Bühne

Stück erhält frenetischen Applaus

Philippe Ledun als Franz (l.) und Steffen Schleue als Otto Trsnjek am Mittwochabend im Stück „Trafikanten“ auf der Bühne im Radevormwalder Bürgerhaus.
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Philippe Ledun als Franz (l.) und Steffen Schleue als Otto Trsnjek am Mittwochabend im Stück „Trafikanten“ auf der Bühne im Radevormwalder Bürgerhaus.

Landestheater Neuss präsentierte in Radevormwald „Der Trafikant“.

Von Claudia Radzwill

Es ist ein fesselnder Theaterabend, den das Landestheater am Mittwoch im Radevormwalder Bürgerhaus am Schlossmacherplatz präsentiert. „Der Trafikant“ ist ein Stück mit dichter Atmosphäre - von Maik Priebe, der den Abend inszeniert, großartig umgesetzt.

Die Geschichte, verfasst vom mehrfach ausgezeichneten Autor Robert Seethaler, spielt 1937 in Wien. Das nahende Unheil durch den Nationalsozialismus hat man vor Augen. Der Begriff „Trafikant“ ist hierzulange nicht geläufig, doch Dramaturg Olivier Garofalo erklärt ihn in der Einführung, die vor der Aufführung des Stücks im Saal des Bürgerhauses stattfindet: Ein Trafik ist in Österreich eine Institution, so wie ein Kiosk, wo es Tabak und Zeitungen gibt. „Ein Ort der Begegnung“, so Garofalo. Ein Trafikant sei derjenige, der ihn betreibt.

Protagonist befreundetsich mit Siegmund Freud

Otto Trsnjek, Kriegsversehrter aus dem Ersten Weltkrieg, ist so jemand – und er nimmt sich des jungen Franz Huchel an. In der Geschichte steht Franz im Fokus. Die Mutter hat Franz zu Trsnjek geschickt, weil es zu Hause zu wenig Geld gibt. Trsnjeks erste Aufgabe für Franz: Zeitung lesen.

Franz beginnt alsbald politische Entwicklungen zu verfolgen - und er freundet sich mit dem Denker und Psychoanalytiker Sigmund Freud an, ein Stammkunde im Laden. Und Franz verliebt sich – in Aneska. Als Varietetänzerin hat sie ein ganz anderes Bild vom Leben. Was wiederum seine Eifersucht entfacht. Doch das leichte Leben wird schwieriger. Der Nationalsozialismus hat Österreich erreicht. Freigeister sind nicht erwünscht, Trsnjek wird verhaftet und stirbt, Freud als Jude muss fliehen. Nun wird Franz zum Trafikant – der sich nicht unterkriegen lässt.

Maik Priebe hat nicht nur die Inszenierung inne, er hat auch die Bühnenfassung verfasst, entwarf das Bühnenbild und die Kostüme. Dabei setzt er auf wenig Requisite. Die Bühne ist dunkel gehalten, das Ensemble spielt auf einem Belag, der wie aufeinandergestapelte Zeitungen wirkt. Keiner der Darsteller verlässt während des Stücks die Bühne. Rechts und links stehen Stühle. Ein Wartebereich, von dort gehen sie in ihre Rollen rein. Von dort aus sorgen sie auch für Begleitgeräusche, lassen einen vorbeifahrenden Zug vor dem geistigen Auge erscheinen, lassen es per Blech donnern und entführen mit Musik zum Wiener Prater. Mit sogenannten Loop-Stations im Mikro wiederholen sich einige der Geräusche immer weiter und weiter.

Priebe verwebt Erzähltheater und Spielsequenzen, bleibt dadurch nah am Roman. Durchaus auch mit ein bisschen „Wiener Schmäh“ unterlegt. Als Franz ist Philippe Ledun zu sehen. Er geht in der Rolle auf, verkörpert großartig den jungen Mann, der naiv vom Land kommend in den politischen Umbruch der 1930er Jahre hereingezogen wird – und den zudem die unglückliche Liebe zu Aneszka zerreißt. In der Rolle des Sigmund Freud, ein Widersacher der Nazis, ist in der Inszenierung von Priebe eine Frau zu sehen. Hergard Engert schlüpft in die Figur – und überzeugt. Zum Ensemble gehören außerdem Nelly Politt, Peter Waros und Steffen Schleue. Außer Ledun haben sie alle mehrere Rollen, sie beeindrucken in jeder.

Der „Trafikant“ sollte eigentlich im Frühjahr 2022 schon in Rade gezeigt werden. Durch Coronaerkrankungen im Ensemble musste der Termin in die neue Spielzeit verschoben werden. Für das Ensemble aus Neuss ist am Mittwoch nun der letzte Abend, der letzte Nachholtermin, an dem sie den „Trafikanten“ aufführen. Das Warten hat sich gelohnt. Frenetischen Applaus gibt es am Ende.

Nächster Termin

Die nächste Veranstaltung des Radevormwalder Kulturkreises ist eine Sonderveranstaltung der Maskerader. Die Radevormwalder Theatergruppe zeigt am Samstag, 18. März, 19.30 Uhr im Bürgerhaus am Schlossmacherplatz die Krimikomödie „Ein Mords-Sonntag“. Karten gibt es in der Stadtbücherei, ebenfalls am Schlossmacherplatz. Das Stück wird ein zweites Mal am Samstag, 29. April, aufgeführt.

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