Ehemalige Schüler erinnern sich
Volksschule Honsberg: Bei Alarm im Krieg fand der Unterricht im Bunker statt
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Entlassjahrgang 1953 der ehemaligen Schule Honsberg trifft sich regelmäßig.
Von Andreas Weber
Remscheid. Nur einmal in den vergangenen 70 Jahren haben sie ihre ehemalige Penne bei einem Klassentreffen besucht. Trotzdem sieht sich der Schulentlassjahrgang 1953 der ehemaligen Volksschule Honsberg gerne und regelmäßig. „Erst haben wir uns im Zehnjahresrhythmus getroffen, dann waren es fünf, drei und nun jedes Jahr“, berichtet Gudrun Herbener. Mit zunehmendem Alter werden die Wiedersehens-Abstände wohlweislich kürzer. Jenseits der 80 sollte man nicht zu lange warten, sagen sich die Ehemaligen.
Früher trafen sie sich oft beim Ossi im Brauhaus am Markt, vergangenen Samstag fanden sie sich im Neuen Lindenhof, dem Herzstück des Honsbergs ein. Zehn Schulveteranen schwelgten in Erinnerung, fünf weitere hatten im Vorfeld abgesagt. Es war ein besonderer Jahrgang, der in der evangelischen Schule in der Martinstraße noch zu Kriegszeiten groß geworden war. 48 Kinder waren 1944 eingeschult worden. 22 Jungen und 26 Mädchen, wie Gudrun Herbener aus alten Unterlagen nachvollziehen kann.
Aufgeteilt wurden sie damals in drei Klassen. „Angefangen haben wir in der ersten Etage, aufgehört haben wir unter dem Dach. Wir haben uns also hochgearbeitet“, meint Herbener mit einem Schmunzeln. In ihren neun Jahren hatten sie wechselnde Klassenlehrer. Entlassen wurden sie unter Hans Müller, der später Rektor der Rosenhügeler Schule wurde.
Wer eine Lehrstelle hatte, durfte eine halbes Jahr früher gehen
Wie die Feier zur Entlassung verlief, daran kann sich niemand mehr so recht erinnern. Was auch daran lag, dass diejenigen, die eine Lehrstelle ergatterten, ihre Schulzeit um ein halbes Jahr verkürzen durften. Gudrun Herbener, heute 85 Jahre alt, gehörte zu den Glücklichen. Sie begann im Konsum in der Bismarckstraße eine Ausbildung, wurde später Filialleiterin.
Während das Ende für den Entlassjahrgang 1953 im Nebel liegt, eint sie ein Urteil: „Wir hatten eine sehr schöne Schulzeit und einen tollen Zusammenhalt“, sagt Herbener, die zu den beiden Organisatoren der Zusammenkünfte gehört. „Wir haben auch viel Unsinn gemacht und unsere Lehrer geärgert.“ Dafür setzte es dann – damals üblich, heute strikt untersagt – körperliche Strafen. „Herr Müller hatte einen Riesenstock. Wer sich daneben benahm, dem schlug er damit auf den Kopf.“
Ein Programmpunkt, den die Ehemaligen bei ihrem Treffen am Wochenende wahrnahmen, ging unmittelbar auf die Auswirkungen des 2. Weltkrieges zurück. Die zehn Teilnehmer besichtigten den Bunker in der Humboldstraße 9. Heute wird er vom Museumsverein als Kinobunker betrieben, im Krieg boten die dicken Betonmauern Schutz vor Bombenangriffen. „Wenn Alarm war, fand dort unser Unterricht statt“, meint Herbener: „Wir hatten auch Bettzeug, um zu übernachten.“
Kalt war es, aber durch die Körperwärme der vielen Menschen, die dorthin flüchteten, wurde es erträglich. Der Unterricht war improvisiert. Es gab zwar Stühle, aber keine Schulbänke. Oft saßen die Mütter hinter ihren Kindern, wohnten den Schulstunden bei. Bedrohlich wäre ihr diese Schreckenszeit nicht vorgekommen. „Kinder empfinden das anders“, meint Herbener rückblickend.
Den schweren Angriff auf Remscheid, einer der schrecklichsten Momente der Stadtgeschichte, erlebte Gudrun Görtz, wie sie mit Mädchennamen hieß, nicht mit. Damals war sie mit ihrer Mutter und ihrem Bruder zur Verschickung in Thüringen.
Seit dem Jahreswechsel 2016/17 ist die Grundschule Honsberg geschlossen. Die 42 verbliebenen Schüler wurden im Hauptgebäude in Kremenholl untergebracht. Erhebliche Mängel beim Brandschutz hatten dazu geführt, dass die Bauaufsicht das Gebäude für den Schulbetrieb sperrte.
Pläne werden überarbeitet
Mehr als drei Millionen Euro möchte die Stadt Remscheid investieren in das ehemalige Schulgebäude in der Martinstraße, in dem bis Mitte 2022 die Rheinische Fachhochschule Köln untergebracht war, sich dann aber mit Präsenzunterricht aus Remscheid zurückzog. Die Stadt möchte jetzt ein eigenes Ausbildungszentrum errichten, überarbeitet aber nach Protesten aus der Politik momentan ihre Pläne.