Imbissbude schließt

Emotionaler Abschied: „Hennes“ hatte seinen letzten Tag

Remscheid: Die letzte Currywurst vom Hennes. Imbiss Alleestraße schließt am Samstag, 18. März 2023. Fastfood.
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Die letzte Currywurst vom Hennes.
  • Andreas Weber
    VonAndreas Weber
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Hans Wiemer muss nach 42 Jahren seinen beliebten Imbiss schließen. Die Gesundheit fordert ihren Tribut.

Remscheid. Eine Alleestraße ohne Hennes. Undenkbar eigentlich. Aber seit Samstagabend Realität. Hans Wiemer, Betreiber des Imbiss Beim Hennes, wird nach dem 18. März nicht mehr hinter dem Verkaufstresen stehen. Der 58-Jährige war in den vergangenen 42 Jahren zwar nur ein kleines Rädchen im Getriebe der Haupteinkaufsstraße, aber mit Sicherheit eines seiner bekanntesten Gesichter.

Am Samstagmorgen stehen zwar keine langen Schlangen vor dem Imbiss. Aber es ist die ganze Zeit gut zu tun. Der Abschied fällt bei vielen emotional aus. Viele Kunden bedanken sich und wünschen Hans Wiemer alles Gute für die Zukunft. Das Team gibt mit Tränen in den Augen die letzten Hennes-Hot-Dogs, Currywürste und Pommes heraus.

„Hennes sagt danke“ steht vorn auf den T-Shirts, die das ganze Team trägt - auf dem Rücken „Wir werden euch soooo vermissen.“ Ebenfalls vor Ort ist Mustafa Yildiz: Er wird den Imbiss von Hennes übernehmen.

Nachdem Hans Wiemer seine Entscheidung Mitte Februar bei Facebook in „Remscheider unter Remscheidern“ bekanntgegeben hatte, gab es mitfühlende Reaktionen ohne Ende. „Bitte nicht“ war die häufigste und fast flehentliche Botschaft, die Hans Wiemer mit in den Ruhestand nimmt. „Ich hätte nicht gedacht, dass meine Entscheidung so eine Welle in den sozialen Medien auslöst“, meint Hennes erstaunt. Das Ende war alternativlos. Wiemer folgt der dringenden Empfehlung der Mediziner, ganz aufzuhören. Teil-Berufsunfähig ist er bereits.

Hennes schließt: Lange Schlangen vor der Bude

Die Anteilnahme drückte sich danach in den Schlangen aus, die sich mittags vor seiner Bude, die er seit 17 Jahren neben dem Eingang zum Inferno im mittleren Teil der Allee betreibt, bildete. Hot Dogs, Wurst, Pommes, Hamburger, Frikadellen und Schnitzel verkauft der Hückeswagener. Und natürlich seinen Nudelsalat, eine geschätzte Eigenkreation nach dem Rezept seiner Oma.

Seine Gäste haben ihn auf seinen 13 Quadratmeter Imbissfläche als stets freundlichen, angenehmen Gastronomen kennengelernt. „99 Prozent meiner Kunden kenne ich und von 50 Prozent weiß ich, was sie bestellen.“

Hört aus gesundheitlichen Gründen auf: Hans Wiemer mit seinen Mitarbeiterinnen Irina Kaiser (l.) und Claudia Laubach.

Gebürtig aus der Eifel und im Herzen Rheinländer, kennt Wiemer die wechselvolle Geschichte der Alleestraße wie kein Zweiter. In jungen Jahren hat er dort an der Seite seines Schwagers Taschenschmuck feilgeboten. Sesshaft wurde er mit der Holzhütte an der Engels-Passage vor dem Brücken-Supermarkt. 15 Jahre betrieb Hennes die „Hot-Dog-Bude“, wie sie im Volksmund hieß. Bis sie niederbrannte. Nie ermittelte Täter hatten einen Weihnachtsbaum druntergeschoben und angezündet. Zehn Jahre verbrachte er danach mit einem Geschäftspartner in den Allee-Arkaden. Die Spezialisten nannte sich die Gastro mit Bewirtung drinnen.

