remscheid: So könnte die Mehrlast verringert werden
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Familie Mustermann muss 2023 monatlich mehr für ihr Einfamilienhaus zahlen. Wie viel hängt von den Ein- und Ausgaben der Stadt ab.
Von Frank Michalczak
Familie Mustermann, die ein Einfamilienhaus in Remscheid besitzt, muss nach aktuellem Stand 2023 mit einer Mehrbelastung von durchschnittlich 11 Euro pro Monat rechnen. Dies geht aus dem Vorschlag der Stadtverwaltung für die Anhebung der Grundsteuer B hervor, über die der Rat in den kommenden Wochen berät. Es könnte aber noch anders kommen – zumindest besteht die Möglichkeit, dass der geplante Anstieg auf einen Hebesatz von 800 Punkten geringer ausfällt, berichtet Stadtkämmerer Sven Wiertz. „Es ist derzeit vieles im Fluss. Wir befinden uns in einer sehr dynamischen Entwicklung“, schildert er die städtische Finanzlage.
Diese ist von diversen Faktoren abhängig – unter anderem davon, wie viel Remscheid an den Landschaftsverband Rheinland zahlen muss. Die Umlage, so die Hoffnung des Stadtdirektors, könnte um zwei Millionen Euro sinken. Das allein entspricht etwa einem Drittel der Mehreinnahmen, die der Kämmerer durch die Steuererhöhung erwartet. Diesen Mehrertrag bei der Grundsteuer beziffert Wiertz auf rund 6,2 Millionen Euro.
Bei der sinkenden Umlage an den Landschaftsverband würde Remscheid auf der Ausgabenseite sparen. Es geht aber auch um Einnahmen – also um Finanzhilfen, die Remscheid vom Land Nordrhein-Westfalen erhält. Hier sieht der Kämmerer Ungerechtigkeiten bei den Schlüsselzuweisungen, bei denen kreisangehörige Städte höhere Zuwendungen erhielten als kreisfreie Kommunen wie Remscheid, obwohl sie rechnerisch über die gleiche Steuerkraft verfügen. „Wir unterstützen die Klage, die unter anderem die Stadt Wuppertal dagegen erhoben hat“, erklärt Wiertz, der allerdings nicht mit einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts in Münster noch in diesem Jahr glaubt. Für Remscheid geht es dabei um 1,6 Millionen Euro, was sich ebenfalls günstig für die Entwicklung der Grundsteuer auswirken könnte.
Aber: Auch das würde die allgemeine Finanznot und den Schuldenstand von rund 600 Millionen Euro bestenfalls etwas lindern. So geht es Remscheid im Aktionsbündnis „Für die Würde unserer Städte“ weiter im Schulterschluss mit mehr als 60 Kommunen um die Frage, wie bettelarme Städte nachhaltig entlastet werden. Das Beispiel Kaiserslautern macht Wiertz Mut. Mit Rheinland-Pfalz habe es eine Entschuldung von 70 Prozent vereinbart. „Für die restlichen 30 Prozent wurde ein Tilgungsvertrag abgeschlossen.“ Individuelle Lösungen wären aus Sicht des Stadtdirektors auch für Kommunen in NRW denkbar – und angesichts rasant steigender Zinsen dringend geboten. Der Grundsteuerzahler in Remscheid würde sich bestimmt darüber freuen.
Standpunkt von Frank Michalczak: Folgen der Misere
Stadtdirektor Sven Wiertz gab bei der letzten Ratssitzung einen Überblick, wie es zur Finanzmisere kommen konnte: Das Übel begann in den 80er Jahren, als Remscheid Tausende Arbeitsplätze in der Industrie verlor – und damit eine wesentliche Einnahmequelle versiegte: Die Stadt schöpfte deutlich weniger von der Einkommenssteuer ab, musste aber viel mehr für Sozialleistungen aufbringen.
Diese Misere führte dazu, dass die Stadt Investitionen strich, Personal abbaute, Anlaufstellen schloss. Die Folgen sind heute überall spürbar, ob beim Zustand von Straßen und öffentlichen Gebäuden, ob bei den Wartezeiten im Ämterhaus. Aufzuholen, was verpasst wurde, stellt sich fast als Jahrhundertaufgabe dar. Und: Ohne Hilfe wird es Remscheid nicht gelingen, auch nur das Mindeste umzusetzen, was dringend nötig wäre. Dabei sind Land und Bund in der Verpflichtung. Denn unsere Stadt steht mit den akuten Problemen längst nicht alleine da.