Kriminalität
Tankbetrüger wohnen oft in der Nähe
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In Zeiten hoher Benzinpreise haben Spritdiebstähle in der bergischen Region zugenommen.
Von Stefan Gilsbach und Joachim Rüttgen
Radevormwald. Rasch den Tank des eigenen Wagens füllen, sich auf den Fahrersitz schwingen und davonbrausen, bevor die Angestellten der Tankstelle etwas merken – so handeln Tankbetrüger. Eine Straftat, die durch die hohen Benzinpreise, die seit geraumer Zeit die Verbraucher belasten, häufiger geworden ist. Das gilt auch für die bergische Region. Wie Polizeihauptkommissar Michael Tietze, Pressesprecher der oberbergischen Polizei, mitteilt, gebe es auf den gesamten Oberbergischen Kreis bezogen „tatsächlich eine deutliche Steigerung gegenüber beiden Vorjahren“.
So verzeichnete die Kreispolizei im Jahr 2020 insgesamt 102 Delikte, im Jahr darauf wurde schon 118 Mal ein Tankbetrug angezeigt. Im laufenden Jahr sind es bis Ende November bereits 154 solcher Fälle.
Im Nordkreis allerdings, das zeigt die Auswertung der polizeilichen Daten, schlägt sich dieser Trend weniger deutlich nieder. In Radevormwald etwa liegt die Zahl der Fälle jährlich um die 30. Im Jahr 2021 wurden aus der Bergstadt 36 Fälle von Tankbetrug gemeldet, im laufenden Jahr sind es einschließlich November 27 Delikte. 2020 schlugen Tankbetrüger 34 Mal in Radevormwald zu.
Wirft man einen Blick auf die Nachbarstadt Hückeswagen, so kommt Tankbetrug hier deutlich seltener vor. 2020 verzeichnete die Kreispolizei insgesamt „nur“ zwei Fälle, im Jahr darauf waren es sechs Fälle, 2022 kam es bislang ebenfalls zu sechs Taten.
Tanken in Hückeswagen etwa mit Vorliebe gesetzestreue Bürger? „Über die Umstände, warum Radevormwald deutlich höher von den Zahlen liegt, können wir auch nur spekulieren. Vermutlich liegt es an der Nähe zur Autobahn 1 und mehr Pendelverkehr“, schreibt Polizeisprecher Michael Tietze.
Wer aber nun vermutet, dass es hauptsächlich Fahrer oder Fahrerinnen auf der Durchreise sind, die sich an einer fremden Tankstelle illegal mit Benzin versorgen, der täuscht sich. Die Polizei hat nämlich mit einer Aufklärungsquote von fast 50 Prozent einen guten Eindruck, woher die Täter stammen und welchen Teil der Bevölkerung sie repräsentieren. So kommen zwei Drittel der Tankbetrüger im Oberbergischen Kreis aus der Stadt oder Gemeinde, in der sie auch wohnen. Nur ein Drittel kommt von außerhalb.
Bei den Geschlechtern zeigt sich: Zwei Drittel der Täter sind Männer, ein Drittel sind Frauen. Weniger deutlich ist die Statistik bei der Altersstruktur der Tankbetrüger. „Wir klassifizieren, in der Kriminalstatistik nach den Altersgruppen Kinder und Jugendliche, Heranwachsende (18 bis 21 Jahre), Erwachsene und Senioren (über 60 Jahre)“, erläutert Michael Tietze. Der Großteil der Täter entfällt, wenig überraschend, auf den Bereich der Erwachsenen, also das Alter zwischen 21 und 60 Jahren.
Pia Marre, Prokuristin der Manfred Krämer GmbH und Co. KG, die an der Elberfelder Straße auch eine Tankstelle betreibt, erklärt: „Es kommt wirklich sehr selten vor, dass jemand tankt und dann in betrügerischer Absicht wegfährt, so ein Fall passiert vielleicht alle drei Jahre mal. Das liegt auch daran, dass wir zu 80 Prozent Stammkunden haben.“ Wenn tatsächlich ein Kunde nach dem Tanken wegfahre, ohne die Rechnung zu begleichen, handele es sich „in 99 Prozent um ein Versehen“, berichtet Marre. Die Fahrer merken, dass sie das Bezahlen vergessen haben und rufen dann später zerknirscht bei der Tankstelle an.
„Wir erleben auch, dass manche Personen erklären, sie könnten gerade nicht zahlen, die lassen dann als Garantie ihren Personalausweis da, und man hört nie wieder von ihnen.“ Diese Art von Betrug sei häufiger als das Tanken und Wegfahren. Generell sei die Tankstelle technisch gegen Betrug geschützt. „Wir haben eine gute Videoüberwachung“, versichert Pia Marre. Und durch die Kennzeichen seien Täter gut identifizierbar.
Auch bei der Westfalen-Gruppe, die die viel besuchte Westfalen-Tankstelle an der Elberfelder Straße in Bergerhof betreibt, sind Tankbetrüge kein allzu großes Thema: „Tankdiebstähle halten sich aufgrund von Videoüberwachung sowie zu diesem Thema geschultem und sensibilisiertem Personal bei den Stationen der Westfalen Gruppe in Grenzen“, teilte Hilde Werth von der Unternehmenskommunikation in Münster auf Anfrage unserer Redaktion mit.
Hintergrund
Statistik für NRW: Allein im Jahr 2020 wurden Tankstellen in Nordrhein-Westfalen um etwa 850.000 Euro geprellt. 15.207 Fälle von Tankbetrug wurden laut dem Landeskriminalamt in dem genannten Jahr gemeldet. Viele Täter begingen ihre Taten mit gestohlenen, nicht-amtlichen, ausländischen, eventuell auch gestohlenen, oder ohne Fahrzeugkennzeichen. Auf diese Weise versuchen sie, ihre Identifizierung zu verhindern.