Nach kritischem Interview
Henner Pasch über die Zusammenarbeit von Remscheid und Solingen: „Alle sind mit sich selbst beschäftigt“
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Henner Pasch, Präsident der Bergischen Industrie- und Handelskammer, gab ein Interview mit Folgen.
Von Axel Richter
Remscheid/Solingen. Es hat sich etwas angestaut bei Henner Pasch. So beginnt ein Interview, das der Präsident der Bergischen Industrie- und Handelskammer (IHK) in der vergangenen Wochen dem Solinger Tageblatt gegeben und damit in der Nachbarstadt einiges ausgelöst hat. In dem Gespräch schimpfte der Unternehmer und Verbandschef nicht nur auf das eigene Rathaus, sondern kritisierte auch Politik und Verwaltung in Remscheid und Wuppertal. Eine Interviewanfrage des RGA sagte Henner Pasch zu Anfang der vergangenen Woche zu und zu Ende der Woche dann kurzfristig ab. Das war passiert:
Henner Pasch über seine Heimatstadt Solingen
„Wir leben teilweise in einer völlig maroden Stadt“, hatte der IHK-Chef mit Blick auf seine Heimatstadt Solingen gesagt. Ein Beispiel: „Neulich war ich in der Klingenhalle. Ich habe mich in meinem Leben noch nicht so für meine Stadt geschämt.“ Aber auch mit Blick auf die Nachbarn fand der IHK-Chef deutliche Worte.
Henner Pasch über die drei Großstädte
Bereits rund um Weihnachten hatte der IHK-Chef die Weihnachtspause kritisiert, die sich Remscheid, Solingen und Wuppertal genommen hatten. Damit solle Energie gespart werden, hieß es zur Begründung. Pasch nannte das unwirtschaftlich. Nun kritisierte Pasch die Behörden zusätzlich für ihre Langsamkeit bei der Bearbeitung von Baugenehmigungen. „Ich kenne viele Unternehmen in Remscheid, Solingen und Wuppertal, die sich zum Standort bekennen“, erklärte Pasch: „Die wollen hier schätzungsweise eine halbe Milliarde Euro investieren, können das aber nicht umsetzen, weil die Prozesse so wahnsinnig lange dauern. Während der Pandemie ist es uns gelungen, binnen kürzester Zeit riesige Callcenter aus dem Boden zu stampfen, um die Kontakte nachzuverfolgen. Und jetzt schaffen wir es nicht, in angemessener Zeit Baugenehmigungen zu erteilen?“
Henner Pasch über den Solinger Oberbürgermeister
Anschließend kam der Solinger Verwaltungschef an die Reihe. „Ich nehme Tim Kurzbach als engagierten Oberbürgermeister wahr und schätze ihn persönlich“, hielt Henner Pasch fest und fügte an: „Wie kann man jeden Morgen aufstehen und versuchen, etwas in diesem Umfeld zu erreichen? Da wird man doch wahnsinnig.“ Nachdem das Solinger Stadtoberhaupt das gelesen hatte, war die Stimmung im Rathaus so gar nicht mehr karnevalistisch heiter. Am Freitag hatten sich die Gemüter dann so weit beruhigt, dass sich Kurzbach und Pasch zur Aussprache trafen. Ergebnis: eine Erklärung, in der beide den Willen zu einer „wesentlich stärkeren Zusammenarbeit“ betonten.
Henner Pasch über die Zusammenarbeit der drei Städte
Auch daran fand der IHK-Präsident nicht viel Gutes. In seinem nächsten Leben werde er Ampelanlagenverleiher, bekannte er deshalb. Hintergrund: Die Städte mieten für nicht wenig Geld Ersatzgeräte, so sie welche brauchen. „Dass man die gemeinsam anschaffen könnte, auf die Idee kommt niemand“, erklärte Pasch und beklagte ein Grundproblem im Bergischen: „Alle sind mit sich selbst beschäftigt.“
Henner Pasch und die vielen Reaktionen
An normales Arbeiten war bei dem Chef der IT-Beratungsfirma Fourtexx nach Erscheinen des Interviews nicht zu denken. 300 bis 400 Reaktionen auf das Gespräch haben ihn bislang erreicht, schätzt Henner Pasch. Anrufe, SMS, E-Mails. Auch standen bis dato Fremde vor der Tür seiner Firma an der Grünewalder Straße. „Das scheint einen Nerv getroffen zu haben“, befand Pasch. Nach der plötzlichen Interviewabsage am Freitag hat sich die IHK für diese Woche für ein Gespräch mit dem RGA angekündigt. Wir sind gespannt.
Zur Person
Henner Pasch (42) ist seit Juni 2021 Präsident der Bergischen Industrie- und Handelskammer. Er folgte auf Thomas Meyer, Chef der Remscheider Firma TKM. Pasch ist gebürtiger Solinger. 2006 gründete der gelernte Informatikkaufmann das IT-Beratungsunternehmen Fourtexx. 2009 übernahm er die Alina GmbH in Bad Oynhausen. Zusammen haben die Firmen 50 Mitarbeiter.