Hennes schließt: Wiemer hatte 15 Jahre nicht einen Tag Urlaub

Die gibt es vor dem Inferno nicht mehr. Nachdem sich die Wege der Partner getrennt hatten, wählte Wiemer eine kleinere Variante, um die hohen Mietkosten zu drücken. Vor dem heutigen Inferno hatte der Geschäftsmann eine sehr gute Zeit. „Es waren bombastische Jahre“, sagt er. Mittags von 11.30 bis 15 Uhr findet das Hauptgeschäft statt. In Spitzenzeiten hatte er zwischen vier bis sechs Helfer hinter dem Tresen. Seit Februar stehen ihm noch Irina Kaiser und Claudia Laubach zur Seite. Der Imbiss ist Anlaufstelle für viele Berufstätige, aber auch Passanten. Für Hennes war sie sein Leben.

Ich hätte nicht gedacht, dass meine Entscheidung so eine Welle auslöst.

Hans „Hennes“ Wiemer

In der „Hot-Dog-Bude“ arbeitete er 15 Jahre durch. „Ohne einen Tag Urlaub“, meint Wiemer. Bis heute steht er früh morgens auf. Wenn der Verkauf um 9.30 Uhr losgeht, hat Hennes bereits vier Stunden hinter sich, um die Vorbereitungen zu treffen. Mittlerweile fährt er, um seinen Körper zu schonen, bereits nachmittags nach Hause. Die restliche, tägliche Öffnungszeit bis 19 Uhr decken seine Mitarbeiterinnen ab. Eingebettet zwischen Billigheimern und leeren Schaufenstern hat Hans Wiemer den Niedergang der Fußgängerzone durchlitten. „Als früher der Kaufhof noch da war, was waren das für Zeiten“, seufzt der angehende Pensionär. „Dass die Stadt neue Lampen hinstellt, wird die Allee nicht retten.“

Wiemer hatte sein Auskommen, das aber, angefeuert durch Pandemie, Energie-Krise, Inflation und steigende Personalkosten immer schmaler geworden war. Nun zieht er aus finanziellen, vor allem gesundheitlichen Gründen die Reißleine – mit zwei weinenden Augen. 

Mehr Bewegung im Ruhestand

Es gibt aussichtsreiche Verhandlungen mit einem Nachfolger, der den Imbiss Beim Hennes übernehmen will. Der möchte, so Hans Wiemer, das Angebot beibehalten, aber um Döner erweitern.

Hans Wiemer, der in seinen 13 Quadratmetern Imbiss nicht viel Bewegung hatte, will im Ruhestand seinen Sport weiterpflegen, dreimal wöchentlich 10 Kilometer Laufen. Und noch ein bisschen mehr Urlaub machen. Er liebt Südtirol, seit 15 Jahren reist er immer wieder gerne ins Dorf Goldrain im Vinschgau.

Standpunkt von Andreas Weber: Längst abgeschmiert

andreas.weber@rga.de

Dass der Grund für das Aus eines Imbisses auf der Alleestraße bei der Bundesregierung, der hiesigen Ampel-Koalition und Stadtspitze zu suchen sein soll, dafür benötigt man schon eine besonders blühende Fantasie. Was den platten Vorwürfen der Remscheider CDU aber auch zugrunde liegt, ist das Bedauern über den Verlust eines Typen, den viele seit ihrer Kindheit kennen. Mancher verspeiste seinen ersten Hot Dog beim Hennes. Sein Fast Food in der stets blitzeblank geputzten Bude ist Kult, gehört zur Innenstadt einfach dazu. Was man vom Rest der Alleestraße seit Jahren nicht behaupten kann.

Die einstige Einkaufsmeile ist zu einer Wüste verkommen, Besserung nicht in Sicht. Stattdessen geht das Warten auf das Sanierungsgebiet weiter, ohne dass sich eine Perspektive abzeichnet. Mit der Geschäftsaufgabe des beliebten Gastronomen Hans Wiemer wird die Allee nicht untergehen. Fakt ist, dass sie längst abgeschmiert ist.

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